Verblüffend. Kein handwerkliches
Ausstellungsspiel, keine leeren Hochglanzbilder, kein Posing. Glazer
lässt seine Werbefilm- und Musikvideo-Vergangenheit
weit hinter sich, weil er versteht, dass das eine nur bedingt
mit dem anderen zu tun hat. Er inszeniert mit sicherer Hand, absolut
erstklassig, streckenweise atemberaubend, aber seine Inszenierung
dient einem Zweck. Schauspieler-Kino aller erster Güte ist das, in dem
Kidman als eigensinnige, zarte Schönheit auf den Spuren von Mia
Farrow wieder einmal beweisen darf, welch begnadete Schauspielerin
sie doch ist, während Danny Huston als Verlobter versucht im
Angesicht sich anbahnender Unordnung Contenance zu wahren, ständig
angetrieben oder entschleunigt vom wahnsinnig facettenreichen Score
eines Alexandre Desplat, der die innere Unruhe und Unordnung der Figuren musikalisch wiederspiegelt. Und Glazer führt alles zusammen, ordnet an, dirigiert.
Alles für das Gedankenspiel, alles für den Film. Leider fällt es
schwer sich wirklich empathisch den Figuren zu nähern, dazu sind sie
zu weit weg, zu unfassbar, fast parabolisch. Trotzdem sind die
Figurenkonstellationen interessant und die Dynamik, die mit dem
Auftauchen Sean's in Gang gesetzt wird. Er eröffnet sowohl einen
ungeschönten Blick auf den Verlobten (in einer wilden, großartigen
Szene festgehalten), als auch die psychische Labilität von Kidman's
Figur, die nach wie vor den tiefen Schmerz eines Verlustes in sich
trägt; ein Schmerz, der so tief ist, dass sie für die Aussicht auf
eine Rückkehr zum Status quo alle aufgebauten sozialen Strukturen,
ja ihr ganzes, perfekt arrangiertes Leben dafür fallenlassen würde.
"Birth" lebt von seiner tieftraurigen Protagonistin und der
Illusion eines Glücks, das nie gelebt werden kann. Die Optionen sind
eingeschränkt: Tod oder Unterwerfung? Hoffnung war gestern.
8/10
Mochte den Film überhaupt nicht, fand die Handlung bzw. die Figuren so unwahrscheinlich dämlich *schüttel*
AntwortenLöschenMhm, ich empfand die psychische Ausnahmesituation, die geschildert wurde und die Handlungen, die sich daraus ergaben eigentlich sehr nachvollziehbar. Hast du ein konkretes Beispiel?
LöschenEine Frau, die glaubt, dass ihr vor Jahren gestorbener Mann plötzlich als kleiner Junge wieder auf der Matte steht. Reicht das als Beispiel?
AntwortenLöschenIch weiß, dass man nicht von sich auf andere schließen soll/darf, aber alles hat Grenzen.
Finde ich als Idee faszinierend und eigentlich überhaupt nicht blöd. Spannend zu sehen an was sich Menschen nach einem Verlust zu klammern versuchen und wie schnell man sich selber wünscht, das sei doch alles wahr.
LöschenIch dachte wirklich, das auf dem Bild wäre Mia Farrow. o_O Verblüffend. Die Glazer-Filme muss ich noch unbedingt nachholen.
AntwortenLöschenGeht ja schnell. "Under the Skin" ist bislang mein Film des Jahres. Künstlerische Integrität at its best. Und mit viel Aufwand Glazer seine Projekte betreibt ist immer wieder ein Wahnsinn. Bei seinem letzten Film haben sie nach 7-monatiger Schneidezeit alles verworfen, und 10 Jahre hat er insgesamt (angeblich) dran gearbeitet - hat sich meiner Meinung nach gelohnt.
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