Julia Roberts ist von einem anderen
Stern. Wie sie dort steht, mit dem festen Schritt und dem Blick, fest
auf ihn gerichtet. Wie sie strahlt, auch wenn sie weint. Wie sie
strahlt, wenn sie ein herzliches Lachen imitiert. Denn das kann
niemand so gut wie sie. Sie strahlt bis in die hintersten Sitzreihen
hinein, erhellt die finstersten Ecken und Winkel, in die sich der
Zyniker gerne zurückzieht, um nicht erhellt zu werden. Gleichzeitig
fühlt man sich auf intimste Weise mit ihr und ihrem Schicksal
verbunden. Das ist auch das Unheimliche an einer großen
Schauspielerin wie sie eine ist. Wir möchten ihr alles glauben,
wissen aber um die Illusion des Kinos, die sie uns vergessen macht.
Und kaum jemand belügt uns so charmant wie sie. In einer Szene
tuckert sie mit ihrem besten Freund (er heiratet in wenigen Tagen
eine andere, sie ist nach wie vor in ihn verliebt) auf einem
Fährschiff einen Fluss hinunter. Die Kamera muss für diese Szene
überhaupt nicht viel machen, sie nimmt die Darsteller lediglich in
die Nahaufnahme und lässt die Stadt im Hintergrund vorbeiziehen -
die Szenerie ist bereits hinreißend genug. Die Musik glaubt in
diesem Moment große Gefühle evozieren zu müssen, schwillt an und
ab, dabei sind alle Zutaten längst beisammen, alle Dinge von
Bedeutung, die diese Szene vermitteln soll, ganz deutlich erkenn- und
spürbar, in die Gesichter eingeschrieben, den Worten konnotiert.
Kurz vor der Hochzeit hinterfragt er
seine Entscheidung, wagt mit ihr einen Blick zurück auf ihre frühere
Beziehung. Es ist der perfekte Augenblick für sie, ihm ihre Liebe zu
gestehen - im Moment seines Zweifelns. Doch sie schweigt und der
Augenblick zieht vorüber. Mit ihnen verstummt die Musik. Ihr Freund
beginnt zu singen, ihren Song, den alten, „The Way You Look
Tonight“ von Tony Bennett. Und Mensch, könnte das kitschig sein.
Doch die Reduktion der Geräuschkulisse, die Farbpalette, die
fehlenden Weichzeichner machen das fast schon zu einer Verschmelzung
von Classical und New Hollywood; klassisch in seinem Sentiment, im
Drang, in der Musik den absoluten Ausdruck zu finden (heute wird viel
zu wenig gesungen), aber geerdet in seiner filmischen, seiner
ästhetischen Haltung. Es ist jener Augenblick unerfüllter
Sehnsucht, die im Gesicht von Roberts einen Ausdruck findet, ohne
sich in einer großen Geste verraten zu wollen. Es ist nur eine
Träne, die sich augenblicklich wieder aus dem Gesicht gewischt wird,
um die Illusion aufrecht zu erhalten. Dann lächelt sie wieder und erhellt damit jeden finsteren Winkel - auch wenn sie eigentlich weinen möchte. Ja, gerade dann strahlt sie am hellsten.
„Some day, when I'm awfully low
When
the world is cold
I will feel a glow just thinking of you“
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