Donnerstag, 26. Januar 2012

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Mittwoch, 18. Januar 2012

"[REC]" [ES '07 | Plaza & Balagueró]

Kurzweiliger Horror-Schocker aus spanischem Hause, im Handkamera-Stil gefilmt und inszeniert und vor allem zu seinem unfassbaren Finale hin einfach unglaublich angst-einflößend. Das spanische Regie-Gespann Balagueró / Plaza versteht es die Vorteile des Mockumentary-Konzeptes effektiv für sich zu nutzen, ohne jene Logiklöcher allzu offensichtlich darzulegen, die im Dienste des Konzeptes unvermeidlich sind. Und so kann „REC“, wenn man einmal von der absurden Tatsache absieht, dass das gesamte Geschehen von einem scheinbar lebensmüden Kameramann begleitet wird, durchaus für kurzweilige Schockmomente und einen unvorhersehbaren Twist sorgen. Die schludrig skizzierten Protagonisten stören ein wenig in ihrer fast schon bizarren Eindimensionalität, werden jedoch glücklicherweise ebenso schnell verfeuert wie sie eingeführt wurden und werden so zumindest ihrer Daseinsberechtigung als geifernde Opponenten-Schar gerecht. Das Schmuckstück des 75minütgen Horrortrips bildet jedoch ohne Zweifel das großartige Finale. Schiebt man nämlich erst einmal alle für eine logische Auflösung relevanten Aspekte beiseite, offenbart sich einem ein beängstigendes Finale, das in dieser Konsequenz definitiv noch nicht dagewesen ist.

6.5/10

Mittwoch, 11. Januar 2012

"Candy" [AU '06 | Neil Armfield]

Dan und Candy sind das perfekte Paar. Sie ist eine talentierte Malerin aus gutem Hause und er ein begabter Dichter. Sie sind attraktiv und unzertrennlich, jedoch haben beide ein Problem: Sie sind Heroin-abhängig...

Ohne die Melodramatik eines Aronofsky oder die abgefahrenen Rauschzustände eines Gilliam, legt "Candy" den Fokus in erster Linie auf seine überzeugenden Darsteller, auf die Momente, in denen Ledger seine leeren Dialogzeilen vor sich her-nuschelt, Cornish vor Schmerzen die Zähne zusammenbeißt, um im nächsten Moment dem Wahnsinn zu erliegen und das gemeinsame Leben zweier verzweifelter Menschen. 

"Candy" kommt dabei jedoch gänzlich unspektakulärer daher, als viele seiner Genre-Kollegen. Natürlich ist auch Armfield's dritte Regiearbeit dennoch nicht davor gefreit die Genre-typischen Stationen abzuarbeiten: Von der berauschenden Anfangszeit mit überwältigenden Rauschzuständen, zu den ersten Geldproblemen und Prostitution, bis hin zum kalten Entzug und letztendlicher Fehlgeburt ist alles dabei, was einen Drogenfilm auszumachen hat. Mit einem Unterschied: Man kauft es Armfield ab. 

Ledger und Cornish spielen wie füreinander geschaffen, füllen mit ihren intimen Blicken, ihren trivialen Alltagsgesprächen, ihren banalen Streitereien und ihren stillen Momenten die gesamte Laufzeit mit einer beeindruckenden Intensität. Wo bei "Requiem for a Dream" die Darsteller dem künstlerischen Konzept des Regisseurs untergeordnet wurden, bietet Armfield seinen Darsteller eine sorgfältig vorbereitete Plattform und gibt stillen Emotionen den Vorrang vor übersteuerten Rauschdarstellungen oder fetzigen Schnitten. 

Drogen spielen in "Candy" trotz seines inflationären Auftauchen nur eine Nebenrolle. Stattdessen beobachten wir zwei Menschen beim Scheitern, nur um im darauffolgenden Moment den nächsten Fehler zu erahnen. Armfield begeht jedoch nicht den Fehler uns mit konstruiertem Optimismus zu vertrösten, sondern zeigt uns ohne auf den filmischen Klimax aus zu sein, die letztendlichen Konsequenzen ihres Tuns auf, welche im Endeffekt weitaus schmerzlicher sind, als wir zu erahnen imstande sind. 

Und doch muss sich "Candy" am Ende des Tages den Vorwurf gefallen lassen, nicht über die Stringenz zu verfügen, wie viele erfolgreiche Genre-Kollegen. "Candy" fehlt es bei all seiner emotionalen Tiefe an einem sprichwörtlichen roten Faden, an einem einschlägigen Konzept, das fortwährend mitzureißen vermag. Über die gelegentlich auftretenden Längen trösten jedoch die durchweg überzeugenden Darsteller und einige großartige Momente hinweg, sodass "Candy" ohne Zweifel in den Kreis der besseren Genre-Vertreter gezählt werden sollte.

7/10

"Snow Cake" [CA, GB '06 | Marc Evans]

Vor vielen Jahren verlor der in Ontario lebende Engländer Alex Hughes seinen Sohn. Auf der Durchreise lernt er die lebensfrohe Vivienne kennen, welche er als Anhalterin in seinem Pkw mitfahren lässt. Nachdem sie nach einem Zwischenstopp von einem Lkw gerammt werden und Vivienne noch am Unfallort verstirbt, entschließt sich Alex, die Nachricht vom Tode Vivienne's ihrer autistischen Mutter persönlich zu überbringen...

Unaufdringlich fängt Marc Evans das Geschehen ein, gewährt dem Zuschauer intime Einblicke in die Geschichte. Eine Geschichte, die bei all ihrer Tragik stets menschlich, überzeugend und glaubwürdig bleibt. Glaubwürdig gerade deswegen, weil Weaver es versteht ihre Figur nie zum Opfer plötzlicher Over-Acting-Attacken werden zu lassen. Ihre Figur bleibt bei all ihren Eigenheiten menschlich und verkommt nie zur aufdringlichen Solo-Nummer. 

Und selbst jene, die bisher keine einschlägigen Erfahrungen mit Autismus sammeln konnten, werden zumindest verstehen welche Eigenheiten – positive wie negative – ein solches Schicksal mit sich bringt und welche Auswirkungen auf das Umfeld damit einhergehen. 

"Snow Cake" ist ein leiser Film, der getragen wird von den Performances seiner Darsteller, deren Interaktion in den auf den Punkt geschriebenen Dialogen und dem passenden, weil sparsam verwendeten Soundtrack. Dieser verdient an dieser Stelle besondere Erwähnung, so ist er von den großartigen Stereophonics bis hin zu eher unbekannten Bands wie der kanadischen Tanz- und Musikgruppe Broken Social Scene perfekt ausgewählt und ergänzt das Geschehen nicht nur absolut passend, sondern vermag vielen Szenen noch einiges an Brillianz hinzuzufügen. 

Es ist die Alltäglichkeit, die aus dem Fremden etwas nahbares macht. Es sind die kleinen Gesten, die verständnisvollen Blicke zwischen Weaver und Rickman, die aus "Snow Cake" mehr machen als ein Behinderten-Drama. Es geht um eine einzigartige Frau, es geht um die Probleme, aber auch um die Chancen, die ihre "Krankheit" mit sich bringen. 

Rickman, ein von Selbstzweifeln und Schuldfragen verfolgter Mann ist das stärkende Pol in der Geschichte. Der Kontrast zu der Fremdartigkeit hinter der Tür, fremdartig deswegen, weil wir nicht verstehen. Kein vorschnelles Urteil, er schaut hin, beginnt zu lernen und zu verstehen. Er sieht die Gabe, aber auch die Schattenseiten, er hilft, wo er hätte gehen können und ist uns allen ein Beispiel. Er erkennt die Notwendigkeit von Toleranz, von Hilfe und vor allem von Furchtlosigkeit. 

Selten durfte man derart konzentrierte und Klischee-befreite Darsteller-Leistungen begutachten. Kein falsches Mitleid, nur der Situationsbericht einer Gruppe von Menschen in verschiedenen Lagen, an verschiedenen Punkten. Und wenn uns auf der Beerdigung Vivienne's, die liebevoll ausgearbeitete Parabel erzählt wird, erreicht uns schließlich auch der unaufdringliche Appell. Derweil evoziert Evans eine authentische, aber niemals trostlos anmutende Atmosphäre, gibt dem Spiel den Vorrang vor effekthaschender Selbstverwirklichung und erzählt eine Geschichte, so ehrlich und so rund, wie man sie selten zu sehen bekommt.

7/10

"Mr. Nobody" [CA, DE, FR, BE '09 | Jaco von Dormael]

Die Menschen sind dank neuster medizinischer Errungenschaften nicht weiter sterblich. Der 118jährige Nemo ist der letzte Mensch, der eines natürlichen Todes sterben wird und erzählt in seinen letzten Stunden einem jungen Reporter seine faszinierende Lebensgeschichte...

Es fällt schwer bei einem Film wie "Mr. Nobody" auch objektive Aspekte in die Bewertung mit einzubeziehen. Zuviel hängt von der Interpretation des soeben Gesehenen ab, davon ob man einen roten Faden erkannt oder besondere Erkenntnisse gewonnen hat. Seit jeher haben es Filme schwer, die nicht über eine stringente Narrative verfügen, den Zuschauer nicht an die Hand nehmen und ihm möglichst viele Fixpunkte bieten, an denen er sich zu orientieren weiß. Auch Dormael verzichtet auf eine konventionelle Einleitung und überlässt den Zuschauer früh sich selbst und dem, was er soeben zu sehen glaubt. Problematisch ist dies in diesem Fall nicht, denn hat man erst einmal die ersten Minuten überstanden, erübrigt sich schnell jedwede Fragerei nach dem Inhalt, zu sehr ist man mit der bildgewaltigen Optik und der damit einhergehenden Reizüberflutung beschäftigt. 

Der Entwurf der Zukunft ist geprägt von kalter Unnahbarkeit und klinischer Sterilität. Zumeist sind die Räume weites gehend leer und in hellen Farben gehalten, während der Hintergrund eine ebenso distanzierte wie fortschrittliche Zivilisation präsentiert, deren akzentlose Fassaden den blauen Himmel widerspiegeln. Wissenschaftliche Erörterungen werden in Form kleiner Aufklärungs-Sequenzen durchgeführt und entsprechen auch in ihrer nicht vorhandenen Emphase in etwa der des ganzen Filmes. Denn wo "Mr. Nobody" bei der wissenschaftlich-philosophischen Auf- und Bearbeitung alles richtig macht, scheitert er einmal mehr auf der emotionalen Ebene und schafft es selten tatsächlich zu berühren. 

Leto's Figur bleibt trotz der ausführlichen Erzählung der Lebensgeschichte eine Kunstfigur, eine Skizze, die selten bewegt oder Emotionen weckt. Denn wenn Dormael seine philosophischen Exkurse und Gedankenspiele mit Beispielen aus dem Alltag oder wissenschaftlichen Fakten belegt, wie beim Versuch das Gefühl des Verliebt-Seins mit chemischen Reaktionen zu erklären, dann beeindruckt das womöglich aufgrund der gründlichen Recherche, berührt aber nicht und lässt eine tiefer-gehende Bindung zu den Charakteren und somit zum Geschehen nicht zu.

"Mr. Nobody" ist ein Film im Dienste seiner ohne Frage berauschenden Ästhetik und immer passenden Bildsprache, der am Ende jedoch sehr unter jener Distanz zu leiden hat, die das gesamte Geschehen fortwährend begleitet, Emotionen bereits im Keim erstickt und akribischer Obduktion den Vorrang lässt vor Charakteren, die interessieren, berühren und einem über den Abspann hinaus begleiten. Schade ist das gerade im Anbetracht des eigentlich sehr begabten Jared Leto und dem durchaus interessanten Konzept, eine Thematik wie diese in solch wissenschaftlichem Maße zu sezieren und beispielhaft herzuleiten. Was bleibt ist ein optisch überzeugender, solide gespielter philosophischer Exkurs über das Leben einer uninteressanten Hauptfigur, der selten sein durchaus vorhandenes Potenzial auszuschöpfen weiß.

6/10

"Event Horizon" [US '97 | Paul W.S. Anderson]

Wie schwerelos bahnt sich die Kamera ihren Weg durch die von berechnender Kälte geprägten Räumlichkeiten der Event Horizon; bebildert den Schrecken, die Unendlichkeit, das Böse. Die Darsteller werden der Atmosphäre ebenso geopfert wie die irdische Rationalität. Licht ist Mangelware in "Event Horizon", zumeist bestimmen flackernde Lichtblitze die Szenerie. Die Grenzen seines Genres überschreitet der Film dabei jedoch nicht, er stellt vielmehr offenkundig seine Quellen zur Schau und verneigt sich akzentuiert vor Kubrick und Barker. Dass das Erlebnis fortwährend der primären Intention des Filmes entspricht wird schnell klar, zu übernatürlich, zu filmisch geht es zu. Der Horror steht im Vordergrund, schiebt jederlei wissenschaftlich-rationale Ansätze beiseite und bestimmt das Geschehen bis zu seinem Finale. 

Der Genre-Mix innerhalb der eigenen Grenzen erweist sich als die große Stärke des Filmes: Suspense mit einigen Anleihen zum Body-Horror, verbaut mit den Versatzstücken eines Kubrick, dessen Ansatz schon immer eher der psychologische gewesen ist, werden zu einer überraschend homogenen Mixtur. Den Schrecken sowie die Faszination seines Inhaltes versucht "Event Horizon" nie ernsthaft zu erklären und zieht sich mit tiefschürfender Weltraum-Poesie aus der sich anbahnenden Affäre. Die individuellen Schicksale stellen die zentralen Bezugspunkte Anderson's dar und von den damit zusammenhängenden Selbstzweifeln und Vorwürfen nährt sich das unbekannte Böse. Dieses erhält lediglich einen Vertreter in Form von Neill, was sich als durchaus clever erweist, so ist es doch gerade die Unfassbarkeit, die die große Faszination des Antagonisten und somit des Filmerlebnisses ausmacht. 

Dennoch gelingt es "Event Horizon" nicht vollkommen sich jener "Alien"-Attitüde zu entledigen, die dem Werk Anderson's von der aller ersten Sekunde anhaftet. Anderson orientiert sich nicht nur stilistisch an "Alien", weswegen ein Vergleich mit diesem nur naheliegend ist - er beschreitet auch inhaltlich nahezu identische Pfade. Optisch wie auch atmosphärisch zieht "Event Horizon" gegen sein Vorbild dennoch eindeutig den kürzeren, gerade der Gebrauch Computer-generierter Effekte bekommt dem visuellen Gesamteindruck ganz und gar nicht gut. Anders als bei "Alien" verzichtet Anderson jedoch auf eine eindeutige Personifizierung des Antagonisten und umschifft somit durchaus clever die Problematik der Darstellung eines – den Vorstellungen des Rezipienten entsprechenden – Gegenspielers. Gerade dieser Umstand spielt "Event Horizon" unwahrscheinlich zu, denn die größten und furchterregendsten Ausmaßen nimmt der Horror immer noch im Kopf an.

6/10

"Homevideo" [DE '11 | Kilian Riedhof]

Jakob – ein introvertierter Gymnasiast – befindet sich mitten in der Pubertät. Seine Eltern stehen kurz vor der Scheidung und er hat Probleme in der Schule. Als er sich eines Tages beim Masturbieren filmt und seine Mutter unbedacht die Kamera an seine Freunde verleiht, gelangt das intime Video in die Hände von Henry – einem Klassenkamerad. Dieser versucht ihn zunächst mit dem expliziten Material zu erpressen. Jakob's Vater gelingt es jedoch schnell die Aufnahmen wieder zu beschaffen, doch Herny hat längst eine Kopie angefertigt und das peinliche Heimvideo ins Netz gestellt...

Deutschen Produktionen eilt seit jeher ein äußerst zweifelhafter Ruf voraus. Seltsamerweise konnten daran selbst diverse Projekte privater Fernsehsender oder post-apokalyptische Horrorszenarien im deutschen Setting etwas ändern. Ungeschickt versuchen sich die Deutschen regelmäßig daran, der großen Konkurrenz aus Übersee nachzueifern. Oftmals enden diese Versuche in einem schlecht kopierten B-Movie-Debakel der Marke „Direct-to-Video“ oder erblicken erst gar nicht das Licht der Welt. In diesem Fall können wir nicht einmal Uwe die Schuld an unsere Misere geben, denn dieser darf sich seit seinen frühen Schaffens-Tagen unter dem Deckmantel seiner Unzurechnungsfähigkeit verkriechen. Warum viele Produktionsstudios seit geraumer Zeit dem Irrglauben verfallen sind, dass man ohne viel Krach kein Geld verdienen kann, bleibt zumindest mir schleierhaft. 

Und an dieser Stelle kommt „Homevideo“ ins Spiel. Das Werk eines Regisseurs, der bislang nicht mehr als ein paar Serien-Episoden und kleinere Filmproduktionen in seinem Portfolio vorzuweisen hatte, zeigt der deutschen Fernsehwelt die offenbar längst in Vergessenheit geratenen Stärken deutscher Produktionen auf. Unsere Stärken sind die stillen Momente, die hochbegabten Nachwuchsschauspieler, die zumeist höchst authentischen Dialoge und der Mut sich Themen anzunehmen, die deswegen wichtig sind, weil sie uns Tag für Tag begegnen. 

Riedhof legt schonungslos jene Problematik offen, die jeden etwas angeht, weil jeder irgendwann mit ihr Berührung kommt. Es geht weit über Mobbing in der Schule hinaus, es geht um soziale und gesellschaftliche Strukturen, die hinterfragt, analysiert und diskutiert werden müssen. „Homevideo“ ist in erster Linie ein Appell an uns. Was würden wir machen? Würden wir dazu beitragen, dass Jakob (außergewöhnlich: Jonas Nay) jenen schockierenden Pfad einschlägt, den er letztendlich wählt – ob bewusst oder unbewusst? Sollten wir uns nicht zuerst selber hinterfragen ehe wir mit dem Finger auf die vermeintlichen Schuldigen zeigen? 

Die Schuldfrage ist schwierig, weil sie nicht eindeutig ist. Ist die Lehrerin schuld, die die Demontage eines Schülers zulässt? Sind es die Eltern, die immer mehr mit sich selber beschäftigt sind, als mit ihrem Sohn? Sind es die Mitschüler, die die soziale Isolation zugelassen und als Mitläufer agiert haben? Oder ist es der im Sozialverhalten gestörte Täter? Riedhof's Film ist geprägt von erschreckender Hoffnungslosigkeit, resultierend aus einem Teufelskreis, welcher von Zufällen und fehlender Empathie seitens der Umgebung herrührt.

„Homevideo“ ist filmisch jedoch weit davon entfernt perfekt zu sein. Er überspitzt, konstruiert das schlimmstmögliche Szenario und neigt zu platter Symbolsprache. Er ist zweifelsohne unrealistisch, funktioniert nur aufgrund einiger konstruierter Zufälle und Missverständnisse und lebt am Ende gerade von seiner Vorhersehbarkeit. „Homevideo“ muss nicht perfekt sein um seine Intention mit der nötigen Wucht zu transportieren, er benötigt keine abgefahrenen Effekte um auch audiovisuell zu beeindrucken und er benötigt erst recht keine unnötige Provokation um wahrgenommen zu werden. 

Das Erlebnis dieses Filmes spottet im Grunde jedweder Bewertung, er liegt zentnerschwer im Magen, ist unbequem und wenn das Transportschiff schließlich an uns vorbeigefahren ist, verspüren wir womöglich die selbe Erlösung wie der junge Jakob.

7/10

Dienstag, 10. Januar 2012

"Gremlins II - The New Batch" [US '90 | Joe Dante]

Nicht ohne Grund reichen Fortsetzungen in der Regel nicht an die Qualität ihres Vorgängers heran und bleiben zumeist überflüssiger Zusatz. Meistens sind Geschichten und Charaktere nach dem ersten Mal aus-erzählt, die Kreativität eines Regisseurs erschöpft oder die inhaltliche Substanz nicht ausreichend für den Ausbau bzw. Aufbau eines vollwertigen Franchise. Im Kontext dieser Erkenntnis erweist sich "Gremlins II – The New Batch" also als eine durchaus wertvolle Rarität, denn Dante's zweites Gremlin-Abenteuer erweist sich in jedem Aspekt als eine – dem Vorgänger mindestens ebenbürtige – Fortsetzung.

Billy Peltzer hat es einige Jahre nach den Ereignissen in seiner Heimatstadt nach New York verschlagen, wo er gemeinsam mit seiner Freundin Kate für den Medienmogul Daniel Clamp arbeitet. Dieser versucht bereits seit einiger Zeit vergebens, den alten Besitzer des chinesischen Ramschladens dazu zu bewegen, seinen Laden zu verkaufen, damit dieser dort ein lange geplantes Bauprojekt realisieren kann. Nach dem Tod des Besitzers beginnen schließlich die Abrissarbeiten des kleinen Ladens. Der kleine Mogwai Gizmo kann aus dem Laden flüchten, ehe er unter den Trümmern begraben wird und landet schließlich bei seinem alten Besitzer Billy. Als dieser ihn einige Zeit alleine lässt und Gizmo unbeabsichtigt mit Wasser in Berührung kommt, nimmt der Alptraum erneut seinen Lauf...

Mit einem schmierigen Lächeln im Gesicht des Fernsehbosses Clamp und der damit einhergehenden Kapitalismus-Kritik läutet Regisseur Joe Dante die zweite Runde seines Zitat-Spektakels ein, um nur wenige Augenblicke später den Action-Klassiker "Rambo" in einer kurzen Sequenz zu würdigen. Eingeleitet wird das zweite Gremlins-Abenteuer jedoch von einem skurrilen Disput zwischen den Zeichentrick-Ikonen Bugs Bunny und Daffy Duck, in der Dante ein weiteres Mal seine Affinität gegenüber dem Zeichentrick-Genre unter Beweis stellt (in seinem späteren Werk "Looney Tunes: Back In Action" lebt er diese Passion schließlich vollständig aus).

Tatsächlich ist die erste halbe Stunde von "Gremlins II – The New Batch" geprägt von erschreckender Trostlosigkeit: Billy's Chefin erweist sich schnell als geld- und machtgeiles Biest, unter deren Launen Billy ein ums andere Mal zu leiden hat, sein Freund Fred (Robert Prosky) nimmt ihm schnell alle Illusionen, die er sich im Hinblick auf das oberflächliche Show-Business gemacht hatte und nur wenige Stockwerke unter Billy's Arbeitsplatz werden unter Leitung des Wissenschaftlers Doktor Catheter (großartig: Christopher Lee) moralisch fragwürdige Tierversuche durchgeführt.

Dante zeichnet wie schon im Vorgänger ein zutiefst pessimistisches Bild der Gesellschaft und kommentiert das Geschehen gewohnt satirisch. "Gremlins II" lässt dabei jedoch jene Subtilität vermissen, die Teil Eins an den Tag legte und gibt sich nun vollends dem fortwährend präsenten Trash-Gedanken hin. Dass Dante nach dem angefahrenen ersten Teil nichts anderes übrig blieb als sich jener Over-the-Top-Attitüde hinzugeben, die er in der Fortsetzung schließlich eindrucksvoll zelebriert, erweist sich retrospektiv betrachtet jedoch als die größte Stärke des zweiten Teils. So ist es doch gerade der herrlich direkte Humor, der die Fortsetzung derart anders und eigenständiger werden lässt. "Gremlins II" ist zweifelsfrei das Werk eines Filmliebhabers, ein Werk, so entfesselt und kreativ inszeniert als sei es das erste Mal. Selten steckte in einer Fortsetzung soviel Humor und Eigenständigkeit wie in Dante's Gremlin-Fortführung. 

Wie beiläufig kritisiert Dante immer wieder die amerikanische Gesellschaft, sei es wenn die Gremlins eine Hand voll Töpfe in eine Mikrowelle schmeißen und der einzige schockierte Kommentar der TV-Köchin jener ist, dass davon die Mikrowelle kaputt ginge oder das hoch technisierte Sicherheitssystem der Fernsehanstalt als Sinnbild der amerikanischen Paranoia und Kontrollsucht. Seinen Höhepunkt findet Dante's satirisches Konzept jedoch etwa dann, wenn einem Gremlin durch die Injektion eines Serums aus dem Forschungslabor menschliche Intelligenz und die Fähigkeit diese zu verbalisieren injiziert wird. Von da an kommentiert der Gremlin – in den Credits nur treffend "Brain" genannt – durchaus eloquent die Handlungen seiner Artgenossen und entwickelt sich als eine Art Sprachrohr für die Gremlin-Gemeinschaft. Diese Idee – den Gremlins eine Stimme zu verleihen – ist an Genialität wohl kaum noch zu überbieten, so bieten sich doch gerade durch diese Veränderung enorme Möglichkeiten den satirischen Einschlag Dante's auf den absoluten Höhepunkt zu treiben. Dieser wäre dann vermutlich im darauffolgenden Fernsehinterview zwischen dem Schauspieler Fred – welcher kurzfristig begann als Reporter zu fungieren – und dem Gremlin "Brain" erreicht, in dem dieser die Beweggründe seiner Artgenossen erläutert.

Darstellerisch ist an "Gremlins II" selten etwas auszusetzen, Zach Galligan sowie Phoebe Cates spielen ihre Abziehbild-Charaktere – wie schon in Teil Eins – sehr souverän und sind extrem sympathisch. Gerade Galligan als Billy verkörpert äußerst sympathisch das Helden-Ideal längst vergangener Dekaden und gibt sich absolut keine Blöße. Doch der wahre Held bleibt ohne Zweifel der grandiose John Glover als gelangweilter Medienmogul, dessen herrliches Over-Acting ein ums andere Mal die Lachmuskeln strapaziert und einem im Zusammenspiel mit seinem bizarren Verhalten in Anbetracht der eigentlich katastrophalen Geschehnisse, das Grinsen buchstäblich ins Gesicht tackert. Falls jemandem dieses Grinsen auf dem Weg zum Finale abhanden kommt, den wird spätestens dort ein abermaliger Angriff auf die Lachmuskeln erwarten. Dann zelebrieren die Gremlins nämlich den vermeintlichen Untergang der Sonne mit einem sauber durch-choreographierten Musical mit einigen Anleihen zu "Das Phantom der Oper", bevor diese durch Billy und seine Freunde in bester Splatter-Manier geröstet werden und sich schließlich in grünliche Pfützen verwandeln. Zuvor durfte Gizmo auch nochmal ran und einen fiesen Spinnen-Gremlin mittels Pfeil und Bogen - "Rambo" lässt grüßen – spektakulär zur Strecke bringen.

Tatsächlich gibt es an "Gremlins II" selten wirklich etwas auszusetzen. Einzig die in der Mitte auftretende Kino-Sequenz und der Cameo-Auftritt Hogan's waren etwas zu viel des Guten. Und wenn eine Horde Gremlins einen Kritiker, welcher soeben "Gremlins II" rezensierte, erledigt, wünscht man sich ein wenig die Subtilität des ersten Teils zurück. Doch trotz solch marginaler Mängel bleibt die Gremlins-Fortsetzung eine faustdicke Überraschung und kann sich auch qualitativ jederzeit mit seinem Vorgänger messen lassen. Die visuelle Gewalt ist angemessen, die Zitate und unzähligen Anspielungen sitzen, der Spaß ist da und die Gremlins rocken in angemessener Manier auch den zweiten Teil überraschend überzeugend.

8/10

Kino: "Contagion" [US '11 | Steven Soderbergh]

Ein hoch ansteckendes und tödliches Virus verbreitet sich in einer nahen Zukunft über den gesamten Globus. Beth Emhoff (Gwyneth Paltrow), welche gerade von einer Dienstreise aus Asien zurückkommt, ist die erste Person die Symptome des neuartigen Virus aufweist. Zuhause bricht sie plötzlich mit starken Krämpfen zusammen. Ihr Mann Thomas (Matt Damon) bringt sie sofort ins Krankenhaus, wo sie jedoch kurze Zeit später verstirbt. Derweil arbeiten weltweit Wissenschaftler an einem Wirkstoff gegen das Virus...

Beinahe nüchtern, objektiv beschreibt Soderbergh in seinem Pandemie-Szenario den möglichen Verlauf und die Ausbreitung einer Virus-Epidemie, führt akribisch Protokoll über die Folgen der Krankheit und die Suche nach einem Heilmittel. Das Thema wird dabei ebenso distanziert und nüchtern seziert wie die Schädeldecke Paltrow's und akribisch in seine Einzelteile zerlegt. Zumeist kommt "Contagion" dabei wie ein Lehrfilm über Virustypen daher und lässt neben einer packenden Dramaturgie auch interessante Charaktere leider nahezu vollkommen vermissen. Das ist schade in Anbetracht des durchaus fähigen Schauspieler-Ensembles (u.a. Laurence Fishburne, Matt Damon, Kate Winslet und Jude Law).

Soderbergh's Figuren bleiben Skizzen, ebenso die damit einhergehenden Schicksale. Der fehlende emotionale Bezug zu den Figuren und damit auch zum Geschehen wirkt sich ironischerweise gerade dann auf den Film aus, wenn er versucht auch auf emotionaler Ebene anzusprechen und zu berühren. Im Laufe des Geschehens hat "Contagion" auch zunehmend unter dem zwar qualitativ hochwertigen aber zu weit gefächerten Cast und dem damit verbundenen Handlungssträngen zu leiden und vergisst dabei sogar die ein oder andere Figur und dessen Nebenplot (Marion Cotillard ist das wohl prägnanteste Beispiel hierfür, wobei ihre Geschichte als Geisel durchaus interessant anzusehen gewesen wäre). Matt Damon überragt in seiner Darstellung des trauernden Familienvaters, der seine Tochter möglichst vor allen äußeren Einflüssen fernzuhalten versucht, nahezu mühelos den restlichen Cast und überzeugt ausnahmslos. Selten hat man Damon Emotionen derart authentisch vermitteln und in einer Figur derart aufgehen sehen.

Stilistisch und optisch erinnert "Contagion" des öfteren an einen Musik-Clip: schnelle Schnitte, elektronische Beats und viele Close-Ups prägen des Gesamtbild und geben einem ein ums andere Mal das Gefühl sich in einem Werbespot für Desinfektionsspray zu befinden. Trotz aller Unzulänglichkeiten ist "Contagion" jedoch beileibe kein schlechter Film. Vielmehr hat er unter seiner Konsequenz – alles dem Realismus-Konzept unterzuordnen – zu leiden, was ihn zugleich aber auch von den sonstigen Hollywood-typischen Produktionen in diese Richtung gehend unterscheidet und aus diesen schauspielerisch, wie auch stilistisch hervorstechen lässt. In gewisser Weise ist es gerade Soderbergh's Präzision und die Art und Weise der Bearbeitung einer solchen Thematik, die "Contagion" so sehenswert werden lässt.

Am Ende des Tages ist "Contagion" ein schwer zu bewertender Film, denn die größte Stärke von Soderbergh's Horrorszenario, ist zugleich auch seine größte Schwäche: Einerseits ist die Akkuratesse, mit der Soderbergh das Thema beinahe emotionslos wissenschaftlich seziert überaus lobenswert und gewährt ein hohes Maß an Authentizität, andererseits sind es gerade die fehlenden Emotionen resultierend aus den nicht ausformulierten Einzelschicksalen, die den Zuschauer schlussendlich etwas unbefriedigt aus dem Kinosaal gehen lassen. Denn was hätte aus "Contagion" werden können, wenn sich Soderbergh etwas von den wissenschaftlichen Details losgelöst und die menschlichen Ängste, die Massenpaniken und die Veränderungen in den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten porträtiert hätte?

6.5/10

"Lost in Translation" [US '03 | Sofia Coppola]

Ein alternder Filmstar. Eine orientierungslose, junge Frau. Er ist dort aufgrund eines Werbespots für Whiskey. Sie hatte gerade Zeit und hat ihren Ehemann auf eine Geschäftsreise begleitet. Beide sind verloren, irgendwo zwischen Sinnkrise und Identitätssuche. Ein fremdes Land, eine fremde Sprache, eine fremde Stadt. Gemeinsam stellen sie sich dem Fremden und es entwickelt sich eine ungewöhnlich tiefe Freundschaft zwischen zwei Menschen an verschiedenen Punkten, die sich näher jedoch nicht sein könnten...

"Lost in Translation" ist ein ruhiger Film über dessen Daseinsberechtigung man womöglich diskutieren könnte, wenn da nicht die zwei herausragenden Hauptdarsteller wären. Vor allem Scarlett Johansson beweist in diesem Film eindrucksvoll, dass ihr Talent über ihre äußerlichen Vorzüge hinausgeht und sie mehr sein kann als nur "schmuckes Beiwerk". 

"Lost in Translation" hat die Möglichkeit dem Zuschauer aufgrund seiner begnadeten Hauptdarsteller ein Filmerlebnis zu bieten, welches sich in puncto Authentizität und Intensität auf einer neuen Ebene bewegt und nicht aufgrund seiner Geschichte als solches überzeugt, sondern als Charakterstudie, als Lebensabschnittsbericht zweier Menschen, die das selbe Schicksal teilen. Und selbst jene, die etwaige Begegnungen noch nicht selber erleben durften, werden dank des feinfühlig sensiblen Spiels zweier grandioser Darsteller zumindest nachvollziehen können was es bedeutet echte Zuneigung , fernab von familiären Zwangsbindungen und gesellschaftlichem Arschgekrieche, erfahren zu dürfen.

Coppola zeichnet den Mythos der Seelenverwandtschaft als Privileg, das es zu schätzen gilt und macht nicht den Fehler sich den romantisierten Mainstream-Pfaden hinzugeben. Sex gibt es nicht zu sehen und auch inwiefern die beiden ein Paar darstellen sollen, wird im Dunkeln gelassen, ist – sobald der Abspann abgelaufen ist – aber auch nicht weiter wichtig. Vielmehr konzentriert sich Copolla auf die Kraft der Dialoge, zelebriert den Seelenstriptease ihrer Charaktere angenehm zurückgenommen und beweist Mut zur Stille, setzt darüber hinaus sicher humoristische Akzente und verewigt gleichzeitig die Stadt Tokio in einer zwei Stunden andauernden Hommage. 

"Lost in Translation" aufgrund seiner wenigen skurrilen Momente als Komödie oder aufgrund seiner melancholischen Thematik als Drama zu bezeichnen wäre jedoch zu einfach, er erweitert vielmehr Genre-Grenzen, verknüpft Tragik und Komik sowie Charakterstudie und Liebesfilm miteinander und erzählt eine Geschichte wie das Leben sie schreibt. Themen wie Freundschaft, Treue und Einsamkeit werden dabei völlig authentisch und unvoreingenommen behandelt und bilden die zentralen Leitmotive des Filmes. Und obwohl der Film die traurigen Schicksale zweier sehr ähnlicher Menschen aus sehr verschiedenen Welten behandelt, macht "Lost in Translation" vor allem eines: Hoffnung.

8/10

"Prinzessin Mononoke" [JP '97 | Hayao Miyazaki]

Der junge Prinz Ashitaka vom Stamm der Emishi ist nach der Berührung eines verfluchten Dämons in Gestalt eines Keilers dem Tod geweiht. Verbannt von seinem Stamm macht er sich auf die Suche nach Heilung und gerät in einen blutigen Konflikt zwischen den Arbeitern einer Eisenhütte unter Führung der Herrin Eboshi und den Bewohnern des Waldes, die gemeinsam mit dem mysteriösen Wolfsmädchen – Prinzessin Mononoke – gegen die Menschen vorzugehen versuchen. Die angespannte Lage zwischen den beiden verfeindeten Lagern spitzt sich immer weiter zu, während der junge Prinz versucht Frieden in das unruhige Land zu bringen...

Miyazaki nimmt uns schon zu Beginn alle Illusionen, konfrontiert uns ohne Umschweife mit dem Produkt menschlicher Ignoranz. Ein besessener Keiler, zerfressen von Hass, resultierend aus routiniertem Fehlverhalten, menschlicher Arroganz und individuellem Geltungsdrang. Am Ende wird es jene Treffen, die wir lieben und denen wir eine bessere Zukunft schulden. Ein Regisseur ohne Profilneurosen. Eine simple Metaebene. Eine nachvollziehbare Metapher. Ein Tatsachenbericht, gekleidet in ein großartig gezeichnetes Fantasy-Abenteuer. Ein junger Prinz, allzeit präsent, unser Gewissen, an unsere Vernunft appellierend. 128 Minuten lang. Eine Dorfälteste. Ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Uns an unsere Verantwortung erinnernd. Gegenüber unseren Mitmenschen, unseren Kinder, der Natur und letztlich auch gegenüber uns selbst. Gewaltdarstellung als Mittel zum Zweck. Die Intention mit der angemessenen Ernsthaftigkeit unterstützend. Musik als Mittel zum Zweck. Im Hintergrund agierend, lediglich akzentuiert auftretend und das Geschehen in all seiner Intensität perfekt ergänzend. 

Eine Clan-Führerin als Repräsentantin einer Zivilisation ohne Grenzen, ohne Gewissen. Sich selber mit seinem anmaßenden Verhalten in Gefahr bringend. Aber auch gütig, mitfühlend und fürsorglich. Kein Monster. Lediglich eine Person mit Schwächen, Problemen und Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen. Wir lernen sie verstehen. Vollziehen nach und beginnen uns darüber im Klaren zu werden. Kein moralischer Zeigefinger. Miyazaki nimmt sich nicht außen vor. Auf der anderen Seite eine junge Prinzessin. Inzwischen nicht besser als die Menschen selbst. Vorurteilsbehaftet, wütend und ignorant. Zwei Parteien. Kein Gut und Böse, nur ein Konflikt und die Suche nach Lösungen. Gewalt, Gegengewalt. Eine eingefahrene Situation. Wir wollen Antworten, die perfekte Lösung. Ruhig inszeniert und in einem ungewöhnlichen Gewand daherkommend, sicherlich nichts für jedermann. Die abstrakt anmutende Personifizierung der Natur. Güte und Nachgiebigkeit als längst verschollene Attribute. Ein optimistischer Ausblick in die Zukunft. Unser Gewissen als Vermittler. Ein deutlicher Appell. Und die - für viele - enttäuschende Antwort: Wir sind die Lösung. Schlicht und Ergreifend.

8.5/10

"The Fly" [US '86 | David Cronenberg]

Seth Brundle, ein talentierter und zurückgezogen lebender Wissenschaftler lernt auf einer Veranstaltung die junge Journalistin Veronica Quaife kennen und weiht sie ihn sein Projekt zur Entwicklung eines Teleportations-Gerätes ein. Nach einem gescheiterten und einem geglückten Versuch mit einem Pavian, stellt sich Seth schließlich selber als Testobjekt zur Verfügung. Unglücklicherweise ist eine Stubenfliege zufällig in das Teleporations-Gerät geraten und sorgt bei Seth für ungeahnte Nachwirkungen...

Cronenberg lässt dahingestellt, inwieweit Brundle's Transformationsprozess und der damit einhergehende Zerfall als kritische Parabel auf menschlichen Forscherdrang interpretiert werden kann. Vielmehr widmet er sich in seiner Version von "The Fly" den psychischen und physischen Veränderungen seines Protagonisten und protokolliert akribisch die verschiedenen Etappen des Veränderungsprozesses, welcher vom Schock bis zur Resignation und letztlich zur kompletten Wesenswandlung reicht. Die langsam voranschreitende Wandlung Brundle's wird dabei explizit und in aller Ausführlichkeit umschrieben, in grandiosen Masken festgehalten und zu seinem konsequenten Finale geführt. Cronenberg belässt es darüber hinaus bei einer vergleichsweise simplen Metaebene, konzentriert sich stattdessen auf Horror in Reinkultur und schafft eine eigenwillige Adaption von Langelaan's '57 erschienener Kurzgeschichte. Ausgehend von diesem "Was-wäre-wenn" - Gedankenspiel inszeniert Cronenberg die Transformation Brundle's als menschliche Grenzerfahrung und meistert den schmalen Grat zwischen Faszination und Abscheu beinahe spielend.

Transformation wird uns als fleischliche und spirituelle Neuerfindung präsentiert, als Konfrontation mit dem menschlichen Ur-Ängsten und als zweifelhafte Bereicherung. Gesteigerter Sexualtrieb sowie vervielfachte Kraft als erstrebenswerte Attribute in einer von Perfektion und Grenzenlosigkeit geprägten Gesellschaft. Die Liebesgeschichte zwischen Seth und der jungen Journalistin Veronica wird sinnvoll ins Geschehen eingebettet ohne den Fokus - welcher zweifelsfrei auf der Wandlung Brundle's liegt - aus den Augen zu verlieren. Die musikalische Untermalung Shore's nimmt sich angenehm zurück und kontrastiert durch seine subtile Verwendung die überwiegend explizite Darstellung von Gewalt und Transformation. 

Cronenberg trifft mit der Schlusstat Brundle's den richtigen Ton für den Ausgang des Filmes. Die Einsicht der Wissenschaft wird uns als potenzieller Lösungsansatz geboten, offen wird jedoch gelassen, inwiefern die Schlusssequenz als Kritik am menschlichem Forschungs- und Entdecker-drang und die daraus resultierenden Folgen gedeutet werden kann/soll. Zwar war eine Koexistenz zwischen der "Brundle-Fliege" und seinem gewöhnlichem Umfeld offensichtlich nicht möglich, trotzdem waren die Vorzüge der Mutation deutlich sichtbar. Und so lässt sich Cronenberg's "The Fly" schlussendlich auch als Kritik in die andere Richtung deuten.

8.5/10