Die Paranoia des
Verschwörungstheoretikers findet in diesem Kino entkernter
Realitäten ihren Platz. Hinter jeder Tür ein Abgrund, der zur
Bedrohung werden könnte, hinter jeder Wand ein Hohlraum der
Geheimnisse und ein Geheimbund, der sie hütet. Unter allen
architektonischen Strukturen eine weitere Struktur, ein doppelter
Boden, eine zweite Realität, die echte Realität, die die wahren
Herrschaftsstrukturen sichtbar macht. Einen ganzen Film über die
Architektur seiner Sets zu erzählen, und damit die Kunst des
expressionistischen Stummfilms in die Gegenwart zu tragen, blitzt
auch in "Dark City" auf, um gleichsam als faszinierende
filmtheoretische Überlegung als eben solche zu verbleiben. In der
Praxis muss erzählt werden – und zwar bisweilen ausschweifend. Die
Set-Konstruktionen sehen nicht billig aus und das Geld muss wieder
rein. Der kleinste gemeinsame Nenner verlangt Exposition, eine
geleitende Hand, das Investment muss geschützt werden. Und doch
durchdringt diesen eigenartigen, irgendwie außer-weltlichen
Fiebertraum trotz spürbarer Studio-Interventionen auch stets eine
spürbare künstlerische Vision von einer Welt, in der jede Hoffnung
eine Totgeburt bleibt. Die Stadt des Filmes ist ein Niemandsland,
eine Konstruktion, Pastiche, eine Verlängerung jenes Molochs, das
Proyas in seiner Crow-Adaption zum ersten Mal auferstehen ließ. Die
Atmosphäre ist zutiefst beunruhigend an diesem Nicht-Ort, der vom
Zweifel an eine feste Realität und den damit einhergehenden
Glaubensverlust langsam aufgefressen wird. Die Angst hintergangen und gesteuert zu werden, keine Kontrolle über das eigene
Schicksal zu haben, das Unbehagen einer ganzen Dekade gelangt in den Häuserfassaden dieser Stadt zu einer ganz eigenen Ästhetik - einer Ästhetik der Verschwörung.
Sehe das Verschwörungsthema jetzt nicht so evident wie du, ebenso dass unter allen Strukturen eine weitere Struktur ist. Primär ist es ja nur eine Welt hinter der Welt und kein Matrjoschka-Szenario.
AntwortenLöschenMag den Film, erinnert mich immer etwas an MOMO, die Auflösung ist nicht vollends befriedigend, das Schlussbild dann aber wieder. Außerdem: Jennifer Conelly <3
Hatte mich parallel zur Sichtung tiefergehend mit Verschwörungstheorien beschäftigt und deswegen u.a. MATRIX nochmal geschaut, das hat sicherlich abgefärbt. Ging auch eher um ein Gefühl der Paranoia, das der Film ganz eindringlich auf einer ästhetischen Ebene vermittelt. Das Szenario in diesem Film scheint tatsächlich "nur" doppelbödig zu sein.
LöschenMOMO habe ich leider nicht gelesen, bei Conelly bin ich aber ganz bei dir.
Das mit MOMO war nur wegen der Ähnlichkeit der Grauen Herren mit den Strangers aus DARK CITY, weniger wegen der Handlung. Den Roman hatte ich auch nie gelesen, nur den Film mit Radost Bokel als Kind gesehen.
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