Kompromisslos asozial. So erbarmungslos
und unbarmherzig zupackend, so konsequent zu Ende gedacht hätte ich
„Eden Lake“ überhaupt nicht eingeschätzt. Auf seinem
fatalistischen (auch in der FSK-18-Fassung geschnittenen, weil
hierzulande indizierten) Weg nervt Watkins zwar in aller
Regelmäßigkeit mit abgehangenen Genre-Klischees (Freundin
erschrecken heißt Zuschauer erschrecken; beklopptes
„Versteck-hopping“ inklusive), dennoch zwingt dich „Eden Lake“
fortwährend dazu sich zu positionieren und Stellung zu beziehen, womit
er bereits einer Vielzahl emotional schlichtweg an dir
vorbeiziehender Genre-(Tot)Geburten einiges voraus hat.
Interessant ist auch, wie Watkins –
ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt – mit den Erwartungen des
Zuschauers spielt. Während der obligatorischen, zunächst fast
ausschließlich von emotionalen Hochmomenten getriebenen Einführung
(ein Kontrast, den fast jeder Genre-Vertreter im Vorfeld seiner Tour
de Force bemüht), nimmt Watkins immer wieder die Perspektive eines
unbekannten Beobachters ein, der das campende Pärchen (Michael
Fassbender & Kelly Reilly) aus den Büschen heraus observiert.
Zuvor schon lernen wir eine Gruppe Jugendlicher kennen, die sich alsbald als wahre Bedrohung erweisen. Dennoch lässt uns Watkins zunächst in dem Glauben, in den Büschen würde uns etwas anderes erwarten. Womöglich etwas, das außerhalb eines realen Bezugspunktes liegt und das damit auch eine gewisse Distanz ermöglicht, die einem „Eden Lake“ schließlich verwehrt. Er schafft im Grunde das Äquivalent zum Monster unter dem Bett oder im begehbaren Kleiderschrank, vor dem wir uns in unserer Kindheit immer gefürchtet haben. Heute erkennen wir, dass diese Angst irrational war und ohne jede Grundlage. „Eden Lake“ streut also eine Finte, um schließlich einen anderen Weg zu beschreiten.
Zuvor schon lernen wir eine Gruppe Jugendlicher kennen, die sich alsbald als wahre Bedrohung erweisen. Dennoch lässt uns Watkins zunächst in dem Glauben, in den Büschen würde uns etwas anderes erwarten. Womöglich etwas, das außerhalb eines realen Bezugspunktes liegt und das damit auch eine gewisse Distanz ermöglicht, die einem „Eden Lake“ schließlich verwehrt. Er schafft im Grunde das Äquivalent zum Monster unter dem Bett oder im begehbaren Kleiderschrank, vor dem wir uns in unserer Kindheit immer gefürchtet haben. Heute erkennen wir, dass diese Angst irrational war und ohne jede Grundlage. „Eden Lake“ streut also eine Finte, um schließlich einen anderen Weg zu beschreiten.
Wir sehen die Bedrohung, als sie noch
potenziell war. Wir sehen jedes einzelne Gesicht, können sogar einem
Dialog beider Seiten beiwohnen, dennoch erwächst hieraus der Horror
des Films. Dieser Horror ist real. Dieser Horror hat ein Gesicht und
eine Stimme. Das psychologische Phänomen der Gruppendynamik, das in
diesem Fall ganz entscheidend unter dem Einfluss seines sozialen
Umfeldes steht, in ein Genre-Korsett zu zwingen und nur oberflächlich
als dramaturgische Antriebsfeder zu nutzen, mag generell diskutabel
sein, trotzdem liefert „Eden Lake“ interessante Eindrücke, die
während der Sichtung tatsächlich einen spürbaren Mehrwert
generieren.
Zwar begreift Watkins letztlich alle
Beteiligten als Täter, die gesamte Eskalation geht aber
interessanterweise nur von einer einzigen Führungspersönlichkeit
aus, die die gruppendynamischen Mechanismen gezielt bedient. Obwohl
nur eine Person aktiv Druck ausübt, damit droht die Rollen ins
Gegenteil zu verkehren, beugt sich der Rest der Gruppe seinem Willen. Es ist jedoch nicht nur die Angst vor der angedrohten Gewalt, die die
Jugendlichen zu gewaltbereiten Mitläufern werden lässt, sondern
auch die davor, ausgegrenzt zu werden, nicht mehr Teil von etwas zu
sein. Also ist man lieber Teil von etwas, das einem grundlegend
widerstrebt, als alleine zu sein. Ein Leben verliert da ganz
plötzlich seinen Wert. Zudem finden sich die selben hierarchischen
und Gruppen-psychologischen Zusammenhänge auch in der vorigen
Generation wieder, die die Menschenjagd schlussendlich beschließt
und jede Frage von Verantwortlichkeit in einem wütenden Reflex
erstickt. - Einfältig? Mag sein. Langweilig? Nicht doch.
5/10
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