Im Kern der Geschichte verbirgt sich
ein fatales Missverständnis: Samuel (Robert Pattinson) will seine
Angebetete aus den Fängen eines Kidnappers befreien, um sie dann an
Ort und Stelle zur Frau zu nehmen. Doch diese hat, wie lästig, ihren
ganz eigenen Willen. Die Damsel aus „Damsel“ möchte nämlich gar
nicht gerettet werden. Stattdessen will sie einfach nur in Ruhe ihr
Leben leben und hofft, ihr Glück in der Ehe
gefunden zu haben - wären da nicht all die aufdringlichen Männer,
die sich immer noch in den Zeiten eines John Wayne-Western wähnen.
Diese wollen Penelope entweder erobern, besitzen oder auch zur
Strecke bringen, sollten sich ihre Besitzansprüche an Penelope nicht
verwirklichen lassen. „Damsel“ will also ein feministischer
Western sein, tappt jedoch in dieselbe intellektuelle Falle wie seine
radikalsten Ausprägungen im Netz.
Die Frau stark zu machen, bedeutet
nicht einfach den Mann schwach zu machen. Und Ungleichbehandlung löst
sich nicht durch eine Invertierung solcher Machtstrukturen auf. Doch
statt eines Nebeneinanders legt der Film vor allem eine neue
Geschlechter-Hierarchie nahe. Penelope, trotz der Umstände
wundervoll gespielt von Mia Wasikowska, steht über den anderen. Den
Relikten eines totgeglaubten Genres tritt sie mit emanzipatorischer
Entschlossenheit entgegen. Diese Asymmetrie drückt sich vor allem in
der Charakterisierung der männlichen Figuren aus. Der zunächst als
Protagonist installierte Samuel erweist sich als selbstsüchtiger
Träumer, Parson Henry (David Zellner) versucht als rückgratloser
Windhund lediglich zu überleben (und wird nach einem jämmerlichen
Heiratsantrag abermals gedemütigt) und der Bruder ihres Mannes ist
sich noch nicht ganz sicher, ob er Penelope nun umbringen oder doch
zur Frau nehmen soll, um sie wie einen Gegenstand aus dem Erbe seines
Bruders in seinen Besitz zu überführen. Selbst der Ureinwohner, der
zu ihrer Rettung eilt, verschwindet im Morgengrauen mit ihren
Pferden.
Männer sind im Kern halt doch
ziemliche Arschlöcher, und wenn sie nicht gewalttätig sind, dann
sind sie schwach, gefühlsduselig, prinzipienlos oder schlichtweg
verrückt. In solchen Typisierungen drückt „Damsel“ vor allem
eine Rache- und Vergeltungsfantasie aus, durch die
das progressive Grundanliegen des Feminismus plötzlich einen
erschreckend erzkonservativen Anstrich bekommt. Als Rache für
Dekaden von Filmen mit fehlender oder falscher weiblicher
Repräsentation, bis hin zur blanken Frauenverachtung, gibt es nun
Filme wie „Damsel“, die die Positionen ins Gegenteil verkehren.
Dass der Film aus der Feder eines Brüder-Duos stammt, sollte hierbei
nur im ersten Augenblick überraschen. Schließlich sind es nicht
selten sich als politisch progressiv verstehende Männer, die in
ihrem Kampf für die Geschlechter-Gerechtigkeit weit über das Ziel
hinausschießen und aus deren bisweilen hysterisch betriebenen
Zelebrierung der Frau sich eine dialektische Gegenbewegung ergibt,
die in einer ebenso undifferenzierten Diffamierung des Mannes mündet.
Von der Lust des männlichen Liberalen an der Selbstkasteiung mal ganz zu
schweigen.
Aus der reizvollen Prämisse, nämlich
einer Frau, die den alten Gesetzen des Westens und den Konventionen
der Zeit als unüberbrückbarer Widerstand begegnet, könnte sich
sicherlich ein guter Film ergeben, zumal sich starke Frauenfiguren
auch zu den entbehrungsreichen Zeiten der Westward Expansion
historisch fundieren lassen. Aus dem feministischen Anliegen des
Filmes ergeben sich aber leider zunehmend Akte der Demütigung und
Verachtung, die kein Mann, also kein Mensch, verdient hat.
Mhm. Den wollte ich eigentlich auch noch sehen, aber das klingt jetzt eher nicht so toll. Doof.
AntwortenLöschenSchau ihn dir trotzdem an - sei es nun für die Flop- oder die Top-Liste des Jahres. ;)
LöschenSo, nun gesehen und ich fand den Film nicht sonderlich anti-feministisch, bin allerdings auch nicht extrem PC.
AntwortenLöschenWar eher überrascht ob der Coenesken Elemente, wo ich ein konventionelles Drama erwartet hatte. Stark gekürzt hätte das gerade angesichts der Inszenierung in der ersten Hälfte auch einfach ein Kapitel aus THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS sein können. Speziell der Twist um Pattinsons Figur gefiel mir, hatte ich ebenfalls nicht kommen sehen.
P.S.: Irgendwie kann ich hier nicht mehr mit meinem Google-Konto kommentieren – hattest du da in deinen Einstellungen etwas geändert?
Ich schreibe auch ganz im Gegenteil, dass er auf bedenkliche Weise feministische Thesen vertritt. Wie viel das mit PC zu tun hat, weiß ich nicht.
AntwortenLöschenAn den Einstellungen habe ich eigentlich nichts verändert, aber ich schaue mal rein.
Nachtrag: Im Grunde schreibe ich, dass der Film dem eigentlichen Wortsinne nach anti-feministisch ist, also passt deine Wortwahl schon.
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