Schon klar, das Leben ist kein
Wunschkonzert. Ich wünsche Greta Gerwig trotzdem mehr Ruhe, in den
Leben ihrer Figuren auch die hässlichen Momente auszuhalten. Denn
das hohe Tempo fordert seinen Tribut: der tänzelnde Schritt des
Filmes, einer Frances Ha gleich, verdichtet die vielen Themenkomplexe
einer Emanzipationsgeschichte zu einem außerordentlich kurzweiligen,
federleichten Vergnügen, droht aber auch über jede Tiefe ignorant
hinweg zu tänzeln. Die extrovertierte Lady Bird knüpft direkt an
jene lebensbejahenden, quirligen Figurentypen an, der sonst Gerwig
selbst Gesicht und Körper leiht. Sie sind das Übertragungsmedium
dieser sommerlichen, elektrisierenden Lebensfreude und der schier
unstillbaren Lust auf die Welt, die einen, wenn unkontrolliert
übertragen, fast zum bersten bringt. Aber sie schieben auch andere
Dinge beiseite, die ebenfalls beachtenswert wären. Die liebevolle
Vaterfigur hätte beispielsweise ebenso gut gleichberechtigt neben
der Mutter existieren können, um den Film als ausgleichendes
Temperament auch tonal zu erden.
Dieser schreitet – vielleicht ganz
bewusst – tatsächlich wie ein bockiger, engstirniger Jugendlicher
ohne einen Blick zur Seite zu wagen voran; mäht alles über, was
sich ihm in den Weg schmeißt; kreischt los, wenn es sich richtig
anfühlt, weint, wenn es sich richtig anfühlt, lacht, wenn es sich
richtig anfühlt. Die Direktheit seiner Hauptfigur legitimiert dem
Film jeden Ausrutscher: die Freundin wird für ein vermeintlich
reiferes Mädchen fallen gelassen, die Mutter immer wieder vor den
Kopf gestoßen. Fehltritte realisiert Lady Bird erst nachdem sie ihr
unmittelbar vorgeführt worden sind und der Film kommentiert sie
nicht, wenn sie geschehen. Hier spricht der Film ganz und gar die
Sprache seiner Hauptfigur, die sich konsequenterweise in erster Linie
um sich selber kümmert. Insofern lässt sich sicherlich für diese
perspektivische Entscheidung argumentieren, auch wenn sich mir
persönlich nur ganz sporadisch ein Zugang zu den Figuren und ihrer
Welt eröffnete. Dafür blieben sie in der Geschwindigkeit, in der
sie durch die Schauplätze der Adoleszenz rasten, immer seltsam
distanziert. Wo ich lieber länger in den Gesichtern nach einer
Regung geforscht hätte, kam mir ein Song dazwischen; wo die Worte
eigentlich noch Raum benötigten, um ein Echo zu erzeugen, kam der
Schnitt.
Mochte den Film nicht sonderlich, obschon ich Gerwig sehr zugetan bin. Der Hauptfigur geht leider jegliche Sympathie ab, Gerwigs eigene Charaktere sind mitunter auch etwas egozentrisch, aber durchaus dabei positiv gezeichnet. Lady Bird ist dagegen einfach eine totale Göre, der ich nichts abgewinnen konnte. Die Zeichnung der Beziehung zu den Eltern ist zwiespältig, der Vater als Figur gar nicht wirklich vorhanden. Welche Aussage der Film transportieren will, ist mir auch unklar, ich habe aber auch schon den Großteil von ihm vergessen, nachdem ich ihn vor 5-6 Wochen sah.
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