Branagh macht seinen Job
so gut, dass "Cinderella" bisweilen berauschend ist:
wunderbare 16mm-Aufnahmen in kontrastreichen, aber nie künstlichen
Farben, sympathische Liebende und ein sich selber und sein Sujet
hemmungslos feiernder Score verhelfen der Neuauflage des
Disney-Märchens zu unwiderstehlicher Klar- und Direktheit. Branagh
bricht die Cinderella-Geschichte nicht ironisch, verkompliziert sie
auch nicht über Gebühr, er stellt sie nicht mehr oder weniger
aus, sondern schenkt der Geschichte die Ernsthaftigkeit und Hingabe
zum Gefühlskitsch, die sie verdient und benötigt. Und er verrät
damit auch seine idealistische Hauptfigur nicht, die einmal mehr zur
inneren Kraft in einem jedem von uns gemahnt. Seinen Höhepunkt
findet der Film dann - wie sollte es auch anders sein - in einer
Tanzszene. Branagh spart die Worte aus, inszeniert auf den Punkt,
ohne Scham vor großen, theatralischen Gefühlen. Und er erzählt
damit von einer Zeit, die außerhalb postmodernen Ironie-Zwanges im
Moment verharrt, sich weigernd weiter voranzuschreiten. Es hätte so
viel schief gehen können an dieser Verfilmung eines scheinbar aus
der Zeit gefallenen Moral-Stücks. Aber den Schablonen wurde Leben
eingehaucht, weil einer der talentiertesten Hollywood-Regisseure der
Gegenwart sich ihnen auf Augenhöhe angenommen hat. Sensationell.
6/10