Gestatten:
Mr. Deeds (Gary Cooper). Ein bodenständiger, junger Mann vom Land. Ein anständiger
Kerl. Die Zeiten sind hart, aber Mr. Deeds begegnet ihnen mit dem
ungebrochenen Optimismus eines Idealisten, der bei allen
Anstrengungen des (Über-)Lebens in der wirtschaftlichen Krise die
Freude am Dasein nicht verlernt hat. Tuba-spielend begleitet er seine
eigene Abschiedsfeier aus dem heimatlichen Nest, das er verlässt,
nachdem ihn eine Gruppe Anwälte darüber unterrichtet, dass er
alleiniger Erbe eines Vermögens geworden ist - zwanzig Millionen
Dollar warten auf ihn. Das Geld führt ihn in die Stadt, jenen
urbanen Raum, der in Capra-Filmen bestenfalls Unheil und
schlimmstenfalls Verderben bedeutet. Das Verderben deutet sich an,
nachdem Mr. Deeds erkennen muss, in welch korrumpierten, menschlichen
Sumpf er gestolpert ist. Die Presse zerreißt jeden seiner
öffentlichen Auftritte und nach einem gemeinsamen Abendessen zeigt
er sich enttäuscht von der künstlerischen Elite der Stadt, die für
seine Gedichte nichts als beißenden Sarkasmus übrig hat. Mit ein paar
kräftigen Kinnhaken versucht er ihnen die Arroganz aus dem Leib zu
prügeln.
Denn
auch das ist ein Markenzeichen des kleinen Mannes aus Capras
„Little-Men“-Trilogie: wenn Sprache und Institutionen Gewalt
ausüben können, dann können es die guten, alten Fäuste erst
recht; und wenn man auch kein Intellektueller ist, so gelangt man
doch mit ganz eigenen Worten zu profunden Einsichten über das
menschliche Miteinander. Mit der Zeit wirkt der (bisweilen seltsam
geartete) Humanismus von Mr. Deeds entwaffnend auf das elitäre
Umfeld, in das er geworfen worden ist. Louise (Jean Arthur), die zynische
Reporterin, die ihm nachspionieren und auf seine Kosten Schlagzeilen
produzieren soll, verliebt sich in ihn. Der Zynismus verliert bei ihm
seine Strahlkraft. „And I got to thinkin' about what Thoreau said:
"They created a lot of grand palaces here, but they forgot to
create the noblemen to put in them"“ bedauert Mr. Deeds in
einer Szene. Mit den Nobleman ist natürlich auch er selbst
gemeint.
In
einer Schlüsselszene wird Mr. Deeds in seiner Villa von einem Farmer
mit einem Revolver bedroht, ein Sinnbild für die Verlierer der Great
Depression. Dieser macht Mr. Deeds als Repräsentant der vermögenden
Elite für seine persönliche Misere mitverantwortlich. Mr. Deeds
erkennt allmählich, dass er in die Lage versetzt wurde, über die
Ressourcen der Elite zu verfügen, ohne ihrer Klasse im sozialen
Sinne anzugehören. Eine der Chance, die diese Lage birgt, ist aus
ihr heraus für gesellschaftliche Gerechtigkeit einzustehen und das
eigene Vermögen zur Schaffung eines Friedens zwischen den Klassen
wirksam zu machen. Er beginnt damit, den Arbeitslosen der Stadt die
Papiere für eine 10 Hektar große Farm auszustellen, wenn diese sich
im Gegenzug dazu bereit erklären, diese für mindestens drei Jahre
zu bewirtschaften. Er erkennt also, dass die einen zu viel haben und
die anderen zu wenig. Und er erkennt die Verantwortung an, die
deswegen jenen zukommt, die im freien Wettbewerb am Ende als Gewinner
dastehen. Er beginnt gewissermaßen damit, seine eigene
New-Deal-Politik zu betreiben, angeleitet von der Idee der agrarian ideals.
Trotz
alledem ist Mr. Deeds jedoch alles andere als ein linker Revoluzzer;
er ist nicht einmal wirklich kritisch gegenüber dem Kapitalismus und
seinen Auswüchsen, sondern möchte die Ungerechtigkeiten, die im
kapitalistischen Wirtschaftssystem nichtsdestotrotz entstehen, über
einen tugendhaften Individualismus zivilisieren. Das bedeutet: der
Einzelne muss das Richtige tun. Und das Problem ist nicht der große
Reichtum, sondern nur, wie der Reiche mit ihm umgeht. Mr. Deeds
propagiert damit eine Art solidarischen Kapitalismus nach dem Vorbild
Andrew Carnegies, welcher als einer der reichsten Männer der
Weltgeschichte damit begann, seinen Reichtum über gemeinnützige
Projekte an die Gemeinschaft zurückzuführen. Die
Kritik am Kapitalismus, die in der Prämisse der Erzählung
schlummert, sowie die Kritik an der Elite, die Mr. Deeds sichtlich
befremdet, werden auf einen wirtschaftsliberalen Grundappell
heruntergebrochen. Systemische Fragen werden nicht weiter verfolgt
dort, wo das System nicht das Problem ist, sondern immer nur der
Einzelne, der darin agiert. Kurzum: Wenn jeder wie Mr. Deeds wäre,
wäre die Welt ein besserer Ort. Und das Leben im Konjunktiv wäre
ein schönes, wäre es nicht im Konjunktiv.