Samstag, 22. Dezember 2018

"Polizeiruf 110: Tatorte" [DE '18 | Christian Petzold]

In seinen ersten beiden Beiträgen zur Polizeiruf-Reihe ließ Petzold noch erahnen, welche Chancen seine Mitwirkung an diesem Format bergen könnte. Wo sich seine Idee vom Film nicht mit den zu Konventionen erstarrten Strukturen des Krimi-Formats vereinbaren lässt, ergeben sich spannende Reibungspunkte und damit vielerlei Möglichkeiten zur Subversion. „Kreise“ und „Wölfe“ kommentierten die deutsche TV-Landschaft, so wie sie es gleichermaßen verstanden, darüber hinauszuweisen. Die Romanze zwischen Hans von Meuffels und Constanze Hermann installierte Petzold auf Kosten des Krimi-Plots mindestens gleichberechtigt, in „Wölfe“ experimentierte er zudem mit den expressiven Bilderwelten des deutschen Stummfilms. Im dritten Film, Abschluss der von Petzold verantworteten Polizeiruf-Trilogie und Abschied von Matthias Brandt in seiner Kommissaren-Rolle, ist das Drehbuch-Rascheln allerdings lauter geworden. Damit einhergehend ist Meuffels mehr denn je Sprachrohr seines Regisseurs. Andauernd gibt es einen Schlaumeier-Kommentar, eine korrigierende Bemerkung oder ein genervtes Ausatmen. Mit den Methoden der neuen Partnerin werden nämlich gleichsam die filmischen Methoden des Subjets kritisiert. Wenn diese auf Zwischenfragen ihres Vorgesetzten wartet, stößt sie lediglich auf Stille, wenn sie dessen Tathergangs-Rekonstruktion mit dem Smartphone zu filmen versucht, verliert er endgültig die Fassung. „Tatorte“ ist die postmoderne Dekonstruktion des 20:15-Uhr-Krimis und dabei ebenso neunmalklug wie unaufrichtig. Petzold scheint sich streckenweise sogar an seinem eigenen Film zu langweilen und trägt seine Abscheu über Meuffels offen zur Schau. Maximal zynisch ist auch der Abgang seiner neuen Partnerin, deren Tod lediglich Bewandtnis für die Charakterentwicklung des Kommissars hat. Der darf dann mit seiner Herzdame selig in einem schlechten Laurel und Hardy-Sketch schwelgen und alles ist gut. Wäre es stattdessen nicht Subversion genug gewesen, den Sendeplatz mit einem guten Film zu okkupieren? Und all Kritik dadurch zu äußern, es einfach besser zu machen als diejenigen, die man kritisiert?

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