Seltsam: die formale
Tadellosigkeit von „Paprika“ - die präzisen, Detail-versessenen
Animationen und damit das Zeugnis absoluter, zeichnerischer
Meisterschaft - werden im Angesicht des behandelten Sujets fast schon
zur Irritation. Denn Träume sind nie so klar, nie solch perfekt
ausgeleuchtete Fahrstuhl- und Korridor-Architekturen, die sich zwar
verbiegen und deren Schatten wandeln, die aber immer in erkennbaren
Formen verbleiben. Träume verschwimmen, bleiben Skizzen, fließen
ineinander über und sind nie da, sondern nur zu vermuten. Träume
sind vage Trugbilder und Ausdruck des Unterbewusstseins, ungeordnete,
unverarbeitete Kinofilme ohne Zensur und Laufzeitbeschränkung. Im
Traum wird plötzlich alles Wirklichkeit, es gibt keinen Anfang und
kein Ende und damit auch keine Credits, die entlarven könnten, wer
hinter allem steckt. Kon's frühere Arbeit „Perfect Blue“ kommt
der visuellen Stimme von (Alp-)Träumen sogar näher; dem Gefühl
vollkommener Orientierungslosigkeit und der Ungewissheit über
nachhaltige Konsequenzen. Hier scheint der Traum der Film zu sein.
Der künstlich geschaffene Traum, in dem zumindest die Konsequenz
eigener Handlung obsolet wird. Aber auch hier begeben wir uns in die
Dunkelheit und die künstliche Isolation erschafft die Illusion eines
Klartraums – mit dir in der ersten Reihe, der Voyeur ohne
Einflussmöglichkeit. „Paprika“ ist ein Film über Filme. Und
Filme sind Träume. Und Träume haben keine Grenzen, und keine
Genre-Vorgaben, keinen Geldgeber und keine Zielgruppen. Wenn Kon
einen Film über Träume macht, macht er also auch einen Film über
den Wert und die Heiligkeit des Kinos, und darüber, dass Kino keine
Angst und keine Grenzen kennen darf. Die Träume gehören dir und
müssen über alles verteidigt werden.
7/10
Ganz toller Film, ein visuelles Fest. Schade, dass Kon schon verstorben ist.
AntwortenLöschenJep, bin gespannt was aus seinem unvollendeten Abschlusswerk noch wird.
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