Alptraum Elternschaft oder
doch Alptraum Amerika? In jedem Fall Lynch's intimster Film. In
verwahrlosten, kalten Industriekomplexen wird die Degeneration
vorangetrieben und die Orgelnummer in Schleife geschaltet. Die
unbändige Experimentier-Lust seiner Frühwerke ist auch in seinem
ersten Langfilm-Beitrag nicht zu stillen, sie wird jedoch eingebunden
in eine kohärente, hermetisch abgeschottete Erzähllogik. Der
Eraserhead spielt seinen Gesichtsausdruck, diesen nervösen,
eingeengten Naturfan, aber besonders den Blick des Kindes, dass
gerade bei einem Streich ertappt wurde, als durchlebe er den selben,
nie enden wollenden Alptraum bereits zum zehnten Mal. Und Lynch
platziert Details, lässt sie aber vollkommen unkommentiert - das
Bild einer Atom-Explosion eingerahmt an der Wand, ihr Vermächtnis
verfolgt die Bewohner einer entrückten, Post-apokalyptischen Welt
bis ins Wohnzimmer, die Nachtischpflanze ohne Topf daneben, zwanglos
aufgebahrt. Derweil: Humor in Graustufen, Bild auch, im Hintergrund
rumort es, brummt es, rüttelt und zischt es - zum ersten Mal, und
wie es immer sein wird. Die Bildideen direkt von „Grandmother“
entliehen, diesem biobasierten, langen Kurzfilm-Projekt kurz davor,
dass ihm Zugang in die sich windenden Gedankenwelten eines
verängstigten Kindes gewährte – seine Gedankenwelt. Kondensiert
wurde ein autobiographischer Fiebertraum, nach außen gestülpt, um
uns sichtbar zu werden, aber dialektisch nach innen gerichtet,
geschwängert von der Angst um die Rolle in der Welt und die Verantwortung, die einen dort erwartet. Der Mark-erschütterndste
Horror-Film von allen also.
7/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen