Sonntag, 9. April 2017

"Buffy - The Vampire Slayer" [US 1997 - '98 | Season 1 - 3]

Ganz zu Anfang stand sie noch dort, verunsichert, unschuldig. Die blonde Mähne durch eine Haarspange gebändigt, betritt sie die Schulbibliothek, die außerhalb des alltäglichen Überlebenskampfes in hierarchisch gegliederten Highschool-Strukturen einen eigenen, Staub-verfangenen Kosmos bildet. Im einfallenden Sonnenlicht tanzen die Staubpartikel und ein Brite im Tweed-Jacket fängt sie auf, stellt sich mit Giles vor - eine gutmütige Vaterfigur, die die Manierismen des stereotypen Inselbewohners Season für Season abträgt, aber nie ganz vergisst. Die Bibliothek markiert den Übergang in eine andere Welt; eine Welt, unter der sich der Höllenschlund auftut und in der Buffy (Sarah Michelle Gellar) mit den Waffen eines Slayers für alles eine Lösung finden muss. Hier findet die Reise ihren Anfang - und das Buffyverse zu seinen Ursprüngen.

Buffy - The Vampire Slayer“ zu studieren, bedeutet Evolution zu studieren. Und diese Evolution ist weitreichend und facettenreich: Zunächst leichtherzige Monster-of-the-week-Dramödie, Genre-Potpourri und Kabelsender-Trash direkt aus den Untiefen der Neunziger Jahre - dann aber verzieht sich der Vampir-Staub und gibt den Blick auf die tragischen, emotionalen Verstrickungen jener frei, die versuchen in den Schnittpunkten sich abstoßender Welten ihr ersehntes Glück zu finden. Dabei bleibt „Buffy“ immer ein Außenseiter-Porträt, unmittelbar und intravenös versorgt mit dem Herzblut seines Erschaffers und durchsetzt mit den einschlägigen Motiven der teen angst. Auch Buffy, die Heldin aus "Buffy", in erster Linie jedoch das sechzehnjährige Mädchen, das mit den Umständen des Andersseins ringt, durchläuft die Evolutionsstufen der Adoleszenz. Nicht im Faustkampf mit blutsaugenden Nervensägen gilt es also zu bestehen, sondern im hierarchischen Kampf des ungleich komplexeren, sozial verkomplizierten Schulalltags.

Buffy evolutioniert so wie die Serie in Tonalität und Schwerpunkt evolutionert. Und ebenso wie die wunderbaren, allesamt Herzblut-verströmenden (Neben)Figuren ihre Evolution durchlaufen, indem sie wachsen und zurückfallen dürfen. Willow, eigensinnig und herzerwärmend gespielt von Alyson Hannigan, wird erwachsen, entdeckt sich und ihre Stärken (neu), Xander (Nicholas Brendon) reflektiert still über seine Daseinsberechtigung in der Scooby-Gang ohne dabei seinen Humor zu verlieren und Angel (David Boreanaz) ist mit den Unwegbarkeiten einer Liebe zwischen Dämon und Mensch konfrontiert, ehe ein Serien-Spin-off ihn nach Los Angeles beordert. Nebenbei revolutioniert die Serie das Genre, indem sie es nicht nur hofiert, sondern erweitert, ausweitet und neue Schichten aufträgt. Teen angst bot sich seit jeher dafür an, sie in die unvorstellbarsten Horror-Szenarien zu implementieren, war der Horror doch stets der Auseinandersetzung mit dem Abjekt verpflichtet - jenen Dingen also, die die Ordnung ins Wanken bringen und die es impulsiv von sich abzustoßen gilt. Wem käme dies näher als dem Kind, das von Entfremdung und Selbsthass zu berichten beginnt?

Und das wahnsinnige und großartige an den geplagten Figuren: Taten und Worte haben Konsequenzen und sind nicht über die Begrenzungen des vierzig-Minuten-Formats einer Episode vergessen, da der Status quo der Serie, so wie das Leben, immerwährenden Transformationen unterworfen ist. Whedon nimmt all diese Gefühlswelten ernst und zieht die Konsequenzen, wenn sie sich kreuzen. Und wenn er beginnt diese Figuren und ihre Gefühle zu überhöhen, dem Sentiment zu den Klängen der 90er Jahre seinen verdienten Platz einräumt oder die Lebenswelten zweifelnder Teenager abstrahiert, um die Blaupausen des phantastischen Horrors auf sie anzuwenden, ist das bisweilen beängstigend präzise und fernab dessen, was Titel und Verpackung von „Buffy“ befürchten lassen. Dann folgt auf den Lacher der stockende Atem und die verhärteten Züge lösen sich im Beisammensein einer sich liebenden Gemeinschaft, die sich im alltäglichen Miteinander Bedeutung schenkt. Hinter der Metapher steht das Leben, und schlussendlich: die Liebe.

Oz: „Guys, take a moment to deal with this: we survived.“
Buffy: „Yeah, that was a hell of a battle.“
Oz: „Not the battle – Highschool.“

1 Kommentar:

  1. Hatte die Serie mal bis zu S1E4 geschaut, aber dann abgebrochen, weil es einfach immer schlechter statt besser wurde. Scheinbar soll die Show ab einer der späteren Staffeln wohl ganz gut werden, wenn man erstmal ein paar Dutzend Episoden überstanden hat. Aber das war es mir dann letztlich doch nicht wert. BUFFY bleibt also ein Serienphänomen, das ich vermutlich nicht ergründen werde (dann schau ich lieber den Film nochmal).

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