Vom blöden Titel sollte man sich nicht
abschrecken lassen. Coming-of-Age auf norwegisch hatte ich zuletzt
mit „Thelma“ (in einem Genre-Kontext) und davor mit „Der Mann,
der Yngve liebte“ (in der eine queere Erweckung geschildert wird).
„Psychobitch“ ist zwar nicht ganz so stilsicher wie diesen beiden
Filme, verhandelt aber eine ganze Reihe von Themen, die auch weit
über die Adoleszenz hinaus relevant sind. Im Zentrum dieser
Themenparade steht für mich die Frage, inwiefern ein jugendliches
Rebellieren in den modernen liberal-progressiven Gesellschaften
(insbesondere auf Norwegen und den skandinavischen Raum zutreffend)
überhaupt noch möglich ist. „Psychobitch“ konzentriert diese
Fragestellung in ein paar wenigen Szenen sehr treffend. In einer
Szene beschwert sich der jugendliche Protagonist Marius bei seinem
für alles Verständnis findenden Vater, dass er ihn zu viel lobe.
Der Vater reagiert daraufhin mit Verständnis und lobt ihn dann
dafür, ihn darauf hingewiesen zu haben. In einer anderen Szene
zerschneidet Marius seinen Skianzug mit einer Schere und legt damit
gleichsam auch das gesellschaftliche Korsett ab. Die Skepsis der
Hauptfigur gegenüber dem eingeforderten Konformismus seiner Lehrer,
Eltern und Mitschüler und die Umgangsweisen mit einer Außenseiterin
vermittelt der Film dabei auf sehr glaubwürdige Weise und findet im
falsch getakteten Tanzschritt dafür das prägnanteste Bild. Geheimtipp!
Der hat mir auch ziemlich gut gefallen. Erzählt in seinem ruhigen Grundton doch modern neuzeitliche Problemfelder der Optimierung und Standardisierung des Menschen.
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