Die Erde bebt, der Himmel brennt. Der
Sanitäter versorgt den verwundeten Soldaten. Der Bauch des Mannes ist
beinahe vollkommen aufgeschlitzt, er atmet schwer, ein wenig quirlen
bereits die inneren Organe heraus. Er spricht dem Verwundeten Mut zu,
legt einen Verband auf seine offene Wunde, redet weiter beruhigend
auf den Soldaten ein; lügt. Dessen Todesurteil ist natürlich längst
gesprochen. Kanonenschläge reißen tiefe Krater, Geschossen fetzen.
Die Willkür regiert.
Umschnitt: Ein Japaner taucht auf, will
ihn töten, rennt auf ihn zu, mit Geschrei. Gerade rechtzeitig
gelingt es ihm, seinem Angreifer ein Messer in die Nähe des Herzens
zu stechen. Ein weiterer Verwundeter reiht sich ein. Mit den letzten
Atemzügen bittet der Japaner um Hilfe. Der Sanitäter hält
inne, die Augen weit aufgerissen, der Atem schwer. Er könnte ihm
vielleicht helfen, dafür wurde er ausgebildet. Aber dem Feind hilft man
nicht, der Japaner stirbt. Falsche Seite, falsches Land, falscher
Zeitpunkt. Kriegszustand.
Selten stellte eine Szene die
Sinnlosigkeit eines Krieges deutlicher aus, als diese kurze Sequenz.
Eine Sequenz, wie ich sie einem alternden Konservativen wie Eastwood
so drastisch inszeniert kaum zugetraut hätte. Ebenso wenig wie
dessen überwiegenden Verzicht auf Pathos. Krieg verliert hier nie
seinen Schrecken, einerseits aufgrund der fragmentarischen Wiedergabe
durch Kriegs-Veteranen in regelmäßigen Rückblenden, als auch durch
den zentralen Erzählstrang, der den Medien- und Propaganda-Apparat
einer längst Kriegs-müden Nation so gnadenlos entzaubert. „Flags
of Our Fathers“ reflektiert damit zum großen Teil auch sich
selbst. Trotz des plastischen Looks, des staubigen Grau-Filters („Der Soldat James Ryan“) und mäßigem CGI, verliert Krieg nie
seine Bedeutung als etwas Grauenvolles, weil sich der Schrecken in
erster Linie aus dem Subjektivismus der Protagonisten speist.
Nach der oberflächlichen Ehrerbietung
vor dem Opfer eines Menschen für sein Land, nach dem pathetischen
Salut, der wehenden Flagge, bleibt schließlich nicht mehr als eine
trauernde Mutter, die nur Trost in der Illusion findet, jemand könne
sich für etwas „Größeres“ opfern. Und es bleibt ein Indianer,
der für ein Land kämpft, das schon lange nicht mehr seines ist; der
für eine Nation einsteht, die niemals wirklich für ihn einstand und der
selbst samt Heldenstatus nicht gefreit scheint vor Ressentiments
und Alltags-Rassismus. Es ist eine verrückte Welt, in der der
Gratwandel zwischen Tod und Jubelschrei so nahe beieinander liegt, in
der Fotos Kriege gewinnen, Helden aus Pragmatismus geboren werden und
Töten Orden bedeutet. Eastwood scheint diese Welt auch nicht ganz zu
verstehen, aber wer tut das schon?
6/10
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