Cotillard gleitet nicht, fliegt nicht
anmutig, treibt nicht sehnsuchtsvoll dahin. Cotillard kriecht auf
allen Vieren, hängt kraftlos in den Seilen, schleppt sich von
Haustür zu Haustür, die Hoffnung längst an den rostigen Nagel
gehängt. Einmal buckeln und betteln, dann wieder aufraffen, dann
nochmal alles von vorne, aber bitte nett dabei. Täglich grüßt das
Murmeltier. Die Depression sitzt noch im Nacken, macht die Schultern
schwer und trübt den Verstand, der durch die glasigen Augen ohnehin
nichts zu erkennen vermag. Und depressiv macht „Zwei Tage, eine
Nacht“ auch. Tief depressiv. Solidarität ist so ein schönes Wort,
wenn es Leute in Anzügen über die Flimmerkiste verbreiten oder auf
Wahlplakate schreiben. Cotillards Figur, ein geprügelter Hund, der
uns auf eine moderne Odyssee mitschleift, die einem am liebsten
erspart bleiben würde, darf sich erniedrigen, den Kopf einziehen und
doch irgendwie versuchen Haltung zu wahren. Ihre Reise und ihre
Begegnungen machen traurig und hoffnungsvoll zugleich, die meiste
Zeit aber zuvorderst wütend auf System und Leute. Und doch selbst so
ahnungslos dabei.
8/10
War nicht so ganz mein, hab es aber generell nicht so mit den Dardennes. Den Jungen mit dem Fahrrad fand ich zum Beispiel furchtbar. Den Plot von dem hier fand ich nach der Hälfte der Laufzeit im Grunde auch schon sehr redundant. Man hat es nach ein paar Minuten ja bereits begriffen. Aber generell doch auch wieder etwas charmant in all seiner Reduziertheit.
AntwortenLöschenIch finde nicht, dass das ein Plot-getriebener Film ist. Stattdessen ermöglicht ihm die eher redundante Struktur einen Querschnitt an Charakteren aus der Arbeiter- und Angestelltenschicht abzubilden und damit eine Breite an Lebenswirklichkeiten zugägnlich zu machen - das finde ich sehr clever gewählt. Gerade die Rendundanz - der abermalige und abermalige Gang zu ihren Kollegen, um um ihren Job zu betteln - ist es ja gerade, was diese Odyssee so schmerzhaft und eindrücklich macht.
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