Mittwoch, 24. Dezember 2014

"Der Eissturm" [US '97 | Ang Lee]

Hinter herrlichen Herbstfarben bröckelt die Fassade. Natürlich ist hinter der Eierschale nicht alles perfekt. Sexualität will entdeckt werden, oder wiederentdeckt, weil man zwischendurch die Lust am Körper des Bettnachbarn verloren hat. Oder die Lust auf sich selbst und das Leben, das um einen kreist; das man konstruiert hat, arrangiert, perfekt, aber endlich, weil man dachte, dass es so sein muss und womöglich immer so sein würde. Dass du so sein musst. Wahre Experten gibt es hier nicht; höchstens jene, die ihre Sache schon dreißig Jahre lang falsch machen. Und alle sind irritiert, verunsichert, unschlüssig darüber, ob das okay ist oder nicht; was die Grenzen sind, was geboten und was verboten. Der Kopf des betäubten Schwarms zwischen den Beinen, das Begutachten eines fremden Geschlechtsteils mit der Wissensbegierde eines Kittelträgers, weil das Blut noch lange nicht überall zirkuliert oder der ungelenke Quickie im Auto mit der Ehefrau des Mannes, der komatös in seinem Badezimmer weilt. Gleiches mit gleichem vergelten. Funktioniert nicht. Hat es nie. Auch diesmal nicht. Ang Lee dreht einen Film über die Lust in uns und das, was Liebe bedeutet, was geht und was nicht. Der Regen erstattet keine Absolution und eröffnet auch keine Aussicht auf Erlösung. Es ist nur Regen, kondensiertes H2O, das in tausenden Höhenmetern zu Eiskristallen gefroren ist und nun herabrieselt. Der Weg liegt noch vor ihnen (© Punsha), aber ein erster Schritt ist getan: Katharsis.

7/10

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