Harry stößt sich gewaltig den Kopf,
wird kurzzeitig zum grinsenden Amnesie-Patienten, der Sandman will
doch eigentlich nur seiner kranken Tochter helfen und Venom sinnt
nach Rache für die selbst verschuldete Demütigung durch
Badass-Spidey. Das potenzierte Selbstbewusstsein Parker's findet
nämlich alsbald Ausdruck in dessen dunkler Version, die den
narrativen Überbau von galaktischer Alien-Masse als Ursprung allen
Übels gar nicht mal zwingend nötig gehabt hätte. Es sind nicht weiter die
Verfehlungen anderer und die unglücklichen Umstände, die den
zweiten Teil seinerzeit zu solch einer aufreibenden Tour de Force
geraten ließen, sondern die inneren Dämonen, der wachsende Narzisst
und zu Kopf steigende Ruhm, der Parker im Wege steht.
Seinen Figuren gönnt Raimi die gesamte
Reihe über kaum Verschnaufpausen, lässt sie immer in Bewegung, dreht wie wild am bunten Figurenkarussell, ordnet neu an,
wechselt Positionen und evoziert genau jene unabdingbare
Figurendynamik, die die Filme auch abseits des Spinnenkostüms
bislang so interessant machte. Und obwohl alles darauf ausgerichtet
scheint: „Spider-Man 3“ gerät nicht zur redundanten
Action-Sause, sondern spart stattdessen sogar beachtlich an
überflüssigem Krawall ein (mancherorts gar als Kritikpunkt
angeführt).
Raimi's Spinnenmann-Interpretation definiert sich
nicht über die Zugehörigkeit zu einem einzelnen Genre und versagt
sich sogar bis zum obligatorischen, aber keinesfalls schlechten
Showdown bewährter Fortsetzungs-Dialektik. Er sucht den Exzess und
die Selbstverwirklichung; und es macht alles Sinn.
Dieser „Spider-Man
3“ - ein absurd teurer, Stoffe-überbordender Studio-Film - kommt
einem kleinen Wunder gleich. Raimi darf - und er macht. Campbell gibt
den Franzosen so wunderbar und so wunderbar grottig („I am
French“), der Jazz-Club wird kurzerhand zur perfekten
Broadway-Nummer und spätestens wenn Parker endgültig zum kolossalen
Arschloch mutieren darf, gibt es kein Halten mehr („Give us some
shade“). „Spider-Man 3“ ist keinesfalls perfekt, aber er hat
Ambitionen. Er verliert nie seinen Humor, verbleibt interessiert bei
seinen Figuren und wird auch zu seinem Finale hin nicht gefällig. So
ist Hollywood und so ist Comic-Verfilmung im besten Falle.
8/10
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