„Das Ding“ an der Wand, das
Spielfeld ausgebreitet, die Spielfiguren angeordnet. Eine Partie
Referenz-Bingo, die Stifte sind gezückt, die Kinderherzen erinnern
sich. Ein Ticket zurück, bitte! Einmal entstaubt und aufpoliert. Und
machen Sie sich über mich keine Sorgen, notfalls lassen Sie mich
einfach zurück, ich werde es mir hier schon einrichten. Wenn die
Unsicherheit der Zukunft so entschieden abgeschirmt wird, ist es
plötzlich wieder da: das heimelige, warme Gefühl wie in Watte
eingepackt zu sein. In der Gewissheit einer abgeschlossenen
Vergangenheit bewege ich mich gern, schaue nochmal genauer auf die
Dinge von damals, atme nochmal bewusster die Staub-geschwängerte
Luft des Dachbodens – dort, wo all der Kram von Muttern und Vatern
verstaut wird und sich langsam in seine Einzelteile zersetzt. Meine
Kinder bekommen neues Zeugs, das hier ist also ganz für mich allein.
- Sicher, „Stranger Things“ liebt sein Sujet innig und ganz ohne
Falsch, ebenso wie das Jahrzehnt, in dem die Serie sich so
demonstrativ verortet. Soviel kaufe ich den Duffer-Brüdern ab, auch
ohne sie näher kennengelernt zu haben. Dazu gleitet die Kamera zu
lustvoll durch die erhabenen Sets und arrangiert seine Easter-Eggs
viel zu gewissenhaft. Also folgen wir einer Jungs-Gang in bester
King-Manier auf einer Reise durch ein Alptraum-geplagtes,
verschlafenes Suburbia, gleichermaßen konfrontiert mit den
Verfehlungen geheimer Regierungsexperimente wie angestaubten
Highschool-Karikaturen, die nicht wissen, dass sich ihre Szenen und
damit ihre Existenz auf den Charakter-Bildungen anderer gründet. Die
80er Jahre über die technischen Möglichkeiten hinaus
weiterzuentwickeln passiert jedenfalls nicht. Wie so vielen Hommagen
ist „Stranger Things“ nämlich die Ehrfurcht vor seinen
rezitierten Vorbildern fest eingeschrieben. Sich überdrüssiger
Tropen und Konventionen zu entledigen wäre also eine echte Chance
gewesen, eine Chance, die die Duffer-Brüder jedoch nicht annehmen
(wollen?) - oder die ihnen überhaupt nie in den Sinn kam. Das Kino
der 80er fängt nicht 1980 an und hört nicht 1989 auf – seine
Entwicklung setzt sich bis heute fort. Warum nicht ansetzen bei
dieser Entwicklung und ihr eine Richtung geben, statt abermals die
Versatzstücke dieser Zeit penibel zu rekonstruieren? Warum der
Vergangenheit nicht den Weg in die Zukunft weisen?
5/10