Dienstag, 10. Januar 2012

Kino: "Contagion" [US '11 | Steven Soderbergh]

Ein hoch ansteckendes und tödliches Virus verbreitet sich in einer nahen Zukunft über den gesamten Globus. Beth Emhoff (Gwyneth Paltrow), welche gerade von einer Dienstreise aus Asien zurückkommt, ist die erste Person die Symptome des neuartigen Virus aufweist. Zuhause bricht sie plötzlich mit starken Krämpfen zusammen. Ihr Mann Thomas (Matt Damon) bringt sie sofort ins Krankenhaus, wo sie jedoch kurze Zeit später verstirbt. Derweil arbeiten weltweit Wissenschaftler an einem Wirkstoff gegen das Virus...

Beinahe nüchtern, objektiv beschreibt Soderbergh in seinem Pandemie-Szenario den möglichen Verlauf und die Ausbreitung einer Virus-Epidemie, führt akribisch Protokoll über die Folgen der Krankheit und die Suche nach einem Heilmittel. Das Thema wird dabei ebenso distanziert und nüchtern seziert wie die Schädeldecke Paltrow's und akribisch in seine Einzelteile zerlegt. Zumeist kommt "Contagion" dabei wie ein Lehrfilm über Virustypen daher und lässt neben einer packenden Dramaturgie auch interessante Charaktere leider nahezu vollkommen vermissen. Das ist schade in Anbetracht des durchaus fähigen Schauspieler-Ensembles (u.a. Laurence Fishburne, Matt Damon, Kate Winslet und Jude Law).

Soderbergh's Figuren bleiben Skizzen, ebenso die damit einhergehenden Schicksale. Der fehlende emotionale Bezug zu den Figuren und damit auch zum Geschehen wirkt sich ironischerweise gerade dann auf den Film aus, wenn er versucht auch auf emotionaler Ebene anzusprechen und zu berühren. Im Laufe des Geschehens hat "Contagion" auch zunehmend unter dem zwar qualitativ hochwertigen aber zu weit gefächerten Cast und dem damit verbundenen Handlungssträngen zu leiden und vergisst dabei sogar die ein oder andere Figur und dessen Nebenplot (Marion Cotillard ist das wohl prägnanteste Beispiel hierfür, wobei ihre Geschichte als Geisel durchaus interessant anzusehen gewesen wäre). Matt Damon überragt in seiner Darstellung des trauernden Familienvaters, der seine Tochter möglichst vor allen äußeren Einflüssen fernzuhalten versucht, nahezu mühelos den restlichen Cast und überzeugt ausnahmslos. Selten hat man Damon Emotionen derart authentisch vermitteln und in einer Figur derart aufgehen sehen.

Stilistisch und optisch erinnert "Contagion" des öfteren an einen Musik-Clip: schnelle Schnitte, elektronische Beats und viele Close-Ups prägen des Gesamtbild und geben einem ein ums andere Mal das Gefühl sich in einem Werbespot für Desinfektionsspray zu befinden. Trotz aller Unzulänglichkeiten ist "Contagion" jedoch beileibe kein schlechter Film. Vielmehr hat er unter seiner Konsequenz – alles dem Realismus-Konzept unterzuordnen – zu leiden, was ihn zugleich aber auch von den sonstigen Hollywood-typischen Produktionen in diese Richtung gehend unterscheidet und aus diesen schauspielerisch, wie auch stilistisch hervorstechen lässt. In gewisser Weise ist es gerade Soderbergh's Präzision und die Art und Weise der Bearbeitung einer solchen Thematik, die "Contagion" so sehenswert werden lässt.

Am Ende des Tages ist "Contagion" ein schwer zu bewertender Film, denn die größte Stärke von Soderbergh's Horrorszenario, ist zugleich auch seine größte Schwäche: Einerseits ist die Akkuratesse, mit der Soderbergh das Thema beinahe emotionslos wissenschaftlich seziert überaus lobenswert und gewährt ein hohes Maß an Authentizität, andererseits sind es gerade die fehlenden Emotionen resultierend aus den nicht ausformulierten Einzelschicksalen, die den Zuschauer schlussendlich etwas unbefriedigt aus dem Kinosaal gehen lassen. Denn was hätte aus "Contagion" werden können, wenn sich Soderbergh etwas von den wissenschaftlichen Details losgelöst und die menschlichen Ängste, die Massenpaniken und die Veränderungen in den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten porträtiert hätte?

6.5/10

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