Ein Film, der vieles anreißt,
andeutet, aber wenig vertieft oder durchexerziert vor uns ausbreitet
- und das ist okay, weil er ein Thema anstößt, zu dem bis heute
weder Antworten noch Lösungen gefunden wurden. Eine Gesellschaft,
die sich schwer tut, über die Opfersituation hinaus, auch die des
Täters zu akzeptieren und der Möglichkeit, dass manchmal beides
beisammen liegt. Pädophilie auch als Krankheit zu begreifen mag
schmerzhaft sein, und weniger einfach, aber sie bereitet womöglich
den Weg für Hilfe für alle Seiten. Ein filmisches Essay, das dieses
Thema fernab strikter Realismus-Normen chiffriert ins Rollen bringt,
aber weder wertet, noch zu einem Ende führt. Alle Figuren vereinen
sich in Bacon, alles kreist um ihn: der Polizist als wachsamer,
rationaler Schutzengel, die Freundin als ein Ausdruck der Vergebung –
vor allem sich selber gegenüber -, das kleine Mädchen, in dem sich
die eigene Versuchung, doch dem Drang nachzugeben, widerspiegelt und
der blonde Unbekannte, „Candy“ genannt, als physische
Manifestation der Auseinandersetzung mit den inneren Dämonen.
Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Effektivität
therapeutischer Methoden und ob es der Integration ehemaliger
Sexualstraftäter nicht zuträglich wäre, das gesellschaftliche
Umfeld einfach im Unglauben zu lassen (wolltest du mit einem
Pädophilen zusammenarbeiten?), weil unmittelbare, emotional
verblendete Reaktionen einer Verbesserung der Situation solcher
Leute (und der Aussicht sie wirklich so etwas wie „Heilung“
widerfahren zu lassen) nur leidlich zuträglich wäre. All diese
Dinge spricht „The Woodsman“ an, manchmal, aber wirklich nur
manchmal mit dem Holzhammer, mit Spaß an einer eigenen filmischen
Sprache und durchweg überzeugend, gar wunderbar unkonventionell
gespielt, nicht zuletzt von Bacon als repressiv-getriebener,
pädophiler Ex-Häftling Walter. Ernst zu nehmende Beiträge zu
diesem schwierigen Thema sind rar gesät, „The Woodsman“ ist
einer von ihnen.
6.5/10
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