Hinter herrlichen Herbstfarben bröckelt
die Fassade. Natürlich ist hinter der Eierschale nicht alles
perfekt. Sexualität will entdeckt werden, oder wiederentdeckt, weil
man zwischendurch die Lust am Körper des Bettnachbarn verloren hat.
Oder die Lust auf sich selbst und das Leben, das um einen kreist;
das man konstruiert hat, arrangiert, perfekt, aber endlich, weil man
dachte, dass es so sein muss und womöglich immer so sein würde.
Dass du so sein musst. Wahre Experten gibt es hier nicht; höchstens
jene, die ihre Sache schon dreißig Jahre lang falsch machen. Und
alle sind irritiert, verunsichert, unschlüssig darüber, ob das okay
ist oder nicht; was die Grenzen sind, was geboten und was verboten.
Der Kopf des betäubten Schwarms zwischen den Beinen, das Begutachten
eines fremden Geschlechtsteils mit der Wissensbegierde eines
Kittelträgers, weil das Blut noch lange nicht überall zirkuliert
oder der ungelenke Quickie im Auto mit der Ehefrau des Mannes, der
komatös in seinem Badezimmer weilt. Gleiches mit gleichem vergelten.
Funktioniert nicht. Hat es nie. Auch diesmal nicht. Ang Lee dreht
einen Film über die Lust in uns und das, was Liebe bedeutet, was
geht und was nicht. Der Regen erstattet keine Absolution und eröffnet
auch keine Aussicht auf Erlösung. Es ist nur Regen, kondensiertes
H2O, das in tausenden Höhenmetern zu Eiskristallen gefroren ist und
nun herabrieselt. Der Weg liegt noch vor ihnen (© Punsha), aber ein erster
Schritt ist getan: Katharsis.
7/10
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