„Django Unchained“ macht Spaß, keine Frage. Er ist stark
inszeniert, überraschend witzig und Waltz rockt tatsächlich auch
den zweiten Tarantino in Folge. Gerade während des ersten Drittels
legt Tarantino ein ungeheures Maß an Tempo vor und differenziert
auch überaus passend zwischen zwei Formen der visuellen Gewalt.
Anschließend macht sich vor allem die immense Laufzeit von 160
Minuten, als auch diverse, ungewohnt schwache Drehbuch-Entscheidungen
bemerkbar. Darunter hat in erster Linie DiCaprio's seltsam gehemmt
geschriebener Antagonist zu leiden, der selten dem Anspruch einer
echten Bedrohung gerecht wird und gerade in den Szenen mit Waltz mehr
oder weniger deutlich den kürzeren zieht. Dieser ist sowieso eine
Sensation für sich und weiß der immer-präsenten Landa-Figur einige
neue Facetten hinzuzufügen.
Der Sklaverei als dunkles, historisches Kapitel weiß Tarantino
meistens mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu begegnen. Die
Auseinandersetzung bleibt zwar über die gesamte Laufzeit hinweg
oberflächlicher Natur, doch gerade in den richtigen Momenten nimmt
sich Tarantino's überbordende Inszenierung im richtigen Maße
zurück. Die Gewalt an Sklaven ist hier nüchtern und bitter, während
ihre Peiniger (eine von vielen Parallelen zu „Inglourious Basterds“) blutige Vergeltung erfahren. In gewisser Weise ist es
aber auch ein etwas billiges Vergnügen; Tarantino schürt gezielt
Empathie für die Opfer, baut klare Feindbilder auf und gibt uns
schließlich genau das, was wir sehen wollen. Der Zuschauer bleibt
unangetastet und Tarantino macht es ihm (zu) leicht, sich vom hier
gezeigten Rassismus zu distanzieren. Aber vielleicht ist genau das
sein Weg und solche Ansprüche bei dem hier gezeigten Fun-Splatter
unangebracht.
Unter der Orientierungslosigkeit des ungewohnt schwammig
geschriebenen Skripts hat schließlich auch das wunderbar
harmonierende Duo Waltz/Foxx zu leiden. Tarantino scheint nie so
wirklich zu wissen, wohin die Reise denn nun eigentlich gehen soll,
verbaut befremdliche Cameos, spult nur noch seinen größtenteils
fantastischen Soundtrack zu redundanten Splatter-Orgien ab und weiß
das fast vollkommene Fehlen einer wirklichen Bedrohung nie wirklich
zu kompensieren. „Django Unchained“ gerät zum Klischee, hakt nur
noch Stationen ab und mündet schließlich in einem ebenso
vorhersehbaren, wie gut zwanzig Minuten zu spät kommenden Showdown.
Doch keine Sorge: Es bleibt dennoch ein guter Film - aber eben auch
„nur“ ein mittelmäßiger Tarantino.
6/10
Oha, die erste durchwachsene Kritik, die ich lese. Werde mir in ein paar Monaten selbst ein Bild machen. Tarantinos Werke polarisieren ja auch mal ganz gerne...
AntwortenLöschenPolarisieren finde ich eigentlich weniger - kennt man die Tarantino-Filmographie, weiß man auch was hier auf einen zukommt und wird dementsprechend auch eher selten überrascht - auch ein Kritikpunkt (aber nicht der Genickbruch, dafür ist er dann doch zu gut.) :)
LöschenIch habe den Film im Kino gesehen.
AntwortenLöschenMittlerweile ist die erste Wut verflogen.
Inzwischen frage ich mich, ist es wirklich ein mittelmäßiger Tarantino oder ist Tarantino nicht in Wirklichkeit ein mittelmäßiger Regisseur, der zugegeben mit einigen Paukenschlägen in die Filmwelt eingetreten ist.
Meine Meinung würde den hier gebotenen Rahmen sprengen, vermutlich hat Mr. Tarantino die Behandung des Rassenthemas gut gemeint.
Aber gut gemeint ist eben oft das Gegenteil von gut.
Abgesehen davon, dass ich persönlich der Meinung bin, dass die Thematik zumindest in der hier präsentierten Form als Unterhaltungsfilm untragbar ist, bleibt von Django Unchained vor allem eines: gähnende Langeweile.
Und für mich die Erkenntnis, dass die Reflexität von Tarantino's Filmwelten vor allem den Mangel an eigenen Ideen kaschiert.
Manchmal lachen Menschen auch über ihre eigene Dummheit.