Freitag, 25. Oktober 2013

"In meinem Himmel" [US '09 | Peter Jackson]

Äußerst schade. Jackson erweist sich zwar einmal mehr als begnadeter Handwerker, aber eben einer mit dem Holzhammer bewaffnet. Ein Ärgernis ist das, betrachtet man hier so manche Sequenz, die in ihrer Qualität mit dem Gesamterzeugnis „In meinem Himmel“ so gar nichts gemein hat. Auch ärgerlich, weil sich Jackson nach vier epischen Leinwand-Abenteuern endlich einmal wieder jener kleineren Sorte Film widmet, die er schon vor seiner Abkehr vom Fun-Splatter hin zum vorbildlichen Literatur-Adapteur so erstklassig zu erschaffen wusste („Heavenly Creatures“).

Denn so wirklich wird man das Gefühl nicht los, dass Jackson der Abschied von großem Bombast- und Effekt-Kino doch merklich schwerer fällt, als zunächst angenommen. Dabei scheint doch gerade der Stoff, der sich dem Neuseeländer mit dem Roman Sebold's bietet, prädestiniert für einen Regisseur, der Schauspieler schon immer zu Höchstleistungen anzutreiben imstande war und selbst inmitten phantastischer Schlachtgemälde nie den Sinn für leise Emotionen verlor (Sam & Frodo), zumal er seit jeher ein Kind Spielberg's war, was er mit einigen großartigen Sequenzen in der Nebel-durchfluteten Vorstadt-Idylle abermals unter Beweis stellt.

Das Problem Jackson's ist diesmal ein ganz anderes und es überrascht dies gerade jenem Mann anzukreiden, der selbst in überbordendem Bombast-Kino noch immer auf der Suche nach ganz wahrhaftigen Emotionen war: „In meinem Himmel“ fühlt sich falsch an. Es fällt schwer sich in diese synthetischen CGI-Welten einer überraschend schmierigen „Alice im Wunderland“-Version fallenzulassen, ebenso wie sich das leider viel zu oft in Kitsch verlierende Drehbuch dem Eindruck platter Manipulation erwehren kann.

Umso störender ist das, weil es Jackson durchaus zuzutrauen wäre, einen solchen - prinzipiell spannenden und gerne auch sentimentalen - Stoff adäquat und fernab filmischer Brechstangen-Methoden auf die Leinwand zu übertragen. Stattdessen macht sich vor allem der offenbar bewusst übermäßige Gebrauch von künstlichen Computer-Animationen bemerkbar, bügelt dieser doch fast gänzlich jeden psychologischen Reiz aus einer erzählenswerten Geschichte und interessanten Figurenkonstellationen; zumal mit der faszinierenden Saoirse Ronan und einem repressiv-fiesen Stanley Tucci ein überaus fähiger Cast zur Verfügung stand.

Gerne würde man Jackson also für dessen imponierende Hemmungslosigkeit mit Mut zum ausladenden Gefühlskitsch belohnen, aber es ist immer etwas zu viel, etwas zu gewollt und zu konstruiert, als dass man diesen Film lieben könnte. Er versäumt es zwischen einer handwerklich hochklassigen Umsetzung der Vorlage auch gleichzeitig die Emotionen, die hier viel zu oft aufdringlich heraufbeschworen werden sollen, zu vermitteln. „In meinem Himmel“ verliert sich in der generischen Aneinanderreihung möglichst emotional aufgeladener Zeitraffer-Montagen und schwülstigem Esoterik-Gefasel.

Und dabei hat Jackson doch so viel mehr zu bieten. Dabei kreiert er doch selbst hier, gemeinsam mit seinem exzellenten Cast und einem einmaligen Gespür für Spannung und Timing, einige ganz memorable Momente. Etwa jenes, vor Spannung fast berstendes Vier-Augen-Gespräch in der erdig-leuchtenden Hölle, dem anschließenden Akt des Zerstörens, der viel wirksamer außerhalb unseres Blickfeldes von statten geht und dessen zügellose Brutalität sich uns erst in der Präsentation einiger, von blutigem Matsch verhangener Klamotten offenbart.

Oder der Eintritt in die Zwischenwelt, als das später folgende Bonbon-Universum in diesem fiesen, leisen Vorstadt-Thriller noch undenkbar schien und welcher in der Badezimmer-Szene nicht zufällig und ganz konkret an Frodo's fatale Begegnung mit den fünf Ring-Geistern auf der Wetter-Spitze erinnert. Es sollen bis zuletzt die stärksten Szenen bleiben und vielleicht haben wir einen der letzten, großen Geschichtenerzähler Hollywoods nun endgültig an den Bombast von Mittelerde verloren. Es wäre schade drum, äußerst schade. 

5/10

2 Kommentare:

  1. Kann ich leider nur so unterschreiben. War auch enttäuscht, obwohl ich die Realweltszenen bedrückend intensiv fand. Schade drum.

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  2. Was für ein unglaublicher Film Ich habe ihn gesehen vor ca. 6 Monaten und auch jetzt habe ich noch Gänsehaut. Und die Schauspieler wahnsinn. Also ich war beeindruckt und der Film hat mich abgeholt.Kennst Du eigentlich den neuen Blogger-System Anbieter qwer com ? Ich würde mich sehr über eine Antwort auch per Email von Dir freuen. Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg mit Deinem Blog

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