Die
Sklaverei ist verbannt, eingemottet, schließlich hat der
Abolitionismus längst seine Früchte getragen.
Aus dem schwarzen Sklaven Jim ist der weiße Aussteiger Mud geworden.
Aber auch dieser ist ein Ausgestoßener; ein von der Gesellschaft
nicht länger duldbarer Revolverheld, der das Gesetz einmal zu oft in
die eigenen Hände genommen hat und nun auf einem Eiland im Herzen
Arkansas als notgedrungenes, isoliertes Exil auf Hilfe angewiesen
ist. Die Beziehung zu seinem Exil ist ambivalent – sie ist Schutz
und Strafe zugleich. Aus Jim wird Mud. Aber die Probleme sind für
Huck (hier: Ellis) nach wie vor die selben: Was soll ich tun? Und was
davon ist das richtige? „Another boy's book“ nannte Twain seine
Geschichte 1876, nun ist es „another boy's film“, der strikt aus
der Perspektive eines heranwachsenden Herumtreibers und im Geiste
schweißtriefender, dauer-nuschelnder Südstaaten-Karikaturen
Männerfreundschaft und erste Liebe erforscht – mit all dem Glück
und all dem Scheiß. Der innere Kompass eines Kindes, die innere
Stimme, die drängt und sich nicht verstummen lässt, ist es
schließlich, die hier die Entscheidungen trifft, Verantwortung
übernimmt. Und der stille Schrei nach Gerechtigkeit, der sich
weigert nicht weiter geträumt zu werden. Mit der Unterstützung
eines anpackenden Anti-Helden, der immer auch idealisierte Vaterfigur
bedeutet, weil der eigene zu sehr beschäftigt ist mit sich selbst
und einer Welt aufgefüllt mit verkomplizierenden
Erwachsenenproblemen. Das böse Erwachen kommt schließlich so oder
so und lässt Macho-Ideale und Südstaaten-Romantik gnadenlos in sich
zusammenbrechen, während sich Ellis auf seinem Weg zur Mannwerdung
schmerzlich von seinen Illusionen lösen muss; vor allem jener, dass
mit dem Alter vieles klarer wird. Und doch muss man in „Mud“
nichts für bare Münze nehmen, lässt Nichols doch wie schon in
seinem Vorgängerwerk "Take Shelter" vielfältige Interpretationsmöglichkeiten
bestehen. Das eröffnet einen freien Blick, der vieles zulässt und
nichts versperrt.
6.5/10
Sind wir wertungstechnisch ja mal nicht so weit voneinander entfernt. Schön :)
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