Ein wenig untergegangen zwischen Werken
wie „Fargo“ und den zum Kultfilm avancierten „The Big Lebowski“,
kam „The Man Who Wasn't There“ nicht die Beachtung zu, die er
eigentlich verdient hätte. So entpuppt sich die neunte Regie-Arbeit
der Coen-Brüder retrospektiv betrachtet wohl als eine der reifsten:
Die Hommage an den Film noir funktioniert sowohl auf der visuellen,
als auch auf der narrativen Ebene hervorragend. Nicht zuletzt, weil
mit Billy Bob Thornton die perfekte Besetzung für den wortkargen Mr.
Crane gefunden wurde. Dessen lakonische Gedankenstimme führt uns ein
in die Welt des Ed Crane – Mr. Nobody. Das minimalistische Spiel
durch Mimik und Gestik funktioniert in diesem Zusammenhang auch nur
durch den redseligen Off-Kommentar Thornton's.
Dieser ist es dann
auch, der das Tempo des Filmes bestimmt, mal melancholische, mal
nostalgische Töne anschlägt, das Geschehen bewertend passieren
lässt und dessen unterkühlte Kommentare die Wahrnehmung des
Zuschauers auf die uns gezeigte Welt entscheidend beeinflussen. Unser
Blick auf diese Welt ist der, des Ed Crane. Es wird uns keine
Möglichkeit geboten abzuwägen, zu vergleichen und eine eigene
Entscheidung zu fällen. Und so kommt es, dass leider auch unser
Verhältnis zu Ed Crane von jener Distanz geprägt ist, die seine
mal zynische, mal erfrischend ehrliche Erzähler-Stimme fortwährend
zu vermitteln versucht. Emotional involviert fühlt man sich selten
bis nie, zu wenig interessiert das Schicksal des Protagonisten. Die
Coen-Brüder scheinen es jedoch gerade darauf angelegt zu haben, zu
kalkuliert erscheint die Konzeption ihrer Figur. Empathie verspüren
wir selten, selbst das Finale lässt einen größtenteils kalt
zurück.
Vielleicht liegt der Fokus also viel
weniger auf der Person selbst, als auf dem, wofür diese Figur
fortwährend steht. Denn betrachtet man Ed Crane einmal
genauer, fällt auf, dass hinter Ed Crane nie mehr steckte als ein
Stereotyp, der sich sich seiner scheinbaren Wertlosigkeit als Teil
dieser Welt sogar bewusst schien. Tragik findet in dieser
Allgemeingültigkeit somit weniger Platz.
Auch visuell
funktioniert „The Man Who Wasn't There“ außerordentlich gut. Die
gelegentlichen Lichtspielchen und perfekt ausgeleuchteten Szenerien
wissen mit der limitierten Farbpalette perfekt zu arbeiten und
schaffen stellenweise eine Atmosphäre, die tatsächlich an die
amerikanischen Kriminalfilme der 40er und 50er erinnert.
Zweifelsfrei, die Ästhetik kann als Selbstzweck angesehen werden, da
sie augenscheinlich weder einen dramaturgischen noch einen
intendierten Zweck verfolgt und lediglich als Teil einer Hommage zu
funktionieren scheint, welche wiederum ebenfalls versucht über
fehlende emotionale Identifikationsmöglichkeiten und eine zähe
Dramaturgie hinwegzutäuschen, doch hinter den ruhigen Schnitten, der
klassischen Musik und der kargen Schwarz-Weiß-Ästhetik verbirgt
sich vielmehr als bloß eine technische Hommage an ein einzelnes
Genre.
Die Coens sind reifer geworden, sowohl in ihrem Umgang mit den
agierenden Darstellern, als auch in der Art und Weise der
Inszenierung. „The Man Who Wasn't There“ ist ein
Dialog-intensives Meisterstück, das sich ganz seinem überragenden
Hauptdarsteller und dem restlichen Ensemble (großartig: James Gandolfini) widmet. Das ist nicht
immer so spektakulär und witzig wie „Fargo“ und auch nicht so
kultig in seiner gewöhnlichen Figuren-Zeichnung, sondern eher zurückgenommen, unscheinbar, wahrhaftig. Wie Mr. Crane.
7.5/10
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