„Hunger“ löst bei mir ambivalente
Gefühle aus: Einerseits möchte ihm seine Daseinsberechtigung als
Plädoyer für Menschenrechte gar nicht absprechen und ich erachte es
auch für überaus wichtig eine solche – global eher weniger
Beachtung findende Thematik – anzusprechen, andererseits komme ich
nicht umhin „Hunger“ am Ende des Tages schlichtweg als langweilig
zu bezeichnen. Das fängt an bei McQueen's völligem Missverständnis
von langen Kameraeinstellungen (Flur-Wisch-Szene) und hört
bei dessen offensichtlicher Annahme auf, man könne Betroffenheit in
erster Linie durch schockierende Gewaltdarstellungen evozieren. Und
dass regelmäßige Close-Ups nicht automatisch emotionale Nähe
generieren, sollte dem britischen Regie-Debütanten eigentlich auch
klar sein.
Dass „Hunger“ auf visuellem
Standpunkt zu jeder Sekunde zu überzeugen weiß, scheint dem Briten jedoch klar zu sein: Jede Einstellung sitzt, jede Kamerafahrt ist
wohl überlegt und in gewisser Weise haben dessen Aufnahmen von
vollgeschissenen Gefängniszellen eine ganz eigene, obskure Schönheit
inne. McQueen hat ein Gespür für Beobachtungen, für
Kleinigkeiten, für vermeintlich triviale Dinge, die unter seinem
Zusammenspiel von Bild und Ton eine völlig neue Definition von
Schönheit erfahren.
Doch genau hier liegt auch gleichzeitig der größte Schwachpunkt in seiner Regie und in seiner deklamatorischen Inszenierung: Denn was der Brite audiovisuell zu schaffen vermag, versäumt er auf der narrativen Ebene. Seine Bilder sind immer mehr Gemälde, denn Mittel zum Zweck, seine teilweise arbiträren Bildfolgen erinnern bisweilen an Fotografie-Montagen und erfüllen keine Funktion hinsichtlich der filmischen Dramaturgie. Seine Bilder erzählen keine Geschichte, sondern zelebrieren in sich in ihrer eigenen Perfektion. McQueen's Bilder bleiben leider ebenso oberflächlich wie seine Charaktere, die scheinbar willkürlich eingeführt und wieder fallengelassen werden. Daran kann auch keine 17minütige Plansequenz etwas ändern, zumal diese den Eindruck einer leidlich interessanten und zur unnötigen Überlänge breitgetretenen Stammtisch-Diskussion erweckt.
Doch genau hier liegt auch gleichzeitig der größte Schwachpunkt in seiner Regie und in seiner deklamatorischen Inszenierung: Denn was der Brite audiovisuell zu schaffen vermag, versäumt er auf der narrativen Ebene. Seine Bilder sind immer mehr Gemälde, denn Mittel zum Zweck, seine teilweise arbiträren Bildfolgen erinnern bisweilen an Fotografie-Montagen und erfüllen keine Funktion hinsichtlich der filmischen Dramaturgie. Seine Bilder erzählen keine Geschichte, sondern zelebrieren in sich in ihrer eigenen Perfektion. McQueen's Bilder bleiben leider ebenso oberflächlich wie seine Charaktere, die scheinbar willkürlich eingeführt und wieder fallengelassen werden. Daran kann auch keine 17minütige Plansequenz etwas ändern, zumal diese den Eindruck einer leidlich interessanten und zur unnötigen Überlänge breitgetretenen Stammtisch-Diskussion erweckt.
Fassbender wandelt derweil auf den
Spuren von Christian Bale („The Machinist"): Mit zwanzig Kilos weniger auf den Rippen, spielt dieser den ersten Hungerstreikenden
und das bekannte IRA-Mitglied Bobby Sands. Doch wo Bale seine
physisch extreme Figur auch schauspielerisch extrem gut auszufüllen
wusste, bleibt Fassbender zunehmend ausdruckslos. Ihm fehlt es an
jener Präsenz, die von einem Trevor Reznik ausging. Im fehlt es an
jenem Blick, der bereits die Schmerzen, sowohl physisch als auch
psychisch erahnen ließ. Fassbender artikuliert zwar die Endwürdigung
und McQueen weiß diese auch visuell schockierend und explizit
darzustellen, doch beiden mangelt es an Feingefühl und an der
nötigen Subtilität. Was bleibt ist ein perfekt gefilmtes,
sicherlich auch schockierendes und wichtiges Debüt, das leider
jeglicher Emotionalität entbehrt und leider allzu oberflächlich
bleibt. Schade.
5/10
Gott sei Dank jemand der den genauso langweilig fand. Kann dir durchgehen zustimmen, durchgehend!
AntwortenLöschenBis auf die Stammtisch- und Fassbenderkritik sehe ich das genauso, hab mich vielleicht sogar nicht wirklich getraut in der Bewertung noch tiefer zu gehen. Schön, dass du es stattdessen getan hast. :) Bei der Flurwisch-Sequenz musste ich auch die Augen verdrehen ...
AntwortenLöschen"Shame" ist in dieser Hinsicht aber in jedem Fall besser, da seine für ihn typischen minutenlangen Kameraeinstellungen im Gegensatz zu "Hunger" dort einen emotionalen Draht zu den Figuren schaffen, Nähe aufbauen und letztlich auch überhaupt nicht langatmig wirken. Auch wenn mir das Ende dort überhaupt nicht gefiel, gib den Mann mal bitte noch nicht auf. ;)
@Paul: :)
AntwortenLöschen@Lars: Keine Angst, ich gebe den Kerl ganz bestimmt nicht auf, denn in meiner Rezension gab es ja auch eine Menge Positives. "Shame" werde ich mir beizeiten natürlich auch noch anschauen. Wollte den im Kino sehen, aber in meiner Nähe hat den niemand im Programm gehabt. :)