Welch Ironie, dass gerade
Petzolds DDR-Film in solch kräftigen Farben strahlt; nicht aus
Verklärung einer trüben Erinnerung heraus, sondern ganz im
Gegenteil im Bewusstsein einer Lebenswirklichkeit, die für viele
eben nicht nur in Grautönen gemalt wurde, weil der Mensch in jedem
System für sich eine Heimat finden kann - muss. Die Kontrollsucht
dieses Systems, das die Sehnsüchte seiner Bevölkerung nicht nur
ungehört verklingen ließ, sondern ganz gezielt unterdrückte,
bleibt nichtsdestotrotz ein stetig präsentes, allumfassendes
Bedrohungsszenario, das Barbara an den Bildrand drängt und ihr die
Luft zum Atmen raubt, aber ihre Idee von Freiheit nie gänzlich
ersticken kann. Bemerkenswert ist, dass trotz dieses durchdachten
Inszenierungskonzepts die Bilder immer noch vor Leben sprühen und
die Geschichte tatsächlich lebendig werden lassen, sodass der Film
nicht nur Empathie für jene zulässt, denen man den Opferstatus
zuweist, sondern auch all denjenigen, die sich mit der DDR-Diktatur
arrangiert haben. „Barbara“ erzählt aber auch gleichzeitig von
der Idee eines Glücks, das in der Sehnsuchtsphantasie verfangen
wertvoller erscheint und deswegen auf ewig unverwirklicht bleibt.
Sodass Barbara schlussendlich nicht aus Opferbereitschaft an der
Küste verbleibt, sondern aus Angst vor der Enttäuschung an eine
sehnsüchtig erwartete West-Utopie - möglicherweise aber auch in der
Realisation in einem anderen Menschen eine Heimat gefunden zu haben.
Kein klassischer DDR-Film; reduziert, leise und ohnehin viel zu bunt,
aber es lohnt sich - auch wenn man dafür auf die Schulklasse des
Geschichtskurses 10a im Kinosaal verzichten muss und Jauch im
Anschluss keine Talkrunde versammeln kann.
8/10
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