Alptraumhafte Psychostudie, exzessives
Terror-Kino, verzerrter Fiebertraum, psychedelische Roman-Adaption,
Haunted-House-Horror im Winterkleid, sprich: ein etwas anderer
Familienausflug. Stanley Kubricks ebenso eigenwillige, wie
tendenziell etwas zur Oberflächlichkeit neigende Verfilmung
(eigentlich besser: Interpretation) des berühmten King-Romans.
Formal nahe der Perfektion, mit einigen unfassbaren Plansequenzen
(das Intro, der Dreirad fahrende Danny Lloyd) bestückt und das
Horror-Genre um einige ikonische Momente bereichert
(Blut-überfluteter Korridor, „Here's Johnny!“). Leider ist
Kubrick zu sehr damit beschäftigt, dem Zuschauer alles restlos
auszubuchstabieren. Die Fantasie, der ungreifbare Horror, dessen
Ursprung eindeutig in den Gemäuern des Hotels zu verorten ist, kommt
zu kurz. Stattdessen wird alles gezeigt, was es zu zeigen gibt und
fast alles gesagt, was es zu sagen gibt. Kubrick's „The Shining“
ist ein Psychotrip, der Amoklauf eines verwirrten Geistes (engagiert
und sichtlich Spaß habend: Jack Nicholson) und weiß fast alle
fantastischen Komponenten seiner ursprünglichen Geschichte gänzlich
zu eliminieren. Überhaupt erscheint das Abgleiten in den Wahnsinn
nach der ausführlichen Einleitung zu abrupt, das Finale zu plötzlich
und die Horror-Momente zu sehr mit der Brechstange inszeniert. Und
doch hinterlässt „The Shining“ nach wie vor einen ungeheuren Eindruck – vor allem
audiovisuell. Vorlagen-Differenzen und Kubrick'sche Exzentrik
inklusive.
7/10
Seit langem wieder einmal: Dem Text kann ich nicht zustimmen, was auch daran liegt, dass ich mich bei deinem Kommentar permanent an die Vorlage erinnert fühlte (die ich aber, logisch, auch sehr schätze). :)
AntwortenLöschenSehe ich weit weniger kritisch, auch wenn die Kritikpunkte größtenteils so durchgehen. Für mich hat kein Film eine gruseligere Atmosphäre und das ist so, eben weil Kubrick nicht alles ausbuchstabiert. Der Roman, den du ja offenbar gelesen hast, hätte kaum besser adaptiert werden können, denn hätte man den Roman 1:1 übernommen, wäre der Film scheiße geworden, obwohl auch das Buch klasse ist. Nur manches kann man visuell einfach nicht übertragen, ohne den Gruselfaktor zu verlieren. Man denke da nur mal an die Heckentiere...
AntwortenLöschenIch muss sagen, dass mich in diesem Fall die Differenzen zur Vorlage nicht einmal sonderlich gestört haben, mir ist bei solchen Verfilmungen eine (wohldosierte) Eigeninterpretation des Stoffes lieber.
AntwortenLöschenNicholson brilliert in dieser Rolle absolut. Ich denke mal, dass die "Here is Johnny"-Szene wohl einer der bekanntesten Momente der Filmgeschichte ist. Und sein "freundliches Lächeln" dazu ist ohnehin der Knaller schlechthin.
Joar, kann mit euren Standpunkten leben. An der Argumentation scheint ihr euch ja weniger zu stoßen - also alles gut. :)
AntwortenLöschenGut geschrieben. Sehe ich genauso ;) Ein sehenswerter Film in jedem Fall!
AntwortenLöschenSehr gut.
LöschenDoch, an der Argumentation stoße ich mich ein wenig, aber diese wird mit meinem eigenen Text wieder relativiert. ;)
AntwortenLöschenIst dir überhaupt dieser riesengroße Regiefehler aufgefallen, als der Irrgarten während der Eröffnungskamerafahrt über das Hotel gar nicht sichtbar ist?
Habe deinen (sehr guten) Text gelesen - vor einiger Zeit.
LöschenVermutlich störst du dich an der Passage "alles restlos auszubuchstabieren", sowie an dem Umstand, dass ich Kubrick's Verfilmung keinen wirklichen psychologischen Horror zugestehe und somit eine gewisse Oberflächlichkeit unterstelle. Um das an konkreten Punkten festzumachen: Alte Frau im Bad, Mädchen im Flur, direkte Bedrohung durch einen Psychopathen. - Deshalb finde ich die Szene mit "Here is Johnny!" auch nicht sonderlich gruselig, weil mich zum einen die Frau kaum kümmert (eben weil ich das Finale als zu abrupt empfinde) und weil die Bedrohung konkret geworden ist. Dennoch sind das Kritikpunkte, die das Vergnügen für mich nur bedingt schmälern (siehe auch unsere fast identische Punktevergabe - ich war sogar großzügiger). Ich müsste den Film jetzt aber auch nochmal sehen, die Sichtung liegt schon zwei Monate oder so zurück. :)
Den Regiefehler habe ich anschließend nachgelesen. Für einen Pedanten wie Kubrick ein ziemlicher Fehler ^^.