Sonntag, 21. Dezember 2014

"The Woodsman" [US '04 | Nicole Kassell]

Ein Film, der vieles anreißt, andeutet, aber wenig vertieft oder durchexerziert vor uns ausbreitet - und das ist okay, weil er ein Thema anstößt, zu dem bis heute weder Antworten noch Lösungen gefunden wurden. Eine Gesellschaft, die sich schwer tut, über die Opfersituation hinaus, auch die des Täters zu akzeptieren und der Möglichkeit, dass manchmal beides beisammen liegt. Pädophilie auch als Krankheit zu begreifen mag schmerzhaft sein, und weniger einfach, aber sie bereitet womöglich den Weg für Hilfe für alle Seiten. Ein filmisches Essay, das dieses Thema fernab strikter Realismus-Normen chiffriert ins Rollen bringt, aber weder wertet, noch zu einem Ende führt. Alle Figuren vereinen sich in Bacon, alles kreist um ihn: der Polizist als wachsamer, rationaler Schutzengel, die Freundin als ein Ausdruck der Vergebung – vor allem sich selber gegenüber -, das kleine Mädchen, in dem sich die eigene Versuchung, doch dem Drang nachzugeben, widerspiegelt und der blonde Unbekannte, „Candy“ genannt, als physische Manifestation der Auseinandersetzung mit den inneren Dämonen. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Effektivität therapeutischer Methoden und ob es der Integration ehemaliger Sexualstraftäter nicht zuträglich wäre, das gesellschaftliche Umfeld einfach im Unglauben zu lassen (wolltest du mit einem Pädophilen zusammenarbeiten?), weil unmittelbare, emotional verblendete Reaktionen einer Verbesserung der Situation solcher Leute (und der Aussicht sie wirklich so etwas wie „Heilung“ widerfahren zu lassen) nur leidlich zuträglich wäre. All diese Dinge spricht „The Woodsman“ an, manchmal, aber wirklich nur manchmal mit dem Holzhammer, mit Spaß an einer eigenen filmischen Sprache und durchweg überzeugend, gar wunderbar unkonventionell gespielt, nicht zuletzt von Bacon als repressiv-getriebener, pädophiler Ex-Häftling Walter. Ernst zu nehmende Beiträge zu diesem schwierigen Thema sind rar gesät, „The Woodsman“ ist einer von ihnen. 

6.5/10

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