Fast vierzig Jahre sind vergangen seit
„The Exorcist“ für viel diskutierte Kontroversen sorgte. In
einem vom Aufbruch begriffenen Land, inmitten sexueller Revolutionen
und fortschreitender Emanzipation, geboren aus der 68er Bewegung,
stellte Friedkin's Roman-Adaption in gewisser Weise das
spießbürgerliche Pendant zu revoltierenden Gesellschaftsmetaphern
wie „The Graduate“ dar.
Laut Friedkin ist die einzige
Möglichkeit für eine wiederkehrende Stabilität und Ordnung in
einer von bröckelnden Fassaden und eskalierenden Studentenprotesten
geprägten Gesellschaft, die Rückkehr zu den Ursprüngen. Und damit
auch die bedingungslose Besinnung auf den alt ehrwürdigen
Katholizismus, der unter anderem jene Reglements propagiert, von
denen sich die Jugendbewegung seit Jahren zu entledigen versuchte.
Das größte Problem von „The Exorcist“ wird deshalb wohl für
ewig der Umstand sein, dass er unter Betrachtung seines historischen
Kontextes für immer mit der reaktionären Haltung Friedkins
verbunden sein wird.
Das ist in soweit schade, als dass uns
mit „The Exorcist“ im Grunde genommen kein schlechter und sogar
Genre-begründender Horrorfilm vorliegt, der gespickt mit unzähligen
inszenatorischen Raffinessen (Traum-Sequenz des jungen Pfarrers;
scheinbar willkürliche Integration von teuflischen Fratzen), in
erster Linie von seiner formalen Perfektion lebt. Er scheitert –
wie so viele vor und nach ihm – an seinen eigenen Ambitionen und
dem überholten Moral-Konstrukt seines Regisseurs. Dabei lässt die
Titel-gebende Prämisse doch Variationen hinsichtlich der
unumgänglichen Konfrontation mit Religion als Heilsbringer durchaus
zu. Denn letztlich liegt es an den Machern, ob sie eine
Ideologisierung des Publikums und eine Verklärung der Kirche
anstreben möchten oder eben nicht.
5/10
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