RFF-Spezial #1 - "Luz" [DE '18 | Tilman Singer]
„Luz“ ist in jedem Fall ein genuin
filmisches Erlebnis. Mit einer Zusammenfassung inhaltlicher Eckpunkte
ist dem Film also kaum beizukommen. „Luz“ ist gleichermaßen die
penible Rekonstruktion eines vergangenen Kinos, mindestens einer
vergangenen Kinoästhetik und damit natürlich Bestandteil jener
Retromanie, die die westliche Filmwelt im Allgemeinen und das
Horrorgenre im Besonderen seit mehreren Jahren fest im Griff hat. Neben dem 80er Jahre-Kino, gesteht „Luz“ auch dem 70er Jahre-Kino
seine Liebe. Das tut er detailversessen: der richtige Teppich, die
richtige Tapete, das richtige Möbelstück, die Klamotten (Sneakers
und Cap, ausgelatscht und ausgetragen) verschmelzen hier zu einer
Zeitkapsel. Derweil wummert der Synthwave-Score, jedoch mehr
hintergründig und akzentuiert als in vergleichbaren Filmen – wenn
es denn solche überhaupt gibt. Bildfehler, Farben, Formen, Klänge,
16mm-Filmmaterial, sie alle sollen an die Vergangenheit gemahnen,
Referenzgrößen bereitstellen, an denen es sich dann, zwangsläufig,
zu messen gilt. Inhaltlich bleibt vieles abstrakt, angedeutet,
unausgesprochen, stattdessen wird das Gesprochene in Schleife
geschaltet, im Mantra repetiert. Wenngleich man kruden Vorstellungen
davon, Filme könnten anhand von Checklisten abgehakt und danach als
Summe solcher Checkpunkte bewertet werden, nur allzu schnell eine
Absage erteilen möchte, kommt man doch nicht umhin, nach dem Inhalt
des Filmes zu fragen. Bricht er sich an der Oberfläche Bahn? Ist er
nur Oberfläche und will genau das sein? Thematisiert er eben diese
Oberfläche? Für eine rein ästhetische Erfahrung ist „Luz“ dann doch zu sehr darum bemüht, kausale Handlungszusammenhänge
darzustellen und am Ende so bedeutungsoffen und vage, dass er sich
eigentlich jeder Interpretation dienbar machen lässt. Oder: er ist
so leer, dass er mir die Freude an der Interpretation genommen hat.
*gesichtet auf dem Randfilmfest in Kassel
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