Sonntag, 19. Januar 2020

Julia Roberts - "My Best Friend's Wedding" [US '97 | P. J. Hogan]


Julia Roberts ist von einem anderen Stern. Wie sie dort steht, mit dem festen Schritt und dem Blick, fest auf ihn gerichtet. Wie sie strahlt, auch wenn sie weint. Wie sie strahlt, wenn sie ein herzliches Lachen imitiert. Denn das kann niemand so gut wie sie. Sie strahlt bis in die hintersten Sitzreihen hinein, erhellt die finstersten Ecken und Winkel, in die sich der Zyniker gerne zurückzieht, um nicht erhellt zu werden. Gleichzeitig fühlt man sich auf intimste Weise mit ihr und ihrem Schicksal verbunden. Das ist auch das Unheimliche an einer großen Schauspielerin wie sie eine ist. Wir möchten ihr alles glauben, wissen aber um die Illusion des Kinos, die sie uns vergessen macht. Und kaum jemand belügt uns so charmant wie sie. In einer Szene tuckert sie mit ihrem besten Freund (er heiratet in wenigen Tagen eine andere, sie ist nach wie vor in ihn verliebt) auf einem Fährschiff einen Fluss hinunter. Die Kamera muss für diese Szene überhaupt nicht viel machen, sie nimmt die Darsteller lediglich in die Nahaufnahme und lässt die Stadt im Hintergrund vorbeiziehen - die Szenerie ist bereits hinreißend genug. Die Musik glaubt in diesem Moment große Gefühle evozieren zu müssen, schwillt an und ab, dabei sind alle Zutaten längst beisammen, alle Dinge von Bedeutung, die diese Szene vermitteln soll, ganz deutlich erkenn- und spürbar, in die Gesichter eingeschrieben, den Worten konnotiert.

Kurz vor der Hochzeit hinterfragt er seine Entscheidung, wagt mit ihr einen Blick zurück auf ihre frühere Beziehung. Es ist der perfekte Augenblick für sie, ihm ihre Liebe zu gestehen - im Moment seines Zweifelns. Doch sie schweigt und der Augenblick zieht vorüber. Mit ihnen verstummt die Musik. Ihr Freund beginnt zu singen, ihren Song, den alten, „The Way You Look Tonight“ von Tony Bennett. Und Mensch, könnte das kitschig sein. Doch die Reduktion der Geräuschkulisse, die Farbpalette, die fehlenden Weichzeichner machen das fast schon zu einer Verschmelzung von Classical und New Hollywood; klassisch in seinem Sentiment, im Drang, in der Musik den absoluten Ausdruck zu finden (heute wird viel zu wenig gesungen), aber geerdet in seiner filmischen, seiner ästhetischen Haltung. Es ist jener Augenblick unerfüllter Sehnsucht, die im Gesicht von Roberts einen Ausdruck findet, ohne sich in einer großen Geste verraten zu wollen. Es ist nur eine Träne, die sich augenblicklich wieder aus dem Gesicht gewischt wird, um die Illusion aufrecht zu erhalten. Dann lächelt sie wieder und erhellt damit jeden finsteren Winkel - auch wenn sie eigentlich weinen möchte. Ja, gerade dann strahlt sie am hellsten.

„Some day, when I'm awfully low
When the world is cold
I will feel a glow just thinking of you“

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