Freitag, 11. November 2016

"Girls" [US 2012 - '15 | Lena Dunham]

In der Welt von „Girls“ ist nichts von Bestand. Hauptfigur Hannah, gefangen in einem Renaissance-Körper, exhibitionistisch veranlagt, krankhaft selbstbezogen, natürlich orientierungslos und unsicher, wird gespielt von Showrunner Lena Dunham. Sie will als Autorin publiziert werden, muss aber auch Geld verdienen, als ihr ihre Eltern zwei Jahre nach dem College-Abschluss plötzlich den Geldhahn zudrehen. Darüber hinaus hat sie gerne Sex, also navigiert sich Hannah von einer absurden Liaison in die nächste, besonders wählerisch scheint sie dabei nicht zu sein. Gerade in Season 2 verliert "Girls" deswegen den Boden unter den Füßen, flüchtet sich in Sitcom-Karikaturen und erzählt zu sprunghaft und lose von einer Vielzahl von Figuren und Schauplätzen. Um der racial-diversity-Debatte etwas entgegensetzen zu können wird dann beispielsweise Donald Glover als republikanischer Lover installiert, verschwindet aber ebenso wie Patrick Wilson nach wenigen Folgen wieder spurlos. 

Dem gegenüber steht eine Reihe sinnkriselnder, lebensfreudiger New Yorker, die nicht nach „einem“, sondern nach „ihrem“ Platz in der Welt suchen und sich dabei immer wieder die Finger verbrennen: Adam ist ein selbstzerstörischer, animalischer Schauspieler (herausragend gespielt von Adam Driver), öffnet dem Zuschauer mit jeder neuen Folge das Herz und den Girls aus „Girls“ das Höschen, Shoshanna startet als fleischgewordene Karikatur jener Tussies, die den reifen Frauen auf ihrem „Sex and the City“-Poster nacheifern, entzückt dann aber als schnell-plapperndes Fashion-Girl, das stoisch ihren Träumen folgt (und daran mit der Serie wächst) und Ray schließlich teilt als lediger Mittdreißiger auf brutalst-wahrhaftigste Weise die Lebensweisheiten einer Erwachsen gewordenen „Seinfeld“-Generation. 

Nicht die Stimme der Generation, aber eine Stimme einer Generation möchte Dunham laut eigener Aussage abbilden, eine Brücke bauen zwischen den gut betuchten, und deswegen unbeschwert dahinlebenden Mädchen-Gangs aus "Sex and the City" und "Gossip Girl". Im Alltagsstress und im existenziellen Dilemma, was zu tun ist, wenn die Elterngeneration die Lebensnotwendigkeiten ihrer Kinder bereits ökonomisch abgesichert hat, wird sich sicherlich jeder Mittzwanziger oder jeder, der sich daran erinnert, einer gewesen zu sein, wiedererkennen können. Manchmal ist die Serie dabei so naiv illusionär wie die Illusionen, die sie zu enttarnen gedenkt und manchmal so nah dran an den Lebenswirklichkeiten jener, mit denen ich meinen Alltag bestreite, dass es das, was ich auf den Bildschirm projiziere, wieder direkt auf mich zurückwirft. Das Gegenteil von Eskapismus also? - Keine Ahnung, aber die Zeit verging wie im Flug.

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