Zuerst ist da Enttäuschung: zu viele
Rückblenden, zu viele assoziative Bildmontagen, denen durch
Malick-Epigonen und Werbefritzen bereits jede Kraft ausgetrieben
wurde, zu viele Streicher, die einem die Tränen in die Augen treiben
wollen und allen ernstes ein chinesischer General, der nach einem
Telefonat mit Amy Adams in einem sentimentalen Augenblick den
Weltfrieden erklärt und alle Geheimdienstakten offenlegt. Und Adams
und Renner finden inmitten eines diffusen Weltenchaos zueinander,
wenngleich diesen beiden starken Schauspielern kein glaubhafter
Moment der Intimität und der zwischenmenschlichen Annäherung
zugestanden wird. Warum sich ein interessanter Filmemacher wie
Villeneuve ausgerechnet in die Hände eines Drehbuch-Legastenikers
begeben muss und der unendlichen Faszination des klugen
Ursprungsstoffes (unbedingt lesenswert) müde Hollywood-Kniffe
hinzudichten lässt, bleibt hier tatsächlich eines der größten
Rätsel. Dennoch bleibt dieser kleine, intime Film, der nicht als
solcher beworben wurde, eine faszinierende Ausnahme im diesjährigen
Kinoprogramm. Vor allem schlägt „Arrival“ in einem interessanten
Zwischenbereich ein und knetet vermutlich auch solchen Zuschauern die
Gehirnwindungen durch, die überhaupt nicht geplant hatten, diesen
Abend noch davon Gebrauch zu machen. So kann aus der Erwartung an ein
saftiges Aliengemetzel auch etwas viel wertvolleres entstehen und die
Gedanken auf Reise schicken..
Die simultane Bewusstseinswelt der
seltsamen, wirklich andersartigen Heptapoden macht die Zeit nach
unseren (sequentiellen) Vorstellungen obsolet und stellt unser Konzept von einem
selbstbestimmten Leben fundamental in Frage. Dass das nicht zwingend
deterministisch gelesen werden muss, beantwortet Chiang in seiner Kurzgeschichte selbst: Die
Heptapoden „act to create the future“, denn möglicherweise
bedeutet ihr Simultan-Bewusstsein nicht, einer Entscheidung beraubt
worden zu sein, sondern bereits alle getroffen zu haben. Die
Liebesgeschichte des Films ist von Anfang an verdammt, beinhaltet
aber ein Glück, das trotzdem gelebt werden will. Der kommunikative
Akt ist bei den Außerirdischen immer performativ, ihr Wissen wird erst durch ihn zur Wahrheit. Und was wäre das für ein
Leben, in dem man den Tod schon im Augenblick der Geburt akzeptiert und
in dem der Angst, die immer zukunftsgerichtet ist, jede Nahrung
entzogen wird? Die Gedanken gehen auf eine Reise ohne Ziel, denn
wie so oft bei solchen Spielchen bleibt man schlussendlich doch immer
mit seinem Wesenskern verhaftet und jeder Versuch außerhalb seiner
Wahrnehmungswelt eine quasi-objektive Außenansicht einzunehmen,
scheitert. - Doch schon allein die Tatsache, dass Mainstream-Kino
solche Experimente heutzutage noch zulässt, sollte Anlass zur
Hoffnung geben.
Was macht den Ursprungsstoff so klug?
AntwortenLöschenMan lernt etwas über Linguistik im allgemeinen, Chiang zieht das fast wie einen Basiskurs auf. Dann ist die Kurzgeschichte, das wurde im Film übernommen, sehr spannend strukturiert. Willkürliche Erinnerungen (bzw. kommende Erinnerungen) an ihre Tochter werden parallel zu den Kommunikationsversuchen mit den Heptapoden erzählt. Irgendwann greift ein Erzählstrang jedoch in den anderen und ihr Bewusstsein zieht sich (wie das der Heptapoden) immer weiter zusammen - bis nur noch das Jetzt existiert. Dann verbindet sich eine sehr gefühlvoll geschilderte Mutter-Tochter-Beziehung mit all dem fachkundigen Linguistik-Krams (Chiang erklärt das Simultan-Bewusstsein über physikalische Beispiele sehr anschaulich ). Mich hat es darüber hinaus dazu angehalten, sehr viel über das ganze Zeit-Konzept nachzudenken und dazu Erklärungen aus Physik und Philosophie heranzuziehen – ein riesiges Themenkomplex, über das ich viel zu wenig weiß.
LöschenVorallem dem Anfang deiner Kritik stimme ich zu... ich bin schon fast verzweifelt, da jeder den Film nur in den Himmel lobt. Klar er hatte gute Themen und viele interessante Aspekte, aber was das Drehbuch anging war er einfach nicht gut. Bei den Rückblenden hatte ich durchgehend das Gefühl in einem TV-Werbespot gelandet zu sein und die Dialoge zum Ende hin waren einfach nur noch kitschig - vorallem das Telefonat mit dem Chinesen
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