Freitag, 14. September 2012

"The Thing" [US '82 | John Carpenter]

1982, als der Hype um Ridley Scott's „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ allmählich verklungen war und Spielberg's „E.T. - Der Außerirdische“ zum Kassenschlager avancierte, schien kein Platz zu sein für einen Carpenter und seine Interpretation vom Horror aus dem All. Die Idee eines alles auslöschenden, parasitären Fremdlings war nicht weiter originär und der Erfolg von „E.T.“ machte es deutlich: „The Thing“ musste zwangsläufig floppen, der Zeitgeist war ein anderer. 

Der Faszination des Alls wurde durch Scott's wegweisendes „Alien“-Projekt zwar endgültig die Unschuld genommen und der Science-Fiction-Horror war längst Mainstream-tauglich geworden, jedoch weckte Spielberg mit seinem Familienabenteuer anscheinend verborgene Sehnsüchte nach einer Rückkehr zu jenen Zeiten, als das All noch ausschließlich als Schauplatz für groß angelegte Space-Operas und bombastische Sternenkriege fungierte. Größere Aufmerksamkeit erweckte „Das Ding aus einer anderen Welt“ (dt. Titel) erst Jahre später, als sich die auf dem '51 erschienenen „The Thing from another World“ beruhende Neuinterpretation in Fankreisen langsam als Geheimtipp etablierte. Seitdem genießt Carpenter's Body-Horror Kultstatus und gilt neben dem Slasher-Genre-begründenen „Halloween“ als Carpenter's einflussreichste Arbeit im Horrorgenre.


„The Thing“ ist ein weiterer Beweis dafür, dass sich wirkliche Qualität und die absolute Hingabe eines Regisseurs für das zugrundeliegende Sujet, früher oder später durchsetzt und angemessen honoriert wird („Blade Runner“ gilt heute als Meilenstein). Fernab generischer Einheitsmixturen und unverblümter Exploitations-Orgien, schuf John Carpenter seine ganz eigene, unverwechselbare Version von „The Thing from another World“, bettet das Geschehen in eine klug gestaltete, aber nie überfrachtete Szenerie ein und stellt dem bösartigen Eindringling – wie Scott es schon bei „Alien“ tat – eine Gruppe rational denkender und überlegt agierender Wissenschaftler gegenüber. Ein Duell, das mehr oder weniger auf Augenhöhe stattfindet und dem von klischiert-blöden Teenie-Slashern frustrierten Publikum eine enorme Identifikationsfläche bietet. So bleibt das Verhalten der ungewohnt großen Darsteller-Riege nicht nur fortwährend wohl überlegt, sondern erfährt auch eine glaubwürdige Entwicklung, die von den ersten Opfern und der zunehmenden Paranoia herrührt. 

Die Kontingenz der Geschichte, zum einen bedingt durch die Tatsache, dass mit Kurt Russell zwar eine Figur eine gewisse Zentrierung erfährt, jedoch fortdauernd der Bestandteil eines Kollektivs bleibt, sowie die ersten Todesfälle und deren scheinbare Willkür, sorgen für ein immenses Spannungsgefühl. Es gebührt Carpenter schon einiges an Respekt, dass es ihm selbst nach dem etwas zu frühen Auftritt des außerirdischen Parasiten gelingt, regelmäßig den nötigen Suspense zu evozieren, um im nächsten Moment wieder durch die brachial-eklige Maskenarbeit gänzlich andere Akzente zu setzen.

„The Thing“ spielt nicht – wie „Alien“ in seinem ersten Abschnitt – mit dem Verborgenen, mit der Fantasie des Rezipienten also, sondern bleibt – sich der Kommunismus-Parabel des Originals vollkommen entledigt – ein überraschend simpler und direkter Horrorspaß, der jedoch allzu schnell zur etwas platten Effekte- und Maskendemonstration gerät. Carpenter zeigt zwar abgerissene Hände, glitschige Organe und skurril gestaltete Fleischhaufen, jedoch kommt der berühmte Horror im Kopf oftmals zu kurz. 

Der US-Amerikaner versäumt es, sich die Fantasie des Zuschauers zu Nutze zu machen, sondern macht das Unvorstellbare sichtbar. Carpenter zeigt alles, was es zu zeigen gibt und beraubt „The Thing“ damit um einiges an Potenzial. Denn anstatt mit den Erwartungen des Zuschauers zu spielen, gängige Genre-Mechanismen gekonnt auszuhebeln, sowie ab und an auf die Vorstellungskraft des Zuschauers zu setzen, konzentriert sich Carpenter in erster Linie auf ein zwar wenig subtiles, aber immer noch eindrucksvolles Gekröse. Das ist unterhaltsam, kreativ gestaltet sowieso und fast durchgängig atmosphärisch in Szene gesetzt, aber nie all seine Möglichkeiten ausschöpfend. Dennoch bleibt mit „Das Ding aus einer anderen Welt“ ein Horrorfilm, der - überraschend gut gealtert und noch heute visuell beeindruckend - völlig zu Recht in den Kreis der bekanntesten Genre-Klassiker gezählt werden darf und bis heute (vermutlich) nichts von seiner ursprünglichen Faszination verloren hat.  

7/10

4 Kommentare:

  1. "The Thing" zählt zu meinen Lieblingsfilmen des Gespanns Carpenter/ Russell. Ich finde es beachtlich, was damals, nur mit handwerklichem Geschick, für beeindruckende Effekte produziert werden konnten. Davon ab fand ich den Streifen, speziell im ersten Durchlauf, auch sehr spannend. Auf jeden Fall nicht zu unrecht so bekannt und beliebt.

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  2. Sehe ich ähnlich. Zu viel Bottin-Matsch, zu viel Extrem, zu viel Genre (wobei Carpenter wirklich konsequent vorgeht im Dichten einer ALIEN-Antithese, die es vorzieht, in einem Kammerspiel alles zu enthüllen). Das Ende könnte heute allerdings gar nicht mehr im Mainstreamkino verwendet werden, das würde auf dem Schneidetisch landen. Das, was dir an THE THING fehlt, sollte dir dann in ASSAULT munden. ;)

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    1. Stimmt, "Assault" ist ja auch 'nen Carpenter. Muss ich mir bald mal anschaffen...

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  3. Das Ding ist Klasse, aber Assault ist noch
    Klasser :) !!!!
    Grüße Klaus

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