Donnerstag, 8. September 2016

"Johanna von Orleans" [FR '99 | Luc Besson]

Bauerntheater! Jovovich dreht völlig am Rad, interpretiert d'Arc als launischen, herumzickenden Maniac ohne jedes strategisches Geschick und scheint geistig immer noch auf dem „5th Element“-Set festzuhängen. Besson bürgt ihr zudem ein einfaches Revenge-Motiv auf, statt sich dem historischen, oft auch nur fragmentarisch protokollierten (Mythen-)Stoff differenziert zu nähern. Da gerinnt die Schauspielerei auch gerne mal zur Comedy-Nummer. Erträglich ist das, wenn sich Besson in seinen Bildern verliert wie der Knirps im Sandkasten. Dann eröffnet er auch die Chance die kurze Lebensgeschichte der Joan aus ihrer Perspektive visuell erfahrbar zu machen - solange niemand den Mund aufmacht. Die erste Stunde zieht sich zudem wie ein dicker, fetter Kaugummi-Klumpen und will einfach nicht abreißen. Dass alle komisches Englisch brabbeln, macht das alles auch nicht unbedingt besser. Interessant ist jedoch der queere Subtext der d'Arc-Figur und der Prozess, der ihr im Nachklang ihrer aufsehenerregenden, militärischen Erfolge gemacht wurde, nachdem sich der französische König Charles VII von ihr abwandte. Dass sie zum Opfer eines radikalisierten und immer mehr Einfluss nehmenden Klerus geworden ist, macht sie dann endgültig zur tragischen Helden-Figur, gerade aufgrund des unfairen Prozessverlaufs und der Vorwürfe, die gegen sie erhoben wurden. Besonders spannend sind die Vorwürfe, die ihr im Zusammenhang mit der von ihr getragenen Männerkleidung gemacht worden sind. Nicht etwa das Tragen der Kleidung per se scheint der Grund zur Empörung - war doch jede Frau, die dem männlichen Ideal entgegenstrebte grundsätzlich begrüßenswert - sondern das Beharren auf ihrer weiblichen Identität. Das formulierte eine Kritik am vorherrschenden Patriarchat, die sie letztlich auf den Scheiterhaufen führte. Der Rest: historischer Besson-Trash. 

3/10

1 Kommentar:

  1. Wollte ich schon lange mal wieder sehen, aber bisher noch nicht dazu gekommen. #TeamLuc

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