Weite Handlungsteile rücken bei
Petzold immer wieder in den Hintergrund; stattdessen verbannt er sie
ins Off und eröffnet somit vor allem einen uneingeschränkten Blick
auf die Figur der Jeanne (authentisch: Julia Hummer). Es ist ihre
Perspektive, die diesen Film bestimmt und nicht die vordergründige
Geschichte um ehemalige RAF-Terroristen, aufreibende Landesflucht und
stetige Überwachungsangst.
Es ist die Einsamkeit und die erste
Liebe, die Petzold zum Thema macht. Deshalb ist „Die innere
Sicherheit“ trotz seines augenscheinlich darauf ausgelegten
Plot-Konstruktes auch kein Thriller; überhaupt sollte der
durchschnittliche „Tatort“-Zuschauer seine Erwartungen an einen
herkömmlichen Kriminalausflug ganz gewaltig korrigieren.
Eine entscheidende Rolle spielt die
Angst der Protagonisten: Angst vor einem unermüdlichen
Justizapparat, Angst vor gerechter Strafe und ganz besonders die
Angst um den Verlust der eigenen Freiheit, wobei sich gerade hierbei
die Frage stellt, wie frei diese getriebenen Existenzen denn nun
wirklich sind und ob ein Ende ihrer 15 Jahre währenden Flucht nicht
gleichzeitig auch Erlösung bedeuten würde. Die moralische
Fragwürdigkeit seines Elternmodells (toll: Richy Müller und Barbara
Auer) verklärt Petzold dabei auch viel weniger, als dass er sie in
stillen Totalen und pointierten Dialogabschnitten zu erforschen weiß.
Gewalt und Verbrechen (obwohl selten
vorkommend) wird immer auch die Ambivalenz der Zusammenhänge von
Motiv und Aktion als ganz zentraler und für eine differenzierte
Betrachtung unerlässlicher Aspekt hinzugefügt. Der Verantwortung
gegenüber der eigenen Tochter und dem sehnlichen Wunsch nach einer
Ordnung in einem von Rastlosigkeit geprägten Dasein setzt Petzold auch die Verantwortung gegenüber der eigenen Vergangenheit und
den begangenen Verbrechen entgegen.
Widersprüche, die sich schließlich
auch in der Situation von Jeanne wiederfinden, wenn sie sich vor der
Entscheidung zwischen ihren Eltern und einer flüchtigen Liebschaft
stehen sieht. Der Illusion der wahren und einzigen Liebe versagt sich
der Film auch hier deutlich und begreift Jeanne's Beziehung vor allem
als Ausdruck entdeckter Sexualität und andauernder Einsamkeit. Für
großes Glück ist in diesem Spiel auf Zeit ebenso wenig Platz, wie
für wahre Freiheit. Sicher ist hier nichts und ein Ende findet ihre Reise schließlich so oder
so.
„How can we hang on to a dream; How can it ever be the way it seems“
7/10
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