Ein Cowboy auf Krücken, ein Sheriff,
ein alter Kauz, ein Revolverheld. An der Frontier, dem finalen
Grenzabschnitt unerforschter Wildnis, an der das Licht der
Zivilisation noch nicht jeden Schatten vertrieben hat, machen sie
sich auf die Suche nach einer Gruppe Entführter und einer Damsel in
Distress. Diese ist die klügste von allen, eine Medizinerin, die
stoisch ihrer Arbeit nachgeht und der Zahler die schönste Zeile
dieses an schönen Zeilen nicht gerade armen Filmes in den Mund legt:
"This is why frontier-life is so difficult. Not because of the
Indians or the elements but because of the idiots", erklärt
diese entnervt aus der Zelle ihrer Entführer heraus. Das Versprechen
des Manifest Destiny für einen Neuanfang in der neuen Welt, die
ganze Erzählung eines schicksalshaften, humanistischen
Zivilisierungs-Projektes, ist hier längst eine blasse Erinnerung
geworden.
Die Realität ist ernüchternd: man
droht durch kannibalische Indianer ohne Sprache und ohne Kultur mit
Haut und Haaren verspeist zu werden. Der Weg zu den
Kannibalen-Indianern und damit in ein grausames Schicksal ist ebenso
ernüchternd. Die solidarische Mission der Gruppe ist eine einzige
Tortur, ein unaufhörliches Schwitzen in dicken Klamotten, eine ewige
Reiterei und Lauferei gegen die unwirtliche Mitwelt, mit kurzen
Schlafphasen, die durch die ständige Bedrohung durch kriminelle
Streuner-Banden nie wirklich geruhsam sind. Solchen Halunken schreibt
Zahler auch die plakativsten aller Zeilen auf den Leib. Im
Territorium der Kannibalen-Indianer, über die Zahler einen anderen
Ureinwohner gleich zu Beginn erklären lässt, dass diese nichts mit
den anderen indigenen Stämmen des Landes zu tun hätten, behauptet
einer dieser raubenden und mordenden Bastarde, dass sie sich vor
Indianern nicht zu fürchten hätten, da sie ja zivilisierte Männer
seien – dabei kratzt er sich mit dem Revolver genüsslich im
Schritt. Zivilisiertheit als Selbstzuschreibung und gleichzeitiger
Abwertungsversuch des Wilden, des Anderen. Zivilisiertheit als
Legitimation für koloniale Expansionsbestrebungen.
Und es stellt sich die Frage, was
Zivilisiertheit denn nun tatsächlich bedeuten könnte in dieser
brutalen Scheißwelt. Der Cowboy auf Krücken, überhaupt das
schönste und vieldeutigste Bild in diesem an schönen Bildern eher
armen Filmes, handelt aus Liebe zu seiner Frau, der Sheriff aus einem
Gefühl des Pflichtbewusstseins heraus und der alte Kauz spricht
andauernd vom schönen Leben, der Erinnerung an gute Zeiten und
träumt davon, ein Buch in einer Badewanne lesen zu können, denn
nirgends fühle er sich besser als im heißen Wasser der Badewanne.
Womöglich verkörpern sie alle zivilisatorische Ideale, während der
Revolverheld lediglich vom Wunsch nach Rache beseelt ist und deswegen
am weitesten von ihnen entfernt liegt. Die Mittel, die sie alle
gebrauchen, um ihre zivilisatorischen Ideale zu verteidigen, sind
denen der Wilden dennoch ganz ähnlich. Gewalt inszeniert Zahler
nicht als ein heroisches schneller-ziehen, sondern als brutalen
Überlebenskampf. Der Titel-gebende Bone Tomahawk wird dabei notfalls
zur eigenen Waffe, während der Wilde sich am Repetiergewehr des
zivilisierten Mannes versucht. Beide Waffen töten. Lieber er als
ich. Hauptsache man kommt aus der Dunkelheit der Frontier irgendwie
wieder lebendig heraus – bevor sie einen gänzlich verschlungen
hat.
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