Spike Lee hat nichts verstanden. Gemäß
der „just a few bad apples“-Theorie lösen sich die eigentlich
tiefen, strukturellen Probleme im US-amerikanischen Polizeiapparat
bei diesem in wohliger Heiterkeit auf. Gerade derjenige Kollege, der
Detective Ron Stallworth (John David Washington), dem ersten farbigen
Cop im Colorado Spring Police Department, andauernd mit rassistischen
Anfeindungen begegnete, wird gegen Ende des Filmes mit den
gebündelten Kräften aller Kollegen aus dem Verkehr gezogen. Zuvor
inszeniert Lee die Atmosphäre im Polizeirevier in einer fast schon
parodistisch anmutenden Szene als absolutes Toleranz-El-Dorado – da
wird sich geknuddelt und geherzt als gäbe es kein Morgen mehr,
nachdem die Titel-gebende Infiltration des Ku Klux Klans durch
Stallworth und sein Team, darunter der jüdische Detective Flip
Zimmerman (Adam Driver), erfolgreich abgeschlossen wurde. Der Weg
dorthin ist selbst wenn man die ideologischen Frontlinien des Filmes
kurz beiseite schiebt und sich ganz auf die Tugenden klassischen
Unterhaltungskinos besinnt, erschreckend flach und tempoarm erzählt
und von Lee fast durchgehend mit den erwartbaren musikalischen
Einlagen beschallt.
In einer Parallelmontage zwischen den
Black Panthers und einigen Kapuzen-Affen des KKK macht sich das
fehlende Differenzierungsvermögen Lees besonders bemerkbar. Während
die Mitglieder des Klans begeistert „The Birth of a Nation“
schauen und der Propaganda des Filmes völlig erliegen, hören die
Anhänger der Black Panther- und Studenten-Bewegung einen Augenzeugen
an, der die grausame Ermordung eines Freundes durch einen weißen Lynch-Mob
im Jahre 1915 schildert. Die Legitimationen sind hiernach klar
erteilt und das inbrünstige „Black Power!“ umso verständlicher.
Dass propagandistische, vor allem an der Eskalation interessierte
Kräfte auch dort an einer zunehmenden Polarisierung und Zuspitzung
des Rassenkonflikts interessiert sind oder sogar die
ethnopluralistischen Konzepte ihrer politischen Feinde begrüßen,
tritt dabei in den Hintergrund. Eine wirkliche, kritische Distanz zur
Black Panther-Bewegung wird angedeutet, steckt aber bis zum Ende des
Filmes in den Kinderschuhen – und wird bisweilen sogar relativiert.
Der KKK ist derweil ein einfaches Ziel
für all diejenigen, die sich einmal richtig wohl dabei fühlen
möchten, sich auf der richtigen Seite zu wähnen. In der Abgrenzung
zu den Schwachmaten des Klans darf jeder moralisch glänzen. Und ganz
am Ende darf man sich dann nochmal richtig schön unwohl fühlen,
wenn die Demonstrationen in Charlottesville gezeigt und die Themen
des Filmes in der Gegenwart verortet werden. So ein bedrückendes
Ende für einen doch so kauzigen Film. Charlottesville macht
betroffen und schockiert, Trump sagt die Worte, die Trump eben sagt,
dazu lässt sich dann kopfschüttelnd im Kinositz rotieren. Zu
alledem ist angenehmerweise auch keine gedankliche Eigenleistung
vonnöten, sondern man darf sich ganz seinen Emotionen hingeben –
denn das ist ja auch das Kino: Emotionen! Und wenn man diese nicht
dort zeigen darf, wo dann?
Alle Verfehlungen lassen sich so leicht
von sich weisen, wenn man sie auf klare antagonistische Kräfte
projizieren kann. Der Film unterbreitet genügend Angebote dazu und
das Publikum nimmt sie mit betroffener Miene gerne an. Der Film
erinnert in seiner Einfachheit an del Toros „The Shape of Water“,
ohne über dessen filmästhetischen Reize zu verfügen. Aber es ist
auch ein Film, der nichts bewegt, nichts anstoßen und keine Gedanken
wirklich beeinflussen wird. Dazu müsste auf Seiten Lees erst einmal
ein wirkliches Erkenntnisinteresse bestehen. Der Rechte fühlt sich
bei „BlackkKlansman“ verarscht, der Linke darf klatschen. Und
jeder ist so sehr in der eigenen identitätspolitischen Agenda
verfangen, dass ein Diskurs zur Unmöglichkeit gerät. Dieser Film
zeigt nur: Spike Lee hat nichts verstanden. Der Erfolg bei den Oscars
dürfte ihm mit diesem durch und durch populistischen, und damit
absolut zeitgemäßen Film jedoch sicher sein.
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