Wenn die Zeit im Raum gefriert: Harry
und Hermine tanzen in einem Zelt. Die Musik von Nick Cave and the Bad
Seeds bäumt sich auf. Keiner dieser beiden Schauspieler spielt das
in diesem Moment ausgestellt bedeutungssschwanger, sondern genau so wie diese Szene gemeint ist:
als kleine, tröstliche Enklave des Glücks inmitten weltumspannender
Veränderungsprozesse. Das ist ganz große Klasse und zeugt von
einem Regisseur, der an weit mehr interessiert ist als den großen
Eckpfeilern der Buchvorlage. Es ist sowieso erstaunlich, wie wortkarg
dieser erste Teil des großen Franchise-Finales bisweilen durch seine
hoffnungslos gewordene Welt reist. Ständig müssen Harry, Ron und
Hermine damit rechnen, verraten zu werden; der Horkrux hat zu allem
Überfluss auch noch ähnliche Effekte wie jener Ring, der einst
Frodo und Sam eine beschwerliche Reise bereitete; auch er sät
Zwietracht und Misstrauen zwischen Menschen, die doch eigentlich
Freunde sind und wiegt schwer als Last, die es zu (er-)tragen gilt,
wenn man die Kräfte des Bösen zurückzudrängen versucht. Yates
scheint zuvorderst an der Beziehungsstruktur des zentralen Trios
interessiert zu sein und thematisiert immer wieder die Bürde
Potters, der Auserwählte zu sein, aber auch der Eifersucht anderer
darüber, es nicht sein zu können. Für eine Buchadaption nimmt sich
Yates viel unbesprochenen Raum, stattdessen wird vieles rein visuell
miterzählt - abseits von den erwartbaren "schönen"
Bildern irgendwelcher Landschaften vom Ende der Welt. Nein, wird
haben es hier mit einem Regisseur zu tun, der wirklich Lust hat auf
seine Figuren und ihre Spannungsfelder. Nur ganz selten wird der
zurückhaltende Score von Desplat bemüht - etwa in den kurzen,
unvermittelt einsetzenden Gefechtssituationen, die überhaupt keine
Anstalten machen, irgendwelchen ominösen Erwartungen an eine
festgeschriebe Dosis Spektakel nachzukommen. Der Film ist von einer
stetig präsenten Hoffnungslosigkeit durchzogen, weil er sich in der
komfortablen Situation wiederfindet, eben nur das Vorspiel zu einem
großen Finale liefern zu müssen. Insofern kann man der
Entscheidung, das letzte Buch in zwei Teile zu untergliedern, nur
begrüßen, hat es uns doch diese wunderbare filmische Anomalie
beschert.
Montag, 26. März 2018
Sonntag, 18. März 2018
"Harry Potter and the Half-Blood Prince" [UK '09 | David Yates]
Tatsächlich der beste Teil der Reihe
und das nicht einmal nur wegen seines tollen emotionalen Finales.
Fast alle Figuren der Filme bekommen hier mehr Profil: Dumbledore und
dessen detektivische Suche nach einem Erinnerungsfragment vertieft
die Mentor-Schüler-Beziehung zu Potter, der eigentlich stets
doof-platte Bully Draco trägt einen glaubwürdigen Gewissenskonflikt
durch den Film und Snapes Geheimnis wird angedeutet, ohne es
endgültig aufzulösen. Auch die vielen romantischen Anbahnungen
stören nicht, im Gegenteil: so passiert zumindest mal etwas zwischen
den sonst so blassen Hogwarts-Schülern. Das wird zum Beispiel am
neuen Love Interest Ginny sichtbar, die anders als die eher devote
Cho die Rolle einer Verführerin einnimmt. Yates scheint in seinem
zweiten Beitrag zum Universum ziemlich genau zu wissen, wohin er mit
den Filmen gehen möchte und malt die Welt zunehmend in Grautönen -
das passt und mutet bisweilen so an, als erstarrten die Bilder zu
Gemälden. Sogar das sinnlose Quidditch sieht nicht mehr komplett
beschissen aus. „Der Halbblutprinz“, der auch sogleich die
interessanteste Figur der Vorlagen zum Titel hat, macht auch endlich
unmissverständlich klar, was in der Bedrohung durch Voldemort und
seine Gefährten alles auf dem Spiel steht. Der Film endet damit auf
einer ähnlich düsteren Note wie seinerzeit „Revenge of the Sith“,
der mit dem Untergang einer freien Weltordnung die Grundlagen für
die aufkommende Rebellion gelegt hatte.
Mittwoch, 14. März 2018
"Das Mädchen mit dem Perlenohrring" [US, UK, LX '03 | Peter Webber]
[...] Im abgeschlossenen Raum des Ateliers scheint der Determinismus der
Ständegesellschaft für wenige Augenblicke überwunden. Die Kunst
legitimiert die Begegnung der Schichten nicht nur, sie stellt auch den
Raum der Begegnung bereit. Sie erlaubt die Aufhebung der Distanz, die im
Hausflur noch gewahrt werden muss. Asymmetrisch bleibt die zärtlich
geschilderte Beziehung zwischen Vermeer und Griet natürlich dennoch:
Stand und Geschlecht sind selbst im Prozess des Kunstschaffens nie ganz
vergessen; Vermeer ist der Malende, Griet die Gemalte. Sein Blick
bestimmt ihre Repräsentation. Die Kunst kann die Konventionen seiner
Zeit vielleicht kurzzeitig beiseiteschieben, bleibt aber gleichzeitig
immer in ihnen verhaftet. Für Griet besteht die Aussicht, Wissen über das
Kunsthandwerk zu erlangen, das ihr sonst verwehrt blieb. Die
Begegnung mit Vermeer erlaubt ihr einen alternativen Blick auf die
Welt, den sie niemals einnehmen darf. „Das Mädchen mit dem
Perlenohrgehänge“ ist deshalb sicher kein Ausdruck einer
Fremdermächtigung, sondern eher einer großzügigen, paternalistischen
Geste. Und doch manifestiert sich gerade dort das Phantasma, dem ein
ganz ungeheurer Wunsch zugrunde liegt: die Auflösung der
Ständegesellschaft und damit all jener Barrieren, die die Berührung
verhindern.
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Dienstag, 6. März 2018
"Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" [UK '04 | Alfonso Cuarón]
Den bereits im Vorgänger aufkommenden,
und logischerweise den Vorlagen geschuldeten, düsteren Grundtenor
intensiviert "The Prisoner of Azkaban" weiter, bereichert
die Reihe aber darüber hinaus mit vielen klugen Entscheidungen.
Cuarón lässt den Schauspielern grundsätzlich mehr Zeit, indem er
Einstellungen schlichtweg länger laufen lässt, statt sie wie die
Vorgängerfilme andauernd mit Reaction-Shots oder
Stellvertreter-Staunen zu malträtieren. Das entspannt den Film nicht
nur rein strukturell, sondern spielt vor allem den jungen
Schauspielern zu, die hier nochmal einen deutlichen Sprung im Vergleich zu den
Vorgängerfilmen machen. Mit Professor Lupin (verkörpert vom
wundervollen David Thewlis) kann der Film zudem eine der
interessanteren Figuren des Potter-Kosmos inszenieren und gibt diesem
folgerichtig viel Raum. Dessen Konfrontation mit seinen eigenen
Dämonen koppelt sich dabei sinnig mit den aufkommenden adoleszenten
Ängsten seiner Schüler. Dass das wendungsreiche Finale diesen erst
zum Bösewicht und dann zur tragischen Figur umdichtet, erscheint da
nur logisch. Dass auch „The Prisoner of Azkaban“ - wie jeder
andere Twist-intensive Film - mit jeder neuen Sichtung (spätestens
nach der zweiten) eher verliert, denn gewinnt, liegt wohl einfach in
der DNA der Geschichte, die immerhin den gröbsten
Zeitreise-Paradoxien gekonnt aus dem Weg geht.
Samstag, 3. März 2018
Zuletzt gesehen: Februar 2018
"Menschen am Sonntag" [DE '30 | Curt Siodmak & Robert Siodmak] - 4/10
"A Bronx Tale" [US '93 | Robert De Niro] - 5/10
"Attack on Titan" [JP '17 | Season 2] - 5/10
"The Marvelous Mrs. Maisel" [US '17 | Season 1] - 7/10
"Hell or High Water" [US '16 | David Mackenzie] - 5/10
"Night Moves" [US '13 | Kelly Reichardt] - 5/10
"Papa Gold" [DE '11 | Tom Lass] - 6/10
"Kaptn Oskar" [DE '13 | Tom Lass] - 6/10
"Baby" [DE '02 | Philipp Stölzl] - 5/10
"Wicked City" [JP '87 | Yoshiaki Kawajiri] - 6/10
"The Shape of Water" [US '17 | Guillermo del Toro] - 6/10
"Three Billboards Outside Ebbing..." [US '17 | Martin McDonagh] - 6/10
"Harry Potter and the Sorcerer's Stone" [UK '01 | Chris Columbus] - 6/10
"Harry Potter and the Chamber of Secrets" [UK '02 | Chris Columbus] - 4/10
"Mission: Impossible" [US '96 | Brian De Palma] - 5/10
"Bad Banks" [DE '18 | Staffel 1] - 5/10
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