Freitag, 27. Dezember 2013

"The Fighter" [US '10 | David O. Russell]

Bale und Leo spielen um die Wette und sich um den Verstand. Ausgerechnet Adams und Wahlberg holen „The Fighter“ dann schließlich auf den Boden der Tatsachen zurück. Den Weg eines Boxers auf der Suche nach Selbstbestimmung und den lang ersehnten Erfolg erzählt David O. Russell ansonsten so, wie man solche Filme eben erzählt: Mit Rock-Songs und Trainingsmontagen, authentisch-grobkörniger Elendsbebilderung und ganz viel Acting, schließlich verdient sich der Goldjunge nicht von selbst und nichts liebt New Hollywood mehr als Maskentheater und Verkleidungstricks; vorzüglich abgefuckte, Milieu-geschädigte Outlaws, Trashmütter, Crack-Heads, Taugenichtse, Dürre. „The Fighter“ ist manchmal anstrengend, selten originell, erstaunlich bieder herunter-inszeniert und gelegentlich langweilig. Auch Bale ist zunächst anstrengend, wird aber besser und passt wunderbar zu Wahlberg's kleiner Idiotenrolle. Leo ist zunächst ebenfalls anstrengend, und bleibt es auch. Zumindest ist O. Russell immer bei seinem Proletariat, bei den Drogen-Opfern und verhinderten Box-Champions, den Tresen-Babes und Wasserstoff-blonden Assi-Bratzen. Ehrliches Interesse weckt der Film nämlich immer dann, wenn er sich seinem Protagonisten widmet und davon erzählt, wie er sich langsam von der Bevormundung durch Mutter und Bruder zu emanzipieren versucht, sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt und blindlings nach vorne prescht. Das ist oft authentisch und rührend. Allerdings berichtet „The Fighter“ auch von Drogenproblemen und familiären Zwisten und opfert einen nicht unerheblichen Anteil der Laufzeit überkanditelten Milieu-Klischees. Es bleibt eben doch irgendwo der übliche Oscar-Quatsch, sensationell seichte Sonntag-Abend-Unterhaltung, die schnell wegzuschauen und noch schneller zu vergessen ist.

5/10

Freitag, 20. Dezember 2013

"Spring Breakers" [US '12 | Harmony Korine]

Vielleicht fängt den momentanen Zeitgeist kein anderer Film besser ein als "Spring Breakers"; weil er selber nur eine leere Fläche ist, auf die jeder interpretieren darf, was er möchte. Ob er die leeren, sich stetig wiederholenden Worthülsen, die aufgeblasenen Posen und andauernden Oberflächlichkeiten einer Welt voller Schwanzkompensatoren nun aber selber unhinterfragt abfeiert oder ganz gezielt dekonstruiert ist irgendwo dann auch scheißegal, dafür ist das alles zu geil, geradezu selbstbesoffen prätentiös und in seinem fragmentarischen Bilderrausch, der wie ein nervöser Fiebertraum über dich hinein-bricht und ausgerechnet mit Spears eine der beeindruckendsten Szenen der letzten Jahre auffährt, einfach zu virtuos in Szene gesetzt. Wunderbar gespielt ist dieser gefilmte Exzess ohnehin, ansonsten speist sich Korine aus Repetition, Zitat und der ganz großen Pose. Ein lächerlicher Film voller Scheiße im Hirn. Die Erlösung, endlich. 

8/10

Freitag, 13. Dezember 2013

"Spider-Man" [US '02 | Sam Raimi]

Die vitale Entdecker-Phase eines gemobbten Nerds, und damit die sensationelle erste Hälfte, versteht Raimi in erster Linie als Variation bekannter Coming-of-Age-Motive. Am schmierigen Highschool-Rowdy lässt sich die gestählte Physis dann auch wunderbar demonstrieren, während selbst Parker das Wände-Krabbeln und Spinnennetz-Verschießen erst einmal erlernen muss, ehe er beflügelt vom unfassbaren Elfman-Score durch New York's Hochhaus-Schluchten schwebt. 

Von den ersten Schlafanzug-Versionen seines späteren Helden-Outfits bis hin zum obergeilen Wrestling-Cage-Match (Weggefährte Campbell wird ein herrliches erstes Cameo spendiert und anschließend zum Namensgeber ernannt) – den Findungsprozess einer Pop-kulturellen Ikone macht Raimi ganz konkret zum Thema dieses ersten Films. Schön, dass er Maguire dabei auch mal zum kleinen Arschloch mutieren lässt, ehe die unglückliche Verkettung von affektivem Fehlverhalten und Schicksals-haften Zufall sein großes, Weg-weisendes Opfer einfordert - „with great power, comes great responsibility“

Der Comic-gemäßen Überhöhung setzt Raimi immer echte Figuren entgegen: Tante und Onkel versuchen sich finanziell über Wasser zu halten, verzweifeln am IT-regierten Arbeitsmarkt, Norman Osborn sitzen skrupellose Militärs und Kaffee-schlürfende Wirtschafts-Bonzen im Nacken und Parker wird zunächst nur zum Held der stillen Hinterhofgespräche. 

Später dann, wenn Parker zu Spider-Man und „Spider-Man“ zu „Spider-Man“ wird, erweist sich der erste Ausflug des Spinnenmanns einmal mehr als Blockbuster-Kino von außergewöhnlicher Qualität; Kino voll von raffinierten Übergängen und abwechslungsreichen Action-Choreographien; kreatives, frisches Kino voll wunderbarer Figuren und dem schönsten Kuss der Filmgeschichte. „Spider-Man“ sucht in seinem knackigen Auge-um-Auge-Duell schließlich vor allem die ganz direkte physische Auseinandersetzung, statt die vorangegangenen Action-Set-Pieces nochmal potenzieren zu wollen. Und wenn Dafoe verrückt spielen darf, ist eh alles vorbei. 

7.5/10

Freitag, 6. Dezember 2013

"Ghostbusters" [US '84 | Ivan Reitman]

„Who you gonna call?“ Hach, gut zu wissen, dass auch diese Kindheitserinnerung nichts, aber auch rein gar nichts von seiner einstiegen Magie verloren hat. „Ghostbusters“ bleibt das gute, unersetzliche Stück 80er Jahre-Kino, als das man es einst in sein Herz geschlossen hat und erinnert in seiner absoluten Liebe zum Detail und diesem unvergleichlichen, nostalgischen Herzrasen in jeder überdrehten, herrlich verrückten Bildsequenz gefühlsmäßig auch ganz konkret an den früheren „E.T. the Extra-Terrestrial“ oder den ein Jahr später folgenden „Back to the Future“.

Ivan Reitman's „Ghostbusters“ atmet den Geist seiner Zeit dabei so intensiv wie kaum ein anderer Film: Ominöse Gerätschaften, paranormale Vorkommnisse, radioaktives Arbeitsgerät (niemals die Laserströme kreuzen!) - das ist Kino in einer anderen Welt, das ist Hollywood, wie es wohl nie wieder so funktionieren würde und vor allem ist das Nostalgie bis in die Zehen- und Haarspitzen. Die Overalls, das Dienstfahrzeug, die umfunktionierte Feuerwache als ambitionierte Kammerjäger-Agentur. Selbst das staubige Mobiliar, das Kaugummi unter den abgetretenen Sport-latschen, die Frisuren, die überdimensionierten Horn-Brillen; sie alle schreien das magische Jahrzehnt hinaus, es klebt quasi an ihnen, ist ein Teil ihres Charmes, des transzendenten Gefühl des Wohlbefindens und des euphorischen Kribbelns in der Bauchgegend.

Schwelgen in einer Zeit der hoch budgetierten B-Movies, der überbordenden Fantasie, dem hemmungslos Überdrehten und Verrückten. „Ghostbusters“ als Bestandteil eines Abenteuerspielplatzes, einer Traumfabrik, einer Jahrmarkt-Attraktion, die wir so gerne Kindheit nennen. So herrlich schräg, so wunderbar straight, ganz ohne Schnörkel. Billy Murray, Dan Aykroyd, Schleimer: sie alle sind ein Bestandteil dieses konservierten Stücks Vergangenheit. Unsere Reiseleiter wenn man so will.

„Ghostbusters“ als ein Stellvertreter für das Kino seiner Generation. Ein Kino der scheinbaren Grenzenlosigkeit, eines der Sensationen, der Originale und der funkelnden Kinderaugen. Vor allem auch ein Kino der augenzwinkernden Selbstironie; eines, das sich seiner bekloppten Einfälle nicht zu schämen brauchte, weil es noch welche hatte. Völlig egal ist dabei auch, dass es sich bei dieser Erinnerung um einen Anachronismus handelt. Ein wertvolles Stück Geschichte, eine Zeitreise, die ich immer wieder antreten möchte. Der Schatz in meiner Schatzkiste, ganz für mich allein. 

7/10

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Zuletzt gesehen: November 2013

"Neon Genesis Evangelion" [JP '95 - '96 | Staffel 1] - 7/10

"Die Tribute von Panem - Hunger Games" [US '12 | Gary Ross] - 2/10

"Ocean's Twelve" [US '04 | Steven Soderbergh] - 5/10

"Harry Potter and the Deathly Hallows: Part I" [US '10 | David Yates] - 4/10

"American Graffiti" [US '73 | George Lucas] - 6/10
 
"Ghost in the Shell" [JP '95 | Mamoru Oshii] - 7/10

"Yella" [DE '07 | Christian Petzold] - 8/10

"City by the Sea" [US '02 | Michael Caton-Jones] - 4/10
 
"The New World" [US '05 | Terrence Malick] - 7/10

"Oh Boy" [DE '12 | Jan Ole Gerster] - 6/10

"The Ward" [US '10 | John Carpenter] - 3/10