Mittwoch, 15. Januar 2020

Jahresrückblick 2019

Kurze Geschichte kurz: ich kam nicht mehr in meinen Google-Account hinein, jetzt bin ich wieder drin, deswegen gibt es jetzt einen Jahresrückblick. Es war schön. Qualität und Quantität haben in meinem Filmjahr geheiratet und das sind die wunderschönen Babys. Viel Vergnügen.

„Porträt einer jungen Frau in Flammen“ 
von Céline Sciamma 


Muss ich ein zweites Mal sehen. Mein Kopf war da, mein Herz blieb stumm. Manchmal ist das so. Ähnlich wie bei „Phantom Thread“ scheint dies ein Film zu sein, der mit jeder Sichtung wächst, der sich immer wieder befragen und untersuchen lässt und der einen doch immer wieder an einen anderen Punkt führt. PS: Vivaldi ging mir nie näher.

„Systemsprenger“ 
von Nora Fingscheidt 


Die kaum zähmbare Hauptfigur findet auch in der Form des Films Ausdruck. Trotz der Dokumentarfilm-Vergangenheit der Regisseurin geht diese extrem gestalterisch mit dem Material um und führt damit im besten Sinne zu einem auslaugenden, anstrengenden Filmerlebnis. In meiner Kino-Vorstellung konnte es sich eine gewisse Dame nicht verkneifen, den gesamten Film pädagogisch kommentierend zu begleiten - ich verlange die Höchststrafe!

„John Wick: Chapter 3 - Parabellum“ 
von Chad Stahelski 


Wenn Waffen und Körper zum Tanz bitten, möchte man nicht stillsitzen. Eines der schönsten Kinoerlebnisse überhaupt.

„Shoplifters“ 
von Hirokazu Kore-eda 


Nicht dieses Jahr, schon klar, aber Ende letzten Jahres erschienen, deswegen hier drin. In einer Szene ist die Familie am Strand, der Vater mit dem Sohn im Wasser und klärt diesen über Sexualität auf. Schöner, unaufgeregter, beiläufiger, lässiger geht es einfach nicht.

„Marriage Story“ 
von Noah Baumbach


„Typisches Oscar-Material“ ist erstmal überhaupt keine ernstzunehmende Kategorie von Kritik. Baumbach ist nicht nur ein sehr guter Autor, sondern auch ein sehr eleganter Filmemacher. Er ist auch nicht der neue Woody Allen, sondern einfach besser als dieser je war. Die „Blick-Regie“ wenn die beiden Parteien das Tor zum Grundstück zuschieben, die juristische Verhandlung, die von der Essensbestellung unterbrochen wird, die versehentliche Schnittverletzung, das Lesen eines Briefs, das Singen eines Liedes – mit den Lieblingsmomenten hätte ich den Film nacherzählt.

„Upgrade“ 
von Leigh Whannell 


Zugegeben, Whannell hat sich nach „Insidious: Chapter 3“ (ohne den Film gesehen zu haben) vermutlich nicht sofort verdächtig dafür gemacht, mal auf irgendjemandes Bestenliste für irgendwas zu landen. Aber es ist passiert. Nach dem tollen „The Invitation“ beweist Hauptdarsteller Logan Marshall-Green ein weiteres Mal ein sehr gutes Händchen für kleine Genre-Perlen und läuft seinem Look-alike Tom Hardy mittlerweile fast schon den Rang ab. Über den Film möchte ich überhaupt nichts verraten. Nur so viel: er ist gut.

„Dragged Across Concrete“ 
von S. Craig Zahler 


„Der Preis für den schönsten Filmtitel des Jahres steht schon mal fest.“ […]

„The Sisters Brothers"
 von Jacques Audiard 


„Eine kurze Pause vom ewigen Gereite und Geschieße, ein erleichtertes Ausatmen, eine heiße Badewanne. Eine Pause vom dem, was erwartet wird, aber nur kaputt macht. Eine Pause vom Western.“ […]

„Parasite“ 
von Bong Joon-ho

 
Selten einen so konzentrierten Film gesehen, der der konkreten künstlerischen Vision seines Machers derart nahezukommen scheint. Vor allem beweist Bong Joon-ho, dass die vermeintlichen Gräben zwischen Genre, Mainstream und Kunstkino nichts als selbst-induzierte Illusionen sind. „Parasite“ wird überall gefeiert, völlig zu Recht.

„Galveston“ 
von Mélanie Laurent


Die arme Laurent hat vergangenes Jahr nicht nur die heiße Mieze für Chauvi Michael Bay geben müssen, sie durfte auch diese sehr traurige, sehr tolle Romanverfilmung drehen. --->

„Eighth Grade“ 
von Bo Burnham 


„In den Komplikationen des Alltags, den Hürden zwischenmenschlicher Kommunikation, in den schmerzhaften, aber zugleich Glück verheißenden Annäherungen an den Anderen, sucht Burnham nicht zuvorderst die Lacher, sondern einen gemeinsamen Nenner in den verwirrenden, ängstigenden Erfahrungen des Menschseins.“ […]

„Ad Astra“ 
von James Gray 


Brad Pitt in einer seiner besten Rollen. Kleine Kritik kommt noch.


Bitte nicht vergessen (erweiterter Kreis)
„Border“ von Ali Abbasi
„American Factory“ von Steven Bognar & Julia Reichert
„Midsommar“ von Ari Aster
„The Lighthouse“ von Robert Eggers
„The Irishman“ von Martin Scorsese
„Psychobitch“ von Martin Lund
„Once upon a Time … in Hollywood“ von Quentin Tarantino
„Amazing Grace“ von Alan Elliott & Sydney Pollack
„Climax“ von Gaspar Noé
„The Favourite“ von Yorgos Lanthimos
„Asche ist reines Weiß“ von Jia Zhangke

2 Kommentare:

  1. Da sind einige dabei, die auch ich sehr gern gesehen habe. "Upgrade" war für mich wohl eine der positivsten Überraschungen, weil ich da mit so ziemlich gar nichts gerechnet hatte. Lunds "Psychobitch" ist ebenfalls gut bei mir eingeschlagen. Und "Ad Astra", der vielerorts eher verhalten rezensiert wurde, macht auf einigen Ebenen Spaß - visuell und natürlich musikalisch (Richters Melodien sind famos).

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  2. Gerade "Upgrade" und "Psychobitch" (zweiterer vielleicht auch wegen des Titels) sind leider sehr untergegangen. Schön, dass ihnen noch jemand etwas Aufmerksamkeit zuteil werden lässt.

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