Auffällig in der Retrospektive ist
zunächst, dass sich die Filme gerade aufgrund ihrer konkreten
historischen Bezugnahme wunderbar als eskapistischer Spaß genießen
lassen. Dieser Spaß schwankt von Teil zu Teil jedoch erheblich. Der
erste Film, noch ohne das Franchise-Label „Indiana Jones“
schlicht „Raiders of the Lost Ark“ genannt, markiert hier bereits
den Höhepunkt. Harrison Ford steht in einer der kommerziell
wahnsinnigsten Karrieredekaden überhaupt (vom „Star Wars“-Set zu
„Indiana Jones“ zu „Blade Runner“ usw.) bei seinem ersten
Indy-Auftritt voll im Saft; gibt kraftvoll und lakonisch den
Halbtags-Archäologen und Abenteurer.
Im Kampf gegen die Karikaturen der
Hakenkreuz-Bande um den Prototypen des schmierigen Gestapo-Majors
Toht gilt: nur ein toter Nazi ist ein guter Nazi. Während die Nazis
an der Bundeslade nur interessiert sind, weil sie sich einen
beträchtlichen Machtzuwachs davon versprechen, liegt Indy zuvorderst
der historische Wert am Herzen. Und Spielberg findet für die Tour de
Force nach der Bundeslade die passenden Bilder. Sofort eingebrannt
haben sich die wunderschönen Matte-Paintings von den Bergen Nepals,
die erste Begegnung mit dem wunderbar fiesen Krötengesicht Toht eben
dort, die Basare Kairos oder der unsterbliche, ikonische Shot von
Jones vor der untergehenden Sonne in der Wüste Ägyptens. Der Reiz
des ersten Filmes liegt in der Ferne des Unbekannten und in der
Aussicht der Möglichkeiten.
Interessanterweise beschränkt sich
„Temple of Doom“ an genau dieser Stelle und unternimmt den
Versuch, trotz der Installation eines kindlichen Sidekicks, den
Grundton des Erstlings in neue Genre-Gefilde zu überführen. Trotz
des beständigen Flirts mit Horror-Elementen über die gesamte Reihe
hinweg, ist es der zweite Film, der sich ganz klar zu den Traditionen
des B-Horrors bekennt. Im Tempel des Todes werden während ritueller
Opferzeremonien Herzen mit bloßer Hand aus der Brust gerissen,
hysterische Frauen durch dunkle Gänge mit giftigen Krabbeltieren
gejagt und Indy durch schwarze Magie zum willenlosen Diener
degradiert. „Temple of Doom“ vollzieht einen lobenswerten,
tonalen Wechsel und scheint sich und seiner Idee doch nie ganz zu
vertrauen: Der Titel-gebende Tempel des Todes spielt erst in der
zweiten Hälfte des Filmes eine wirkliche Rolle, zuvor überlassen
sich Spielberg und Lucas ganz und gar den Steigerungs-Mechanismen,
die einige Jahre später auch den dritten und 24 Jahre später vor
allem den vierten Film bestimmen sollten.
Wenn Indy
und seine Begleiter ein gelbes Gummiboot erst zum Fallschirm und dann
zum Schlitten umfunktionieren, um dann endlich in sicheren Gewässern
zu landen, verschwendet das Duo vor allem viel Zeit auf hässliche
Rückprojektionen, statt dem eigenen Konzept zu vertrauen, welches
vorsieht Indy aus der Weite der Wüste in ein düsteres Kammerspiel
zu zwingen. Dort gewinnt der Film durch konsequente Horror-Anleihen
zwar wieder, leidet aber auch gleichzeitig unter einem krassen
Orientalismus (Affenhirn auf Eis) und der sensationell nervigen Kate
Capshaw, die mit einer Figur geschlagen ist, die entweder genervt,
ängstlich oder rallig sein darf, wenn Indy mal wieder seinen rauen,
männlichen Charme und die Lederpeitsche auspackt. Selbst die
technisch aufwendig in Szene gesetzte Mienen-Rundfahrt reißt hier
nicht mehr viel raus.
Teil
4 ist indes nicht so schlimm wie es die Erinnerung vorgab.
Hässlich ist er zwar geblieben, aber statt an überflüssigem CGI
leidet „Kingdom of the Crystal Skull“ vor allem an einem akuten
Weichzeichner-Overkill, der jedem Frame die Kanten glättet und jeder
Tiefe beraubt. Wenn der Film Shia LaBeouf
(übrigens nicht das Problem) zum Lianen-schwingenden Tarzan macht
oder ihn in einen Degenkampf gegen eine russische Superschurkin stößt
(weil er das ja auf der Privatschule gelernt hat), dann sind das
irritierende Momente der Hässlichkeit und sie stehen
zugleich exemplarisch für den Film: denn abseits dieser
Einzelmomente reißt die Dschungel-Sequenz auch immer wieder mit.
Über die Bewegung der Action erzählt Spielberg auch von einer
sukzessiven Familienzusammenführung und streut immer wieder
vergnügliche Wortgefechte zwischen Indy und Ravenwood ein, die nach
27 Jahren immer noch so schön lächeln kann wie damals.
Das Problem liegt weniger an den
Grundzutaten, nur scheint Spielberg das Feingefühl abhanden gekommen
zu sein, die einzelnen Elemente auszubalancieren. Aus einer
romantischen Annäherung muss hier zwingend eine übersteuerte
Hochzeitszeremonie folgen, die Bedrohungsszenarien nach Giftschlangen
und mörderischen Fallen in einer Atomexplosion gipfeln und die
Verfolgungsjagd im Dschungel muss noch damit gekrönt werden, dass
Ravenwood gezielt auf einen Baum am Abgrund zusteuert und an diesem
herab in den Fluss gleitet. Das ist so drüber, wie es Plastik ist.
Und statt Gefahren existieren hier nur noch Attraktionen am
Wegesrand. Das ist am Ende leider so aufregend wie ein
Familienausflug in den Serengeti-Park – und mindestens so falsch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen