Ganz
zu Anfang stand sie noch dort, verunsichert, unschuldig. Die blonde
Mähne durch eine Haarspange gebändigt, betritt sie die
Schulbibliothek, die außerhalb des alltäglichen Überlebenskampfes
in hierarchisch gegliederten Highschool-Strukturen einen eigenen,
Staub-verfangenen Kosmos bildet. Im einfallenden Sonnenlicht tanzen
die Staubpartikel und ein Brite im Tweed-Jacket fängt sie auf,
stellt sich mit Giles vor - eine gutmütige Vaterfigur, die die
Manierismen des stereotypen Inselbewohners Season für Season
abträgt, aber nie ganz vergisst. Die Bibliothek markiert den
Übergang in eine andere Welt; eine Welt, unter der sich der
Höllenschlund auftut und in der Buffy (Sarah Michelle Gellar) mit
den Waffen eines Slayers für alles eine Lösung finden muss. Hier
findet die Reise ihren Anfang - und das Buffyverse
zu seinen Ursprüngen.
„Buffy
- The Vampire Slayer“
zu studieren, bedeutet Evolution zu studieren. Und diese Evolution
ist weitreichend und facettenreich: Zunächst leichtherzige
Monster-of-the-week-Dramödie, Genre-Potpourri und Kabelsender-Trash
direkt aus den Untiefen der Neunziger Jahre - dann aber verzieht sich
der Vampir-Staub und gibt den Blick auf die tragischen, emotionalen
Verstrickungen jener frei, die versuchen in den Schnittpunkten sich
abstoßender Welten ihr ersehntes Glück zu finden. Dabei bleibt
„Buffy“ immer ein Außenseiter-Porträt, unmittelbar und
intravenös versorgt mit dem Herzblut seines Erschaffers und
durchsetzt mit den einschlägigen Motiven der teen
angst.
Auch Buffy, die Heldin aus "Buffy", in erster Linie jedoch
das sechzehnjährige Mädchen, das mit den Umständen des Andersseins
ringt, durchläuft die Evolutionsstufen der Adoleszenz. Nicht im
Faustkampf mit blutsaugenden Nervensägen gilt es also zu bestehen,
sondern im hierarchischen Kampf des ungleich komplexeren, sozial
verkomplizierten Schulalltags.
Buffy
evolutioniert so wie die Serie in Tonalität und Schwerpunkt
evolutionert. Und ebenso wie die wunderbaren, allesamt
Herzblut-verströmenden (Neben)Figuren ihre Evolution durchlaufen,
indem sie wachsen und zurückfallen dürfen. Willow, eigensinnig und
herzerwärmend gespielt von Alyson
Hannigan,
wird erwachsen, entdeckt sich und ihre Stärken (neu), Xander
(Nicholas
Brendon)
reflektiert still über seine Daseinsberechtigung in der Scooby-Gang
ohne dabei seinen Humor zu verlieren und Angel (David
Boreanaz)
ist mit den Unwegbarkeiten einer Liebe zwischen Dämon und Mensch
konfrontiert, ehe ein Serien-Spin-off ihn nach Los Angeles beordert.
Nebenbei revolutioniert die Serie das Genre, indem sie es nicht nur
hofiert, sondern erweitert, ausweitet und neue Schichten aufträgt.
Teen angst bot sich seit jeher dafür an, sie in die
unvorstellbarsten Horror-Szenarien zu implementieren, war der Horror
doch stets der Auseinandersetzung mit dem Abjekt verpflichtet - jenen
Dingen also, die die Ordnung ins Wanken bringen und die es impulsiv
von sich abzustoßen gilt. Wem käme dies näher als dem Kind, das
von Entfremdung und Selbsthass zu berichten beginnt?
Und
das wahnsinnige und großartige an den geplagten Figuren: Taten und
Worte haben Konsequenzen und sind nicht über die Begrenzungen des
vierzig-Minuten-Formats einer Episode vergessen, da der Status quo
der Serie, so wie das Leben, immerwährenden Transformationen
unterworfen ist. Whedon
nimmt all diese Gefühlswelten ernst und zieht die Konsequenzen, wenn
sie sich kreuzen. Und wenn er beginnt diese Figuren und ihre Gefühle
zu überhöhen, dem Sentiment zu den Klängen der 90er Jahre seinen
verdienten Platz einräumt oder die Lebenswelten zweifelnder Teenager
abstrahiert, um die Blaupausen des phantastischen Horrors auf sie
anzuwenden, ist das bisweilen beängstigend präzise und fernab
dessen, was Titel und Verpackung von „Buffy“ befürchten lassen.
Dann folgt auf den Lacher der stockende Atem und die verhärteten
Züge lösen sich im Beisammensein einer sich liebenden Gemeinschaft,
die sich im alltäglichen Miteinander Bedeutung schenkt. Hinter der
Metapher steht das Leben, und schlussendlich: die Liebe.
Oz: „Guys, take a moment to deal with this: we
survived.“
Buffy: „Yeah, that was a hell of a battle.“
Oz: „Not the battle – Highschool.“
Hatte die Serie mal bis zu S1E4 geschaut, aber dann abgebrochen, weil es einfach immer schlechter statt besser wurde. Scheinbar soll die Show ab einer der späteren Staffeln wohl ganz gut werden, wenn man erstmal ein paar Dutzend Episoden überstanden hat. Aber das war es mir dann letztlich doch nicht wert. BUFFY bleibt also ein Serienphänomen, das ich vermutlich nicht ergründen werde (dann schau ich lieber den Film nochmal).
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