Mittwoch, 3. Oktober 2012

"Dawn of the Dead" [US '78 | George A. Romero]

Bei allen Verdiensten hinsichtlich seiner tragenden Rolle im Subgenre des Zombie-Films und bei aller Gesellschaftskritik, bleibt mit „Dawn of the Dead“ (dt. "Zombie") doch in erster Linie spaßiger Zombie-Trash, wechselweise im A- (die Darsteller) und B-Movie-Gewand (die Gore-Effekte) daherkommend. Gerade aus seiner fast gänzlich fehlenden Einführung in die niedrigen Umstände der Zombie-Apokalypse, schöpft Romero einen unheimlichen Zug in der ansonsten eher spannungsarmen Dramaturgie. Dieser gelegentlichen Spannungsarmut, die mit den eher zur Trägheit neigenden Untoten einhergeht, weiß der Film jedoch mit einem herrlich-ironischen Augenzwinkern zu begegnen. Es entbehrt in diesem Zusammenhang schon nicht einer makaberen Komik, wenn einem geifernden Zombie die Schädeldecke mithilfe von Helikopter-Rotorblättern abgesäbelt wird oder die willenlosen Konsumsklaven in letzter Erinnerung an ihr vergangenes Leben mit der Rolltreppe fahren. Ohnehin sollte man Romero's „Dawn of the Dead“ bei allem kritischen Subtext nie allzu ernst nehmen.

Es ist vor allem Romero's Bildsprache, die das humoristische Potenzial der Geschichte perfekt mit den System-kritischen Aspekten vereint. Wenn die träge Zombie-Meute nach einer etwas wirren ersten halbe Stunde langsam ins Kaufhaus stolpert und sich diese in ihrem Verhalten so gar nicht von ihren lebenden Vorbildern unterscheiden, dann ist das ebenso überdeutlich, wie drastisch. Niemals hat jemand die Abkehr vom materialistischen Kapitalismus so deutlich auf die Leinwand gebracht wie Romero. So schnell alle Sorgen und Probleme angesichts des Überangebotes an Konsumgütern im einen Moment vergessen waren, holt sie die letztendliche Realität dann doch wieder ein. Das neu geschaffene Utopia entpuppt sich als existenzielles Placebo, als Schein-Dasein, das die zunächst vier Überlebenden zwar materiell vollkommen zu befriedigen vermag, aber sozial und psychisch zu leeren „Zombies“ macht. Konsum bedeutet letztlich also nur die kurzzeitige Ablenkung von gesellschaftlichen und sozialen Missständen. Dem Konsum-Apparat als System-dienliches Instrument setzt Romero in letzter Konsequenz den Chaos-fördernden Anarchismus entgegen.

Die immer wieder in das Geschehen eingestreuten Nachrichten-Ausschnitte nutzt Romero für die Zusammenstellung eines allgemeingültigen Regelwerks; Parameter, an denen sich bis heute unzählige Genre-Beiträge orientieren sollen. Und spätestens während der letzten zwanzig Minuten bittet Romero zur großen Zombie-Sause, dann rollen Köpfe, spritzt literweise Kunstblut und wird ausgiebig der Maßlosigkeit gefrönt. Beeindruckend ist auch während dieser Phase, wie Romero seiner Geschichte immer wieder neue Aspekte und Facetten abzuverlangen weiß: „Dawn of the Dead“ ist dann im einen Moment ein trashiges B-Movie, im anderen überraschend gut gespieltes Psychogramm und Verhaltensstudie, in der einen Sekunde zum brüllen komisch, zur anderen wieder zwischenmenschlich und dramatisch. Ein ebenso intelligenter, wie spaßiger, aber nicht vor einigen Längen gefreiter Genre-Meilenstein.

7/10

1 Kommentar:

  1. Sehr gute Kritik, mit der ich eigentlich auf kompletter Länge konform gehen würde.

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