Freitag, 30. November 2012

"Das weiße Band" [FR, AT, DE '09 | Michael Haneke]

Haneke's Filme bleiben bei aller Intelligenz, aller Bedeutung und aller handwerklichen Akribie ein distanziertes Erlebnis und damit auch überaus schwer zugänglich. Haneke-Kino ist immer mehr kühle Lehrstunde als Emotion. Damit steht er diametral zu meinem Verständnis von Kino. Seine Protagonisten wirken wie Marionetten, die lethargisch den hochkomplexen Lehrplan abspulen; aber sie tun es ohne Gefühl, ohne Regung, ohne Emotion. Oder konkret: Er versagt seinen Figuren, Mensch zu sein. 

Inhaltlich bleibt sein Film alles andere als ein Anachronismus: Seine Gesellschaftsanalyse und akribische Aufarbeitung von historischem Gruppenverhalten ist ein wichtiges Arbeitszeugnis im Zuge einer noch sehr lange andauernden Aufarbeitung des Nationalsozialismus, seinen Ursprüngen und darüber hinaus. Eine zentrale Rolle spielt in Haneke's Film dabei die Erziehung von Kindern durch ihre zu kühlen Instanzen sterilisierten Väter. Statt autonomen Individuen, wird hier perfide ein gehorsames Kollektiv geformt. Es wird damit der Nährboden für (faschistische) Ideologien bereitet. 


In der finalen Äußerung des äußerst wahrscheinlichen Verdachtes und der darauf folgenden Reaktion, lässt sich darüber hinaus eine mögliche Parabel erkennen, die direkten Bezug zum später folgenden Nationalsozialismus und dem damit einhergehenden Holocaust nimmt. Sowohl das Opfer (eine Randgruppe), als auch die Täter (ein eigen-dynamisches und größtenteils "harmloses" - sprich: schweigendes Kollektiv) könnten dabei stellvertretend für spätere historische Ereignisse stehen. Dass der Pastor die Verdrängung, statt der lückenlosen Aufklärung sucht, ist ein weiterer Wesenszug, der die Deutschen unter Führung eines kranken Geiste zu solch guten Faschisten werden ließ. 


Man kann von Haneke also vieles behaupten, aber nicht, dass er seinen Zuschauer nicht ernst nehme. Und doch haben seine Filme neben der bitteren Humor- und Freudlosigkeit, sowie ihrer vollkommenen emotionalen Impotenz, auch einen kaum an konkreten Aspekten festzumachenden, überheblichen Tonfall. Das ändert jedoch kaum etwas an der Wertigkeit dieses überaus wichtigen Filmes, der darüber hinaus auch endlich einmal das deutsche Kino glänzen lässt – auch wenn es dazu diesmal die Unterstützung eines Österreichers bedurfte.

7/10

Freitag, 23. November 2012

"The Shining" [UK '80 | Stanley Kubrick]

Alptraumhafte Psychostudie, exzessives Terror-Kino, verzerrter Fiebertraum, psychedelische Roman-Adaption, Haunted-House-Horror im Winterkleid, sprich: ein etwas anderer Familienausflug. Stanley Kubricks ebenso eigenwillige, wie tendenziell etwas zur Oberflächlichkeit neigende Verfilmung (eigentlich besser: Interpretation) des berühmten King-Romans. Formal nahe der Perfektion, mit einigen unfassbaren Plansequenzen (das Intro, der Dreirad fahrende Danny Lloyd) bestückt und das Horror-Genre um einige ikonische Momente bereichert (Blut-überfluteter Korridor, „Here's Johnny!“). Leider ist Kubrick zu sehr damit beschäftigt, dem Zuschauer alles restlos auszubuchstabieren. Die Fantasie, der ungreifbare Horror, dessen Ursprung eindeutig in den Gemäuern des Hotels zu verorten ist, kommt zu kurz. Stattdessen wird alles gezeigt, was es zu zeigen gibt und fast alles gesagt, was es zu sagen gibt. Kubrick's „The Shining“ ist ein Psychotrip, der Amoklauf eines verwirrten Geistes (engagiert und sichtlich Spaß habend: Jack Nicholson) und weiß fast alle fantastischen Komponenten seiner ursprünglichen Geschichte gänzlich zu eliminieren. Überhaupt erscheint das Abgleiten in den Wahnsinn nach der ausführlichen Einleitung zu abrupt, das Finale zu plötzlich und die Horror-Momente zu sehr mit der Brechstange inszeniert. Und doch hinterlässt „The Shining“ nach wie vor einen ungeheuren Eindruck – vor allem audiovisuell. Vorlagen-Differenzen und Kubrick'sche Exzentrik inklusive.     

7/10

Montag, 19. November 2012

"Rosemaries Baby" [US '68 | Roman Polanski]

Polanski tat gut daran, weder den Okkultismus, noch das zunehmend ersichtliche Intrigen- und Verschwörungsnetzwerk rund um Rosemarie zu konkretisieren, sondern sich ganz und gar der Ohnmacht seiner Protagonistin und somit auch der damit einhergehenden Ohnmacht seines Publikums zu widmen. Denn es ist immer das Ungreifbare, das ungute Gefühl, welches dich zwar fortwährend begleitet, aber selten wirklich an konkreten Szenen festzumachen ist, das "Rosemaries Baby" letztlich so effektiv werden lässt. 

Auf eine Visualisierung dessen, vor dem sich sowohl seine Protagonistin (herausragend: Mia Farrow), als auch sein Publikum fürchtet, verzichtet Polanski gänzlich. Es wird immer nur angedeutet, nuanciert Fährten gelegt und beinahe alles der Vorstellungskraft des Zuschauers überlassen; weil Polanski seiner Zuschauerschaft etwas zutraut und ihnen nicht jede Einzelheit ausformuliert auf die Leinwand knallen muss. Sein Horror ist ein psychologischer, einer der kaum spürbar seine Spuren hinterlässt, aber dennoch für ein tiefes Unwohlsein lange nach der Sichtung verantwortlich ist.

Und während der sinnlich-beunruhigende Intro-Score von Anfang an wie ein nihilistischer Schatten über dem zunächst scheinbar idyllischen Geschehen schwebt, beginnt spätestens mit Beginn der Schwangerschaft der subtile Horror seine implizite Wirkung zu entfalten. Dann - wenn das gemächlich eingeführte Figurengefüge einer stetigen Veränderung unterzogen wird, die unsichtbare Bedrohung immer wieder die Maske wechselt, unscheinbar durch die Reihen schleicht und nichts mehr so ist, wie es zu seien scheint.

Wenn der Zuschauer plötzlich beginnt an seiner eigenen Wahrnehmung zu zweifeln, das eigene Urteil mit jeder Geste, jedem gesprochenen Wort ins Wanken zu geraten scheint, dann beginnt „Rosemaries Baby“ ungemütlich zu werden. Polanski streut die Finte dabei ebenso zielsicher ein, wie er sie an späterer Stelle, mitsamt des scheinbaren Twists, wieder relativiert. Und an genau dieser Stelle macht sich dessen vermeintlich überlange Einführung bezahlt...

Wir bangen, wir rätseln und wir zittern mit, weil Figuren existieren, die uns kümmern, die wir kennengelernt haben und die wir mögen oder an denen wir zweifeln. Eben deshalb, weil Polanski ihnen zuvor eine unaufgeregte und sorgfältige Exposition zugestanden hat. Und ehe die mephistophelische Brut das Licht der Welt und den Kreis obsessiver Satanisten erblickt, hat das Chaos längst unsere Gedanken okkupiert und die Hoffnung auf einen üblichen Verlauf etwaiger Umstände zunichte gemacht. 

Das Finale ist Wahnsinn und der wahre Horror ist der Moment, in dem uns Polanski dabei zuschauen lässt, wie auch seine Protagonistin selig lächelnd vor der höheren Instanz kapituliert. Langsamer wiegen soll sie es. Weil es weint, wenn es zu schnell gewogen wird. Diese Rolle solle lieber sie übernehmen. Und die Augen des Vaters hat es. Und die Finger erst. Er ist zu Höherem bestimmt. Der kleine Teufelsbraten.

"Witches... All of them witches!" 

8/10

Montag, 12. November 2012

"Skyfall" [UK, US '12 | Sam Mendes]

Schlecht ist er ja nicht - dieser neue, analoge Bond. Aber eben auch so weit entfernt von jenem filmischen Großereignis, als dass er von Presse und Publikum bislang weitläufig und vielfältig gefeiert wurde. Vielleicht ist es ja wirklich die Nostalgie, die diesen 23. Bond für viele zu einem solch herausragenden Erlebnis werden ließ. Mendes spart nämlich nicht mit allzu offensichtlichen Querverweisen, unzähligen Verbeugungen und der Reanimation einer ganzen Reihe ikonischer Franchise-Elemente. Mendes' „Skyfall“ schwelgt so sehr und so genüsslich in den Erinnerungen einer nun schon 50 Jahre währenden Filmreihe, dass er dabei vergisst eine gute Geschichte zu erzählen. Denn wirklich etwas zu erzählen hat Mendes eigentlich nicht und das, war er uns schließlich in akuter Überlänge zu erzählen gedenkt, ist ausgesprochen schwach. Daran weiß auch ein guter, aber ebenfalls nicht herausragender Javier Bardem wenig zu ändern.

Pluspunkte gibt es derweil für die sparsam eingestreuten und angenehm übersichtlich inszenierten Action-Einlagen, die auch von einem Nolan stammen könnten: Hier fliegen Dinge noch wirklich in die Luft, treffen Schüsse noch auf Widerstand und kollidieren Helikopter (!) noch mit Herrenhäusern (!!) - immer begleitet von einer wuchtigen Soundkulisse. Es ist zweifelsohne ein spektakulärer Bond; einer der dem Jubiläum schon in gewisser Weise gerecht wird, aber auch einer der vertanen Chancen. Denn so sehr sich Mendes auch als tadelloser Action-Regisseur erweist - was für sich schon eine sehr angenehme Überraschung ist - so wenig scheint der Brite am weiteren Inhalt interessiert zu sein. Der dumme Plot nervt, vermeintlich smarte Dialogzeilen wollen nur selten zünden und man hat fortwährend das Gefühl, dass man aus diesem Gegenspieler deutlich mehr hätte machen können.

Dabei beginnt doch alles so vielversprechend: Nach einer furiosen Eingangssequenz, gefolgt von einem der schönsten Bond-Intros, unterlegt von einem der besten Bond-Songs, beginnt das neue Abenteuer in den eigenen Reihen - beim MI6. Ein grandioser Ralph Fiennes hat dabei leider viel zu wenig Screentime und Craig bleibt der distanzierte, eiskalte Profikiller, dessen angedeuteter psychologischer Exkurs aber nie wirklich ernsthaft verfolgt wird. Dennoch hat die neu geschaffene Ausgangslage durchaus Potenzial. 

Leider beginnt „Skyfall“ schon während der Shanghai-Episode mächtig zu lahmen, ehe Bardem's recht spätes, erstmaliges Auftauchen wieder für etwas Drive in der orientierungslos erzählten Geschichte, mitsamt selten überflüssigem Bond-Girl sorgt. Und genau dieser Umstand, plus der angesprochenen Stärken ist es dann auch, der „Skyfall“ zu einem ganz guten Bond-Film werden lässt. Auch wenn Mendes den sicherlich sehr lobenswerten Ansatz der Franchise-Reflektion und die zunehmende Fokussierung auf das überschaubare Figurengefüge nie wirklich befriedigend umzusetzen weiß. Schade, ja. Es hätte aber auch deutlich schlimmer kommen können.   

6/10

Freitag, 9. November 2012

"The Descent" [UK '05 | Neil Marshall]

Emanzipation im Horrorgenre: Nun darf auch endlich ausschließlich Frau den kollektiven Qualentod sterben - und das direkt durchaus eindrucksvoll. Klaustrophobische Zustände, ständige Dunkelheit und triste Gesteinsformationen begleiten die Frauengruppe um Protagonistin Sarah (Shauna Macdonald) auf ihrem Trip in ein neues, bislang unerforschtes Höhlensystem - zumindest glaubt man bzw. Frau das. Doch spätestens mit dem Auffinden erster Spuren, die auf die Existenz einer weiteren Lebensform auf dem Grund des verschachtelten Systems hindeuten, entwickelt sich der eigentliche Extremsport-Ausflug zum existenziellen Überlebenskampf.

Zuvor wird mit einem traumatischen Autounfall aber erst einmal etwas Empathie für Protagonistin Sarah geschürt, immerhin verlor sie dort Mann und Kind. Hier und da hätte Marshall die Exposition vielleicht sogar etwas ausführlicher gestalten können, denn im Grunde kommen nur zwei Figuren über die Eindimensionalität der restlichen Gruppe hinaus, die ihre Daseinsberechtigung teilweise nur aus ihrer Existenz als spätere Gore-Opfer ziehen können. Dass es im grundsätzlichen Verständnis dieses Genres auch keine hässlichen Frauen gibt, sollte man an dieser Stelle einfach hinnehmen und sich über all jene Ansätze freuen, die über ausgetrampelte Mainstream-Pfade hinausgehen.

Hälfte Eins konzentriert sich dabei ganz auf die flotte aber nie gehetzt wirkende Exposition von Hauptfigur und Hintergrundgeschichte, sowie den Abstieg in den Untergrund. Mit dem anschließenden Einsturz des einzigen bekannten Auswegs, beginnt dann auch der eigentliche Überlebenskampf auf unbekanntem Terrain. Und hier verschenkt Marshall einiges an Potenzial: Denn bis auf einige Hinweise auf die Präsenz einer weiteren Lebensform, sowie deutlich zu oft eingestreute Jump Scares (von denen manche sogar ganz platt auf identische Weise wiederholt werden), bleibt „The Descent“ zumeist spannungsarm. Den psychologischen Input seines Settings auf das meistens angenehm clever reagierende Figurengefüge vernachlässigt Marshall leider völlig und beschränkt sich auf das Gezeigte. An einem Spiel mit den Erwartungen und der Fantasie des Zuschauers scheint der Brite nicht weiter interessiert zu sein.

Technische Defizite reißen dich ebenfalls immer wieder aus dem langsam an Fahrt aufnehmenden Horrortrip heraus. In den Totalen glänzt „The Descent“ ein ums andere Mal mit sensationell schlecht gemachtem CGI und Steinformationen, die gar nicht erst versuchen sich dem offensichtlichen Anschein angemalter Pappmaschee zu erwehren. Die selten doofe Ausleuchtung verstärkt den mangelhaften Eindruck von Kulisse und Computer-Animation zusätzlich.

Explizit wird es dann mit der zweiten Hälfte, wenn der Horror mittels einer grandiosen Found-Footage-Sequenz eingeleitet wird. Bemerkenswert in dieser Phase von „The Descent“ ist vor allem, dass Marshall auch nachdem er dem Grauen sein (hässliches) Gesicht gegeben hat, weiter die Spannung hält. Spannung, die er auch aus dem einfallslosen, aber nichtsdestotrotz funktionierenden Creature Design schöpft und mit deren Eigenschaft der Blindheit er einige memorable Momente zu kreieren weiß. Live-Videomaterial aus einem Camcorder, welcher im Nachtmodus aktiv ist, verbaut Marshall ebenfalls äußerst effektiv in das Geschehen, welches inzwischen alle Thriller-Komponenten über Bord geworfen und endgültig den Kampf zwischen Mensch und Bestie in den Mittelpunkt gestellt hat.

„The Descent“ geht zurück zu den Ursprüngen: Die letzten Überlebenden kämpfen gegen die Kreaturen aus der Hö(h/l)le. Die finalen Minuten sind blutiger und animalischer Existenzkampf, aus dem Sarah nicht nur neu gewonnene Kräfte schöpft, sondern das sie auch auf eine gewisse Weise zu befriedigen scheint. Der auf das abschließende Gekröse folgende Twist sitzt, doch wirkliche Begeisterung will sich dennoch nicht einstellen. Zu viele Chancen lässt Marshall ungenutzt, zu viele Ansätze lässt er Ansätze bleiben. Ein ziemlich gemischtes Vergnügen, die Ausgangsidee hätte dabei doch so viel zu bieten...  

6/10

Montag, 5. November 2012

"Der Exorzist" [US '73 | William Friedkin]

Fast vierzig Jahre sind vergangen seit „The Exorcist“ für viel diskutierte Kontroversen sorgte. In einem vom Aufbruch begriffenen Land, inmitten sexueller Revolutionen und fortschreitender Emanzipation, geboren aus der 68er Bewegung, stellte Friedkin's Roman-Adaption in gewisser Weise das spießbürgerliche Pendant zu revoltierenden Gesellschaftsmetaphern wie „The Graduate“ dar.

Laut Friedkin ist die einzige Möglichkeit für eine wiederkehrende Stabilität und Ordnung in einer von bröckelnden Fassaden und eskalierenden Studentenprotesten geprägten Gesellschaft, die Rückkehr zu den Ursprüngen. Und damit auch die bedingungslose Besinnung auf den alt ehrwürdigen Katholizismus, der unter anderem jene Reglements propagiert, von denen sich die Jugendbewegung seit Jahren zu entledigen versuchte. Das größte Problem von „The Exorcist“ wird deshalb wohl für ewig der Umstand sein, dass er unter Betrachtung seines historischen Kontextes für immer mit der reaktionären Haltung Friedkins verbunden sein wird.

Das ist in soweit schade, als dass uns mit „The Exorcist“ im Grunde genommen kein schlechter und sogar Genre-begründender Horrorfilm vorliegt, der gespickt mit unzähligen inszenatorischen Raffinessen (Traum-Sequenz des jungen Pfarrers; scheinbar willkürliche Integration von teuflischen Fratzen), in erster Linie von seiner formalen Perfektion lebt. Er scheitert – wie so viele vor und nach ihm – an seinen eigenen Ambitionen und dem überholten Moral-Konstrukt seines Regisseurs. Dabei lässt die Titel-gebende Prämisse doch Variationen hinsichtlich der unumgänglichen Konfrontation mit Religion als Heilsbringer durchaus zu. Denn letztlich liegt es an den Machern, ob sie eine Ideologisierung des Publikums und eine Verklärung der Kirche anstreben möchten oder eben nicht.

5/10

Freitag, 2. November 2012

"Sherlock" [UK '10 / '12 | BBC]

„Ein Fall von Pink“ [UK '10 | Paul McGuigan]

Fall #1: Der Umzug von Doyle's ikonischer Romanfigur in die Moderne scheint ebenso problemlos vonstattenzugehen, wie sich zwischen den beiden Hauptdarstellern Cumberbatch (Sherlock) und Freeman (Watson) eine amüsante, aber nie alberne „Beziehungskiste“ entwickelt. „Sherlock“ lebt von seinen verschrobenen Charakteren und den immer wieder entstehenden Wortgefechten zwischen dem soziopathischen Ermittler-Genie Sherlock und dem Kriegsheimkehrer Dr. Watson. Bei „Ein Fall von Pink“ ist alles der Zusammenführung der beiden zentralen Figuren untergeordnet, da stört es auch nicht weiter, wenn der sorgsam vorbereitete Twist am Ende nicht so genial ist, wie er im Vorfeld angekündigt wurde, zumal sich der neue Sherlock inszenatorisch herrlich verspielt und optisch hochauflösend präsentiert.

7/10

„Der blinde Banker“ [UK '10 | Euros Lyn]

Fall #2: Ziemlich ermüdender und nichtssagender zweiter Ausflug in London's Unterwelt. Erschreckend wirr erzählt, nie wirklich stringent und sein spannungsarmes Finale tritt „Der blinde Banker“ eine gefühlte Ewigkeit lang breit. Immerhin bleibt ein charmantes Ermittler-Duo, das dem sichtlich ambitionierten, aber nie interessanten Fall mit dem selben Enthusiasmus begegnet, wie es schon in „Ein Fall von Pink“ der Fall (haha: Wortwitz) war. Verschenkt.

4/10

„Das große Spiel“ [UK '10 | Paul McGuigan]

Fall #3: Besser. Was auch mit der Rückkehr McGuigan's zusammenhängen könnte, der anschließend auch für zwei weitere Fälle den Regiestuhl wärmte. Streckenweise ein hochspannendes Wettrennen gegen die Zeit, welches sich aber durch das repetitive Prinzip des mysteriösen Widersachers auch nicht einiger Längen erwehren kann. Dennoch rasant inszeniert, toll gefilmt und wieder einmal durch die Präsenz seiner beiden Hauptfiguren enorm aufgewertet. Der ganz große Wurf ist es dann zwar doch nicht geworden, dazu fehlt es Moriarty's finalem Auftauchen an großen Momenten.

6/10

„Ein Skandal in Belgravia“ [UK '12 | Paul McGuigan]

Fall #4: Bisweilen an ein James Bond-Abenteuer erinnernd, vollgestopft mit allerlei Twists und Sherlock sieht sich das erste Mal mit komplizierten Gefühlen konfrontiert. Ein ebenso ironischer, wie tendenziell zur Überkonstruktion neigender Kriminalausflug im globalen Anstrich. Nicht ganz so spaßig wie „Ein Fall von Pink“, dafür reich an allerlei scharfzüngigen Dialoggefechten zwischen Sherlock und der Domina Irene Adler.

6.5/10

„Die Hunde von Baskerville“ [UK '12 | Paul McGuigan]

Fall #5: Das dynamische Duo verlässt das erste Mal London und es geht Raus in die ländliche Idylle von Baskerville. Das sieht alles sehr schick aus und lässt zunächst auch durchaus hoffen, entwickelt sich dann aber in eine – für meinen Geschmack – völlig falsche Richtung. Dann geht es um Militärstützpunkte, geheime Experimente und psychotische Opfer. Schade, selbst die letztliche Auflösung ist lahm.

4/10

„Der Reichenbachfall“ [UK '12 | Toby Haynes]

Fall #6: Der Fall, der allen anderen Fällen die Schuhe mitsamt Socken auszieht. Ein Staffelfinale, das all seinen Ansprüchen absolut gerecht wird. Das hochspannende Aufeinandertreffen zwischen Sherlock und Moriarty, welches in der bislang dramatischsten Szene der Serie gipfelt, ist ebenso rasant inszeniert, wie clever verstrickt und wie gewohnt toll gespielt von einem restlos überzeugenden Cumberbatch und dem extrem sympathischen Freeman. Die wahre Klasse dieser Episode wird sich aber wohl erst in der bereits geplanten dritten Staffel zeigen.

8/10

Fazit: BBC hat alles richtig gemacht. „Sherlock“ funktioniert gerade durch die Verlagerung in die Moderne ohne Abstriche. Das Punktesystem sollte man an dieser Stelle auch nicht allzu ernst nehmen. Selbst die schlechter bewerteten Episoden sind aufgrund des sympathischen Darsteller-Duos und den durchweg hochwertigen Dialogen noch absolut sehenswert. Season 3 kann kommen!

Donnerstag, 1. November 2012

Zuletzt gesehen: Oktober 2012

"Along Came Polly" [US '04 | John Hamburg] - 5.5/10

"Donnie Darko" [US '01 | Richard Kelly] - 6/10

"Drachenzähmen leicht gemacht" [US '10 | Dean Deblois] - 4/10

"Bronson" [GB '09 | Nicolas Winding Refn] - 6/10

"Lars und die Frauen" [US, CA '07 | Craig Gillespie] - 7/10

"Snatch" [UK, US '00 | Guy Ritchie] - 4/10

"Alien" [US '79 | Ridley Scott] - 8/10

"Aliens" [US '86 | James Cameron] - 6/10

"Alien³" [US '92 | David Fincher] - 3/10

"Alien: Resurrection" [US '97 | Jean-Pierre Jeunet] - 6.5/10

"Black Swan" [US '10 | Darren Aronofsky] - 7.5/10

"The Wrestler" [US '08 | Darren Aronofsky] - 7/10

"Scott Pilgrim gegen..." [US, UK, CA '10 | Edgar Wright] - 4/10

"Total Recall" [US '90 | Paul Verhoeven] - 6/10