Einer dieser Streifen, bei
dem man zu jedem Moment spürt, dass sich etwas bewegt, windet und
sträubt. In den Figuren toben die Gefühle, die sie theatralisch die
Gesichter verziehen lassen - wie bei jedem Kazan. „Fieber im Blut“
(oder der wunderbare Originaltitel „Splendor in the Grass“) ist
zwar in vielerlei Hinsicht Coming-of-Age und bleibt ausnehmend
adoleszenten Perspektiven verpflichtet, vermittelt jedoch
gleichzeitig zwischen den Generationen. Das macht die Figuren
ambivalenter und ihre Konstellationen interessanter. Zudem inszeniert
er wahnsinnig präzise ins Detail: die Männer im Anzug, die wie ein
ausgehungertes Wolfsrudel dem betrunkenen Blondchen auf den Parkplatz
folgen, die sich schließende Tür im Büro des Psychologen, die
plötzlich als Kameramaske den Blick auf Deanie komprimiert oder die
tuschelnden Eltern am linken Bildrand und Deanie im Vordergrund auf
der Veranda, unruhig nach hinten blickend. Kazan gibt den Blick
entweder frei oder versperrt ihn, aber immer sind seine Figuren
getrieben, werden erdrückt und sind von Eltern umgeben, die ihren
Kindern die Luft zum atmen rauben. Und die mit Inbrunst errichteten
Ideale, die Werte der alten Welt wanken im Körper eines hinkenden,
ergrauten Patriarchen, der seinem Sohn die halbe Welt kaufen kann,
außer das was zählt. Dieser sieht im Mädchen seines Sohnes nur die
Trophäe, nur das Offensichtliche. Im sozialen Schnittpunkt Familie bricht wieder
einmal alles zusammen, weil der eine nur reden kann und der andere
nur zuhören darf. Die Doppelmoral kann nur unter dem Deckmantel der
Verrücktheit verlautbart werden, aus dem Munde einer Ausgestoßenen.
Sie nimmt die Wandlung der Deanie vorweg und reißt die Fassade etwas
ein. Sie startet die Revolution, die sich in den Protagonisten
schließlich vollzieht.
6.5/10