Was wäre „Miss Americana“ für ein
erwartbarer Biografie-Langweiler geworden, wenn Regisseurin Lana
Wilson sich damit begnügte, lediglich die Geschichte einer
erfolgreichen, schönen Person dramaturgisch nachzuerzählen. Sicher,
einer eben solchen Nacherzählung widmet „Miss Americana“ einiges
an Laufzeit, der Film tut dies aber auch, um mit genau diesem
erzählerischen Modus des unaufhörlichen Aufstiegs schlussendlich zu
brechen. Mehr noch: der Film stellt sogar heraus, zu welchem Preis
der gezeigte Erfolg erreicht wurde und stellt ihn damit gleichsam ein
Stück weit in Frage. Und es wird schnell klar, in was für ein
diffiziles, reziprokes Abhängigkeitsverhältnis Fans und Stars und
im besonderen Maße Stars und mediale Öffentlichkeiten geraten.
Dabei lässt sich vor allem viel über das Verhältnis der
Musikbranche zur US-Politik und das Selbstverständnis amerikanischer
Stars lernen, insbesondere dann, wenn sie weiblich sind. Und es lässt
sich viel darüber lernen, wie wir gesellschaftlich über andere
Menschen denken und sprechen, die in der Öffentlichkeit stehen. Was
verkörpert sich in den Stars neben persönlichen Sehnsüchten,
Fetischen und Träumen? Und welche Wirkungsmacht haben die Stars über
uns mit ihren Social Media Accounts, die ganze Nachrichten-Netzwerke
in ihrer Reichweite überbieten? Welche Macht haben wir wiederum über
unsere Stars? Taylor Swift erweist sich in diesem aufgespannten
Bezugssystem als reflektierte Protagonistin, die sich immer wieder
Fragen stellt, wo sie sich doch im Grunde auf ihren Erfolg als
Musikerin zurückziehen könnte oder sich in nichtigen Branchen-Beefs
verausgaben (Aussagen wie ein pathetisch-lappidares „run from
fascism“ seien im Moment der kreativen Euphorie verziehen). Taylor
Swift muss man vor „Miss Americana“ weder gehört, noch gesehen
haben, um zu verstehen, was Regisseurin Lana Wilson hier alles
entdeckt; unter dem Make-up, den Glitzer-Kostümen, dem ganzen Bombast
eines Menschen – und eines Landes.
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