In der Welt von „Girls“
ist nichts von Bestand. Hauptfigur Hannah, gefangen in einem
Renaissance-Körper, exhibitionistisch veranlagt, krankhaft
selbstbezogen, natürlich orientierungslos und unsicher, wird
gespielt von Showrunner Lena Dunham. Sie will als Autorin publiziert
werden, muss aber auch Geld verdienen, als ihr ihre Eltern zwei Jahre
nach dem College-Abschluss plötzlich den Geldhahn zudrehen. Darüber
hinaus hat sie gerne Sex, also navigiert sich Hannah von einer
absurden Liaison in die nächste, besonders wählerisch scheint sie
dabei nicht zu sein. Gerade in Season 2 verliert "Girls"
deswegen den Boden unter den Füßen, flüchtet sich in
Sitcom-Karikaturen und erzählt zu sprunghaft und lose von einer
Vielzahl von Figuren und Schauplätzen. Um der
racial-diversity-Debatte etwas entgegensetzen zu können wird dann
beispielsweise Donald Glover als republikanischer Lover installiert,
verschwindet aber ebenso wie Patrick Wilson nach wenigen Folgen
wieder spurlos.
Dem gegenüber steht eine Reihe sinnkriselnder,
lebensfreudiger New Yorker, die nicht nach „einem“, sondern nach
„ihrem“ Platz in der Welt suchen und sich dabei immer wieder die
Finger verbrennen: Adam ist ein selbstzerstörischer, animalischer
Schauspieler (herausragend gespielt von Adam Driver), öffnet dem
Zuschauer mit jeder neuen Folge das Herz und den Girls aus „Girls“
das Höschen, Shoshanna startet als fleischgewordene Karikatur jener
Tussies, die den reifen Frauen auf ihrem „Sex and the City“-Poster
nacheifern, entzückt dann aber als schnell-plapperndes Fashion-Girl,
das stoisch ihren Träumen folgt (und daran mit der Serie wächst)
und Ray schließlich teilt als lediger Mittdreißiger auf
brutalst-wahrhaftigste Weise die Lebensweisheiten einer Erwachsen
gewordenen „Seinfeld“-Generation.
Nicht die Stimme der
Generation, aber eine Stimme einer Generation möchte Dunham laut eigener Aussage
abbilden, eine Brücke bauen zwischen den gut betuchten, und deswegen
unbeschwert dahinlebenden Mädchen-Gangs aus "Sex and the City"
und "Gossip Girl". Im Alltagsstress und im existenziellen
Dilemma, was zu tun ist, wenn die Elterngeneration die
Lebensnotwendigkeiten ihrer Kinder bereits ökonomisch abgesichert
hat, wird sich sicherlich jeder Mittzwanziger oder jeder, der sich
daran erinnert, einer gewesen zu sein, wiedererkennen können.
Manchmal ist die Serie dabei so naiv illusionär wie die Illusionen,
die sie zu enttarnen gedenkt und manchmal so nah dran an den
Lebenswirklichkeiten jener, mit denen ich meinen Alltag bestreite,
dass es das, was ich auf den Bildschirm projiziere, wieder direkt auf
mich zurückwirft. Das Gegenteil von Eskapismus also? - Keine Ahnung,
aber die Zeit verging wie im Flug.