Vereinzelte Protestzüge
zeugen von innenpolitischer Unruhe und einer Generation der
Engagierten. Direkt gekoppelt an Adèle und ihre Suche nach einer
sexuellen Identität, inmitten einer Phase der schulischen
Weichenstellung. Das Empfangsgerät in der Küche legitimiert die
harmonische Sprachlosigkeit - Adèle ist alleine mit den Problemen
der Erwachsenwerdung und dem Druck, dem, was verlangt wird, irgendwie
gerecht zu werden. In vielerlei Hinsicht ist "Blau ist eine
warme Farbe" lebensnah und
authentisch: ähnlich betreten fühlen sich erste Treffen mit den
Eltern tatsächlich an; oder Gespräche mit dem besten Freund; oder
gewöhnlicher Klassenunterricht. Kechiche stellt sich diesen Szenen
wiederholt ohne abzublenden. Doch ausgerechnet die Liebesbeziehung,
die Kechiche in seinem dreistündigen Charakterporträt so
selbstbewusst in den Mittelpunkt stellt, erweist sich als bloße
Behauptung. Der Sex zwischen Adèle und Emma ist ausschließlich
Ausdruck einer körperlichen, und rein körperlichen Anziehungskraft
zueinander, was beide gegen Ende des Filmes in einer letzten
Aussprache ebenfalls erkennen. Am Ende ging's ums Bumsen, nicht um
Intellektualismus, Geborgenheit oder Liebe. Adèle verwechselt
Liebeskummer und Einsamkeit mit chronischen Depressionen, was
Kechiche in der larmoyanten zweiten Hälfte über den halb offenen
Mund und die Rotznase seiner Protagonistin auch entsprechend
bebildert. Auf die Doppelmoral von Emma, die die Trennung einer
Beziehung aus den selben Gründen vollzieht, die sie damals
zusammengebracht hat, wird nicht weiter eingegangen. Oder warum Adèle
nur weil sie sich einen Abend ausnahmsweise mal selber bespaßen
musste, direkt in der Gegend herumvögelt. Kechiche fügt sich über
künstliche Problemerzeugung, der jede Authentizität abgeht, einem
dramaturgischen Prinzip, dem er sich mit der ersten Hälfte doch
eigentlich noch versagt hat. Schließlich steht nur die Erkenntnis,
dass sie in dieser Welt nichts verloren hat. Für Lustmolche gibt es
derweil sehr junge attraktive Frauen in sehr expliziten Sex-Szenen,
deren Unmut über die entsprechende Gewichtung eben dieser und die
darüber geführte Kontroverse zwischen Regisseur und
Hauptdarstellerinnen einen gehörig faden Beigeschmack hinterlässt.
5.5/10
Ich fand diese beiden ausufernden Sexszenen im Kino total lustig. Die erste geht glaub tatsächlich 6 Minuten – kam mir vor wie bei Family Guy, wo sie einen Witz tot treten bis er sich nicht mehr bewegt :-)
AntwortenLöschenMochte den Film in seiner Gänze dann aber doch sehr, war vorletztes Jahr einer der Runner ups bei mir.
Absolut verständlich, mir gefiel wie gesagt besonders die erste Hälfte.
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