Zu Beginn der ersten Episode schaut
doch tatsächlich sexy Sixpack und „Lost“-Bad-Boy Josh Holloway
als arroganter Blutsauger vorbei, ehe er von Angel eine ordentliche
Tracht Prügel verpasst bekommt und entsetzt zu Staub zerfällt. Mich
hat's gefreut, schließlich war Sawyer im Rennen um Herzdame Kate
immer mein Sieger der Herzen gewesen. Nach einem Traum von
Titel-Sequenz und weiteren Episoden beschlich mich dann jedoch
allmählich der ungute, vage Verdacht, mit der Spin-off-Serie „Angel“
lediglich an der „Buffy“-Reste-Rampe angekommen zu sein: Wesley
(Alexis Denisof) fungiert offenbar als Giles-Ersatz, mimt tapfer den
Briten und überwirft sich ebenso wie dieser im moralischen
Gewissenskonflikt mit der Watcher's Council, um in der Folge Opfer
ihrer Machenschaften zu werden. Auch er emanzipiert sich vom loyalen
Befehlsempfänger zum, nunja, loyalen Angestellten. Ein bisschen zu
einfach macht man es sich leider auch damit, über seine steifen
britischen Manierismen und betont alberne Slapstick-Momente billige
Lacher zu ernten. Denn das haben die Whedon-Produktionen eigentlich
immer vermieden: ihre Figuren vorzuführen.
Vor Wesley verabschiedet sich jedoch
zunächst einmal der irische Dämonen-Hybrid Doyle (Glenn Quinn ) in
der neunten Episode mit einer finalen, heroischen Tat aus der Serie.
Dieser hatte bis dahin die Credits und die Seite Angels geschmückt,
also schien eigentlich klar: eine neue Hauptfigur. Darf man dem
Internet glauben schenken, war das überraschende Ausscheiden dieser
Figur weder der Drogensucht des Darstellers (die ihn 2002 endgültig
abtreten ließ), noch einem Disput mit dem Cast geschuldet, als
vielmehr einer frühen Idee Whedons, die in „Buffy“ noch am
Budget scheiterte und nun ein für alle Mal klarmachen sollte, dass
eine Credit-Nennung noch lange nicht vor dem Sterben schützt –
hätten wir das also auch gelernt. Die Figur des Doyle ist übrigens
gleichzeitig ein Vehikel für ein neu eingeführtes erzählerisches
Mittel. Dessen regelmäßigen Visionen sind es nämlich, die den
narrativen Ausgangspunkt für die Episoden bilden, die hauptsächlich
einer Monster-of-the-week-Struktur folgen.
Mit dem Tod Doyles lebt dieses Element
in Cordelia (Charisma Carpenter) fort, die in der Scooby-Gang keinen
Platz mehr fand, die Whedon aber nicht loslassen wollte. Sie ist der
Funken, der die Begegnungen mit den rationalen (Wesley) und stillen
(Angel) Männern in der Detektei auflodern lässt. Sie ist die
hedonistische Lebensfreude, die zickige Drama-Queen, die die Lust am
Dasein für kleine, kostbare Momente auf ihre Mitstreiter zu
übertragen vermag – und damit auch auf den Zuschauer. Sie ist der
unangebrachte, und deswegen so wunderbare Witz an der falschen Stelle
und damit das bestimmende Gegenpol zur titelgebenden Hauptfigur.
Diese taucht die Serie vor allem in einen bestimmenden Farbton:
Schwarz.
Angel markiert das Gravitationszentrum
der Serie ohne Szenen grob an sich zu reißen. Er ist mit seinem
schleichenden, geschmeidigen Gang bei gleichzeitiger physischer
Präsenz und der kindlichen Unschuld mit der er versucht sich in den
Brennpunkten sozialen Miteinanders zurecht zu finden, die Konstante
im Untergang und gleichzeitig der Ursprung aller Tragik. Und David
Boreanaz spielt die Gesten und Blicke dieser Figur mit solch einer
Beiläufigkeit, so bescheiden und stumm, dass dessen raren Ausbrüche
aus seiner Rolle zugleich absolute Höhepunkte markieren -
beispielsweise wenn sich in „Sense and Sensitivity (Ep. 6)
emotionale Ausbrüche wie eine Epidemie verbreiten („You both
withdraw when I go vamp. I feel you judge me.“) oder im J.D.
Tagtraum-Moment beim Tanz plötzlich alle Stricke reißen (Ep. 13).
Der Einfall
von Figuren aus der Haupt-Serie fühlt sich bei diesem
harmonisch-disharmonischen Trio wie ein störender Eindringling und
Fremdkörper an. Das Auftauchen von Buffy zeigt beispielsweise auf
eindrucksvolle Weise wie sehr sich Sympathien mit dem Wechsel der
erzählenden Perspektive verändern können. Auch der kurze Auftritt
einer wenig ergiebigen, weil viel zu simpel durchpsychologisierten
Anti-Helden-Figur wie Faith (Eliza Dushku) hält
die Serie vor allem im Dienste des Fan-Service auf, statt „Angel“
auch an der Figurenfront endgültig eigenständig Fuß fassen zu
lassen. Wie das aussehen kann, zeigen bemerkenswerte Episoden wie
„I've Got You Under My Skin (Ep. 14), die innerhalb einer
offenkundigen „Exorzist“-Hommage mit vielen, kleinen oder
größeren Wendepunkten operiert und die Erwartungshaltung eines
pop-kulturell geschulten Publikums laufend unterwandert. Der finale
Schlussgag – der Dämon versucht der leeren, apathischen Hülle
seines vermeintlichen Opfers zu entfliehen und nicht andersherum –
beweist, wie selbstbewusst sich die Serie in den Traditionen des
(mythischen) Horrorfilms zu bewegen vermag - wenn sie nur will.
Leider bleiben das Ausnahmen in einer an Highlights armen ersten Staffel, die an den Spannungsfeldern zwischen den Figuren und essenziellen Interessenskonflikten viel zu selten interessiert ist und stattdessen mittelmäßige Faustkämpfe serviert. Hier wünsche ich mir mehr Mut zum verrückten Humor, zum figural getriebenen Drama und zum Diskurs um Vampirismus und seine Implikationen, die an der tragischen Angel-Figur doch so wundervoll fassbar werden.
Leider bleiben das Ausnahmen in einer an Highlights armen ersten Staffel, die an den Spannungsfeldern zwischen den Figuren und essenziellen Interessenskonflikten viel zu selten interessiert ist und stattdessen mittelmäßige Faustkämpfe serviert. Hier wünsche ich mir mehr Mut zum verrückten Humor, zum figural getriebenen Drama und zum Diskurs um Vampirismus und seine Implikationen, die an der tragischen Angel-Figur doch so wundervoll fassbar werden.