Montag, 15. Juni 2015

"Hard Eight" [US '96 | Paul Thomas Anderson]

Jede Figur hat ihre Vergangenheit. Und nichts geschieht ohne Grund oder hintergründiges Motiv. Das Gewissen und die Schuld treibt an, erdrückt, belastet. Ich wollte zunächst ja an Engel glauben, aber die Engel kamen bei Paul Thomas Anderson nun einmal später. Das Konzept eines gefangenen, getriebenen Oldtimers, dem die Gespenster der Vergangenheit nach wie vor auf Schritt und Tritt folgen, erscheint weniger innovativ. Aber die Innovation vollzieht Anderson, der hier in erster Linie ausprobiert, mit dem Gas spielt, das Bremsen übt und erstaunlich selten ins Stocken gerät, sowieso am Rande einer launigen und ebenso lakonischen Crime-Story. In den Dialogen und Figuren zum Beispiel, die schon bei diesem bemerkenswerten Debüt von einem fähigen Autoren zeugen. Und es offenbaren sich die Parallelen zu Tarantino, mit dem Anderson seit jeher eine tiefe Freundschaft verband. Das Spiel mit der Trivialität in einer Extremsituation und die Fähigkeit Geschichten mit Details und Fußnoten anzureichern eint die beiden Regisseure, deren Karrieren nahezu parallel verliefen, lässt aber auch entscheidende Unterschiede erkennen: Der Humor und die Skurrilität bleiben bei Anderson immer Beiwerk, Katalysator oder Sahnehäubchen, werden aber nie zelebriert oder geraten in den Handlungsmittelpunkt. Das macht „Hard Eight“ authentischer, subtiler und nachhaltiger und versperrt nicht den Weg für Herzensangelegenheiten. Darum bleiben Anderson's Welten über den Moment hinaus bestehen. 

6.5/10 

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