Dienstag, 11. Februar 2020

Umarmungen - "Gemini Man" [US '19 | Ang Lee]


Allerlei herzliche Umarmungen. Hier wird sich geknuddelt als gäbe es kein Morgen mehr. Alte Freunde, neue Freunde, das vergangene Ich – jeder bekommt Liebe. Das ist ebenso schön, wie die Idee hinter dem Film, eine produktive Begegnung mit dem früheren Ich zu initiieren, um so die inneren Monologe filmisch sichtbar zu machen. Leider klingen diese Monologe abgedroschen und verstehen sich kaum auf die philosophischen Qualitäten der Prämisse. Will Smith spielt seine Rolle derweilen genauso, wie er ernste Rollen seit zwanzig Jahren spielt. Eine wirkliche Verletzlichkeit möchte ich ihm jedenfalls nicht glauben, ebenso wenig seiner Fresh-Prince-Variante aus dem PC (sogar eine Anspielung auf eben diese Rolle wird sich nicht verkniffen). Die Action dieses Actionfilms ist leider ebenfalls unterentwickelt, vieles passiert digital, nicht selten hässlich digital. Statt den Hyper-Realismus der Bildrate auch auf der konzeptionellen Ebene fortzuführen, in der Art von Soderberghs „Haywire“ und dessen großartig choreographierten Kämpfen womöglich, scheint sich „Gemini Man“ in der Konkurrenz gegenwärtiger Blockbuster zu wähnen. Auch die Argumentation des vermeintlichen Bösewichts (Clive Owen) ist viel besser als es der Film sich offenbar selbst eingestehen möchte. Stattdessen muss sich im absurden Happy Ending wieder ausgiebig geknuddelt werden und kein Doppelgänger-Gag wird liegen gelassen. Das ist – so cheesy und altbacken es anmutet – dann fast schon wieder schön.

Samstag, 1. Februar 2020

Erinnerungen an die Flimmerkiste, oder: Warum wir uns das Intro anschauen sollten

Am Anfang einer Serie oder eines Filmes stehen die Namen ihrer Erschaffer. Hier zollt das Kunstwerk, das Produkt, der Content (jeder nehme sich, was er verdient hat) jenen Tribut, denen es seine Existenz verdankt. Serien-Intros beinhalten in aller Regel den Theme-Song, die Erkennungsmelodie einer Sendung, dem Jingle in einer Werbesendung gleich. Das musikalische Thema einer Serie ist wie ein Anker in der Erinnerung des Zuschauers. So wie die Musik die Träumer aus „Inception“ wieder in die Realität zurückholt, werden sie in der Erinnerung an die Serie wieder in den Traum zurückversetzt. - Oder so ähnlich. Folgt mir in die Erinnerungen an meine TV-Vergangenheit oder nutzt den "Nostalgie-Blödsinn-Überspringen-Button", um direkt zum letzten, garantiert Nostalgie-freien Kapitel vorzuspringen.

Nostalgie-Fetischismus

Manchmal, nach einiger Zeit etwa, werden die Theme-Songs der eigenen medialen Sozialisation Bestandteil eines gemeinschaftlichen Happenings, eines seltsamen nostalgischen Rituals. Zum Beispiel am Silvesterabend, wenn die Raketen gestartet sind und die Böller explodiert. Wenn man kraftlos in den Seilen hängt, aber noch genügend Kraft findet, um die Songs einer gemeinsamen Fernseh-Vergangenheit mit Inbrunst zu intonieren. Dann ergeht man sich in einer nostalgischen Vorstellung davon, wie es einmal war, als man noch bei den Eltern wohnte und Mittags nach Hause kam, um ein bisschen Hausaufgaben zu machen und ein bisschen (viel) Fernsehen zu glotzen. Bis Muttern nach Hause kam und gefragt hat, wie lange man schon dort sitzt, auf dem Sofa, auf der Flimmerkiste wird gerade eine Leiche gefunden und ein junger Detektiv fahndet nach ihrem Urheber, und man schwindelt ein wenig und Muttern weiß das, aber sagt nichts. Und manchmal gibt’s Fernsehverbot, aber das nützt nichts, denn dann fährt man zu Oma und schaut dort Fernsehen und kriegt Gutfried-Wurst und Süßigkeiten und Tee mit so viel Zucker, dass der Löffel aufrecht stehen bleibt. So zumindest die Erinnerung.


Jedenfalls singt man diese Lieder am Silvesterabend mit seinen Freunden und faselt irgendwas von Monster fangen und catch 'em all und Digitationen und so weiter und so fort. Und man geht auf YouTube und geht auf die Suche nach den Intros der Serien dieser gemeinsamen TV-Vergangenheit. Man geht auf die Suche nach Erinnerungen. Und natürlich liegt an diesem Abend auch Schwermut in der Luft, denn diese Zeit ist vorbei und sie wird nie wiederkommen und das Intro, das man gerade schaut, ist auf irgendeine bittersüße Weise mit all diesen Dingen verbunden. Und da sind Superkämpfer mit blondierten Haaren, die sich kilometerweit in Berge kloppen; das glimmende Rot am Anfang, dann der Drachenball und das Versprechen all die geheimsten Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Und dann dieses Lied, dieses sinnlose Chala - Head – Chala, das man sich auf dem Pausenhof vorgesummt hat, weil es nichts cooleres gab und niemals etwas cooleres geben könnte als diese Serie, dieses Intro, dieses Lied.

Andere Serien waren da zeitloser und nicht derart auf die eigene nostalgische Sentimentalität angewiesen. Shows wie „Hey, Arnold“ schnippten lässig zum Saxophon des Intros, schlenderten durch ein schockierend grausiges New York City und lassen eine TV-Erinnerung heute mit anderen Augen sehen, ohne in Fremdscham auszubrechen. Ganz ähnlich verhält es sich mit „Doug“, die Serie um einen schüchternen Jungen, sein Tagebuch und das Erwachsenwerden. Dessen Intro beginnt mit einem weißen Blatt Papier, einem Stift, der Gott-gleich aus dem Nichts eine erste Linie erschafft und plötzlich steht Doug auf dem Plan. Anschließend sieht man dessen Freunde, mit so seltsamen Namen wie Skeeter Valentine (wobei es sich bei Skeeter lediglich um einen Spitznamen handelt, sein wirklicher Name lautet Mosquito), Patti Mayonnaise oder Roger Klotz (das ist der Jock, der Bully, in Lederjacke und mit hochgegelten Haaren). 

 
Das lässige Lied dieses Intros schien zu sagen „nimm's mal etwas lockerer Doug, alles wird gut“ und Doug schaute sich nervös um und schrieb in sein Tagebuch. Er schrieb von seiner heimlichen Liebe zu Patti und was er in den Begrenzungen einer 20-Minuten-Episode alles gelernt hatte. Und vielleicht, aber wirklich nur vielleicht, war man selber so abhängig von dieser Serie und seinen Geschichten, dass man in der fünften Klasse in einem Aufsatz zum kreativen Schreiben einfach eine Folge davon nacherzählte, mit allen Dialogen und ganz bestimmt nicht in der Form eines Theaterstücks, sondern so wie Kinder eben nacherzählen. Und vielleicht gab es auf diesen Aufsatz, der eigentlich ein Plagiat war, eine Fünf.

Vergangenheit und Zukunft - die Renaissance des Fernsehens

Die sogenannten Qualitätsserien des nun verlautbarten Golden Age of Television, das Quality-TV, dessen Keimzelle der Kabelsender HBO war (wenngleich sich darüber sicherlich streiten lässt), hatten Intros, die die Themen der Serie bereits deutlich filmischer dachten. Vielleicht so filmisch wie die Macher von „Cowboy Bebop“, die ihre Serie mit einem stilvollen, altmodischen Intro veredelten. Hier wurde das Intro, wie es schon im Kino lange zuvor praktiziert wurde, aber dann zusehendes vergessen, zu einer eigenen Kunstform erhoben - man denke als Referenz nur an Hitchcocks meisterhaftes Intro zu „Vertigo“ oder "Psycho", dessen Titelkarte noch vor seiner Protagonistin brutal zerschnitten wurde. Beide Intros wurden vom Pionier der Filmtitel-Gestaltung, Saul Bass, arrangiert, der auch das stilbildende Intro zu Otto Premingers „The Golden Arm“ zu verantworten hatte. Aber auch Hitchcock selbst experimentierte schon zu Stummfilm-Zeiten mit Titelkarten (siehe: „The Lodger“), was wenig überrascht angesichts der Tatsache, dass er selber als Titelkarten-Designer im Filmgeschäft begonnen hatte, bevor er zum vielleicht prägendsten Regisseur aller Zeiten aufsteigen sollte.


Thomas Edison, eigentlich Pionier im Bereich der Elektrifizierung durch Glühbirnen, aber auch Unternehmer und Filmproduzent mit eigenem Studio (sowie Patentinhaber eine der ersten Filmkameras überhaupt), setzte schon früh vor seinen Produktionen Filmkarten ein, um darauf seinen Urheberrechtsanspruch am Spielfilm geltend zu machen. Schauspieler-Namen wurden auf diesen frühen Titelkarten jedoch nicht genannt - ganz im Gegenteil: es wurde sogar ganz bewusst auf eine namentliche Nennung verzichtet, um die Darsteller unbekannt zu halten und damit steigende Lohnforderungen dieser zu umgehen, die mit deren steigender Popularität zu erwarten gewesen wären. Die Geschichte des Intros ist also, natürlich, eine große Erkenntnis ist das nicht, auch immer eine Geschichte des Kapitalismus.*

*ab den 50er Jahren wurde dann standardmäßig jeder Beteiligte am Spielfilm namentlich genannt
 
Man denke auch für einen Augenblick an „Seven“, dessen Titel-Sequenz von Kyle Cooper gestaltet wurde, und David Fincher als einer der wenigen gegenwärtigen Filmemacher, der dieser vergessenen filmischen Form auch im Mainstream noch einen Raum gibt. Das Qualitätsfernsehen sorgte womöglich für eine Renaissance dieser verschollen gegangenen Kunstform, mit Tony Soprano ließ sich über die Straßen New Jerseys cruisen und dabei die Aussicht genießen, bei „The Wire“ wurden die Themen der Serie über Großaufnahmen auf die in der ersten Staffel zentrale Abhörtechnik in einer Montage verdichtet.


Die HBO-Produktion „True Detective“ machte beispielsweise den Double-Exposure-Effekt (wieder) populär, also die gezielte Projektion eines Bildes auf das andere. Dadurch entstehen fast surrealistisch anmutende Bildkreationen. Mittlerweile hat sogar die Werbeindustrie, oder vielleicht gerade diese, diesen Effekt für sich entdeckt und ausgiebig davon Gebrauch gemacht. In den Werbepausen von Tennis-Matches sieht man den Effekt in Spots für exotische Urlaubsziele oder Uhrenmarken aus der Schweiz. „True Detective“, jedenfalls, holte das Okkulte, das Mythenhafte, das Unterbewusstsein der Südstaaten bis in sein Intro. Da werden Bilder in die Köpfe der Protagonisten projiziert, und das sind die Topographien ihrer Alpträume, ihrer Traumata, da werden Bilder auf Landschaften projiziert, und das ist die Vergangenheit, oder die Erinnerung daran, mit der diese Orte beladen sind. Der Effekt erlaubte es der Serie, ihre Themen noch vor dem ersten gesprochenen Worten ästhetisch, das heißt motivisch, anzudeuten und den Zuschauer gleichermaßen auf sie vorzubereiten. Die Erzählung beginnt dadurch schon mit dem Intro und nicht erst danach.

Teen-Kitsch und weitere Peinlichkeiten

Doch das ist schon wieder viel zu gut. Viel interessanter wird’s in der zweiten Reihe, in den schwerelos schwebenden Köpfen mittelklassiger Schauspieler oder der besonders bei Telenovelas und Soap Operas beliebten, dramatischen Drehung zur Kamera hin. Angesichts der überwältigenden Anzahl an Seifenopern (allein in Deutschland, aber auch im Soap-Opera-süchtigen Mittel- und Nordamerika dürfte sich einiges addieren) könnte dies sogar die am weitesten verbreitete Machart für TV-Intros generell sein. Auf dem mittlerweile leider eingestellten YouTube-Kanal „Gute Arbeit Originals“ wird ganz gut deutlich, nach welchem Schemata diese Intros funktionieren. 


Besonders eingebrannt hat sich bei mir allerdings das Intro zu einer ganz anderen Serie: „Smallville“, die Prequel-Serie zum Mann aus Stahl. „Somebody save me“ klingt es da und „ja bitte, rette diesen Nachmittag“ klang es zurück. Die Namen der Schauspieler haben sich bis heute eingebrannt, wenngleich es keinem der Schauspieler gelang, über die langlebige Serie hinaus besondere Aufmerksamkeit zu generieren. Die größte Aufmerksamkeit generierte dabei noch ein Skandal um die Verstrickung zweier Darstellerinnen der Serie in eine als multi-level-marketing-company getarnte Sekte, die ihre Mitglieder mit Brandzeichen markierte (hier sei der Podcast „Escaping NXVIM" empfohlen). Apropos: Lex-Darsteller Michael Rosenbaum macht mittlerweile Podcasts.

Aber zurück zum Intro: da sind Gesichter, die erwartungsvoll zur Kamera blicken, sehnsuchtsvoll, vielleicht ein bisschen verwirrt. In der aufleuchtenden Schrift lag das Versprechen, für eine Stunde in Kansas zu sein, in den Cafés, den Fluren der Highschool – im Herzen Clarks, der unbedingt das Herz von Lana erobern wollte, und gleichsam unbemerkt von Chloe belagert wurde. Echter Kitschnudel-Salat vom Feinsten.

Schön pixelig, da fühlt man sich doch direkt in die 90er zurückversetzt

Eine andere Serie führte uns bis in die Schlafzimmer der Jugendlichen. Dort wurde Fernsehen geschaut, kommentiert von einem Filmnerd, der die Worte eines Filmnerds in den Mund gelegt bekam. Und da ist eine Gruppe Jugendlicher, die einfach nur am Strand herumtorkeln und verliebt sind und dann wieder nicht und dann ganz traurig und dann wieder alles ganz von vorn. Und dann erst dieser unglaublich süße Blick von Katie Holmes im Intro, wenn sie lächelnd die Augen verdreht und man sitzt nur dort und möchte ins Kissen beißen vor lauter, Entschuldigung, cuteness. Das Intro vermittelt einem in konzentrierter Form, was die Serie jenen bedeutet haben muss, die sie zum Zeitpunkt ihrer Ausstrahlung regelmäßig verfolgten.

„I don't want to wait for our lives to be over, I want to know right now, what will it be? I don't want to wait for our lives to be over, Will it be yes or will it be... sorry?“

Interessanterweise wurden einige Songs, die in der TV-Veröffentlichung noch zu hören waren, in der DVD-Auswertung aufgrund der hohen Kosten für die Lizenzen der Original-Songs ausgetauscht – darunter auch der Intro-Song von Paula Cole, welcher durch Jann Ardens „Run Like Mad“ ersetzt wurde. Die Dringlichkeit jugendlicher Vorstellungswelten bringt dieses Intro, in seiner originalen Vertonung, auf den Punkt, aber auch die sentimentale Schwermut, die einen wohl zwangsläufig ereilt, wenn man dort sitzt, am Pier und und das Wasser schwappt und die Sonne langsam dahingeht.

Warum nun dieser Text? – Ein Plädoyer 


Der eigentliche Grund für diesen Text liegt beim Streaming-Dienst Netflix und seiner Umgangsform mit den Vor- und Abspannen seiner Inhalte. Schaut man sich dort eine Serie an, scheint nach wenigen Sekunden ein Button auf, der es einem erlaubt, das Intro zu überspringen. Beim Abspann ist diese Handlungsoption sogar überhaupt nicht mehr vorhanden, hier wird der Abspann augenblicklich zu einem kleinen Fenster minimiert, die Namen sind nicht mehr lesbar (je nach Größe des Fernsehgeräts natürlich) und der Rest des Bildschirms wird mit einer Werbung für einen weiteren Netflix-Inhalt bespielt.

Diese Praxis scheint man sich von den privaten Fernsehsendern abgeschaut zu haben, die auch keine Sekunde Sendezeit darauf verwenden, den Abspann zu zeigen. Ehe man auch nur realisiert hat, dass man am Ende der Sendung angelangt ist, findet man sich dort schon wieder in einer Werbepause wieder. Angetrieben werden diese Funktionen natürlich von der gleichen wirtschaftlichen Prämisse, die auch die algorithmischen Strukturen von Video-Plattformen wie YouTube fundamental bestimmen: jede Sekunde, die der User auf der Plattform verbringt, ist Geld. Jede Sekunde, die nicht darauf verwendet wird, Inhalte zu konsumieren (statt zu reflektieren) ist eine Sekunde, die keine wertvollen digitalen Daten produziert.

Der Intro-überspringen-Button steht nicht zufällig auf einer Plattform zur Verfügung, auf der mit der ersten Staffel „House of Cards“ das sogenannte „binge watching“ möglicherweise erfunden, jedenfalls aber populär gemacht wurde. Denn das binge watching ist genau das: der kontinuierliche, nicht abreisende Konsum von Fiktion, die völlige Versenkung in einer Geschichte über einen längeren Zeitraum hinweg. Paradoxerweise ist dies das genaue Gegenteil von dem, was das Format einst versprach: ein Wiedersehen mit alten Bekannten, ein ständiger Begleiter, ein Ritual, das die Woche strukturiert. Eine Serie zu bingen ist also vielleicht eher mit dem „binge reading“ eines Romans zu vergleichen. Und als solche rezeptive Erfahrung ist sie sicherlich auch nichts neuartiges.

Für Netflix ist das Intro lediglich eine Störung, der Abspann nur der Augenblick, zur nächsten Episode, zum nächsten „content“ zu schalten. Und natürlich machen diese Funktionen gerade hier Sinn. Dahinter liegt eine Ideologie des dauerhaften Konsums. Die überall grassierende Spoiler-Phobie verhindert die gemeinsame Reflexion sowieso die meiste Zeit, also schaut jeder seine Serien und Filme in seinem eigenen Tempo. Das Intro entstammt also einer Zeit, in der die Übermoderne und seine Beschleunigungseffekte noch nicht derart umfassend unser Rezeptionsverhalten verändert haben. Mit der zunehmenden Beschleunigung des eigenen Sehverhaltens wird Zeit scheinbar - im ökonomischen Sinne natürlich überhaupt nicht scheinbar – kostbarer.

Aber das ist es nicht. Nicht wirklich. Denn mehr noch als reine Respektsbekundung gegenüber den Machern eines Filmes oder einer Serie oder als verzweifelte Form antikapitalistischen Widerstands sollten wir uns den Vor- und Nachspann aus eigenem Interesse ansehen. Denn das Schwarz, das auf das letzte Bild folgt, wie auch das Intro, das wir bereits etliche Male gesehen haben, schult das eigene Sehen. Und es positioniert sich gleichsam gegen eine Ideologie des dauerhaften, unreflektierten Konsums und erobert sich kleine Inseln der Selbstbefragung zurück. Im wiederholten Sehen des Intros schärfen wir unseren Blick für Details, geben uns Raum, die eigenen Erwartungen zu sortieren. Im zumeist schlichten Abspann kann das Gesehene dann verarbeitet und kritisch hinterfragt werden, vielleicht auch einfach nur die Empfindungen empfunden werden, die der Film oder die Serie in uns ausgelöst hat. Und vielleicht ereilt uns im Schwarz des Abspanns sogar ein fruchtbarer Gedanke, scheinbare Kleinigkeiten erlangen Bedeutung, scheinbare Großartigkeiten werden unter dem kritischen Blick wieder rissig. So wird aus dem passiven Konsum vielleicht wieder ein bewusster, reflektierter Umgang mit den Fiktionen unseres Alltags – und durch unseren Umgang das Fernsehen und das Kino wieder ein kleines bisschen... geiler.